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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Deutschlands erhob sich der einstimmige Ruf nach Wiedervereinigung mit den einst gestohlenen Reichslanden.
    Dann begab er sich zu Blumenthal, um ihn über die Stimmung am kronprinzlichen Hofe auszuholen. Er sprach sehr viel nach seiner Gewohnheit, wie der kluge General sich einen verschlossenen Staatsmann nie dachte. Doch machte er heimlich die Klausel: Der hat sich wohl so in der Gewalt, daß seine Redseligkeit am besten verschweigt und irreleitet. Otto ließ dunkel durchblicken, daß Annexion des Elsaß beschlossene Sache sei. Das genügte Blumenthal noch kaum. »Wir müssen die Bande so verhauen und demütigen, daß sie in hundert Jahren nicht wieder zu Atem kommen.«
    »Daran würden uns auswärtige Mächte hindern.«
    »Daran sollten wir uns nicht kehren, sondern die Franzosen gründlich als vernichtete Feinde behandeln.« Otto freute sich nicht wenig, daß er am Berater des Kronprinzen einen solchen Bundesgenossen habe, ließ es aber nicht merken, so daß der General beklagte: Der hat leider nicht ganz den allein notwendigen Gesichtspunkt. Uns fehlt Blücher mit seinem Franzosenhaß.
    Der Sieger von Wörth und Sedan – denn beides war er – ärgerte sich nicht wenig über die langsam bedächtige Methodik, mit der Moltke auf Paris zuspazierte, statt in einem erneuten Eilmarsch möglichst früh vor der Stadt anzulangen, die man mit einem Handstreich hätte besetzen können. Otto aber äußerte vor seinen Getreuen: »Es ist eine Schande, daß die dummen Zeitungen nie diesen begabten Strategen nennen, obschon er nächst Moltke – manche schätzen noch anders – das größte Verdienst hat. Diese Presse ist doch immer nur da, um falsche Renommeen zu gründen und echte totzuschweigen. Das scheint mir bei der deutschen noch schlimmer als anderswo. Die allgemeine Urteilslosigkeit stützt sich auf solche Verfertiger von gewalkten Lumpen, vulgo Zeitungspapier, auf die Tinte von Leuten, die selbst kein Urteil haben.« Auch im offiziellen Berichte über Sedan hatte man das Kronprinzenheer nur obenhin erwähnt, obschon es die Hauptarbeit tat, wahrscheinlich, um den Kronprinzen von Sachsen besonders hervortreten zu lassen und jeden Schein von Nepotismus zu vermeiden. »Unser Fritz«, ohnehin volkstümlich genug, durfte auch nicht zu sehr gepriesen werden, um nicht die Eifersucht Friedrich Karls zu erwecken. So regiert das Allzumenschliche hinter den Kulissen der übermenschlichen Taten. Blumenthal tröstete sich bärbeißig: das wird wohl immer so bleiben, das hält mich nicht ab, meine Pflicht zu tun, aber später möchte ich Ruhe haben und dem Mordhandwerk entsagen.
    Dieser Wunsch fand noch lange nicht Erfüllung. »Sie glauben alle, meine Herren, der Feldzug sei so gut wie beendet? Jetzt fängt er erst an. Sie alle kennen nicht die Franzosen wie ich, der als junger Mensch hier die Kampagne gegen Napoleon I. mitmachte. Überall Franktireurs! Und der Revolutionszeit gedenke ich auch. Die Proklamierung der Republik in Paris bedeutet für uns nichts Gutes.« Wer war's, der so sprach? Der greise König.
    »Etwas Gutes hat's doch«, beschwichtigte der Kanzler. »Die Einmischung fremder Diplomaten rückt damit in weite Ferne. Erst müßte das Ausland diese neue Regierung anerkennen.«
    Am 8. September lud er Sheridan zu einem Imbiß ein und klagte ihm absichtlich sein Leid, daß die Militärs jetzt wieder ganz alle Angelegenheiten in ihre Hand nähmen. »Man marschiert sofort auf Paris und kennt den französischen Charakter nicht. Das wird die Pariser erst recht rabiat machen.«
    »Aber das übrige Frankreich braucht sich nicht zu fügen.«
    »Paris ist Frankreich, so weit brachte es das zentralistische Prinzip. Ich fürchte die Wirkung des Namens Republik auf die Entflammbarkeit der Gallier. Diese folgen nie einer Idee, weil ihnen die geistige Fähigkeit dazu fehlt, wohl aber einem Worte. Man gaukle ihnen Worte vor, flugs fliegen die Schwerter aus der Scheide. Wir müßten jetzt gleich mit Napoleon Frieden schließen, damit möglichenfalls der kaiserliche Prinz Lulu unter Regentschaft Eugenies fortregiert. Der würde sein Lebtag eingedenk bleiben, daß er die Fortdauer der Dynastie uns verdankt, und ein gefügiger Nachbar werden.«
    »Und warum marschiert man sofort auf Paris?«
    »Um völlige militärische Niederwerfung zu erzielen. Die Herren täuschen sich. Niemand liebt die Welschen weniger als ich aber ihre patriotische Hartnäckigkeit kenne ich, sie speist sich aus ihrer persönlichen Eitelkeit und Unwissenheit, ihrer

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