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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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seinen Degen nur angeboten, weil er ehrenhaftere Kapitulation davon erhoffte.«
    »Ist das alles?« fragte Otto geringschätzig. »Wessen Degen ist das, bloß der des Kaisers oder Frankreichs?«
    »Einfach der Degen des Kaisers.«
    »Dann ändert es nichts«, schloß Moltke mit unverhohlener Freude. Kaltblütig fügte Otto den Genickfang hinzu: »Als Friedensgarantie brauchen wir Territorien und Festungen. Frankreich wird immer Revanche fordern, deshalb wollen wir Straßburg und Metz, die Ausfalltore, in Händen haben. Wir werden vier Milliarden nebst Elsaß und Lothringen verlangen.«
    Hier fuhr Wimpfen vom Stuhle auf, wie von der Tarantel gestochen. »Nie! Die Pferde!« Und er rannte hinaus. Moltke aber beschwichtigte trocken: »Sitzenbleiben! Die sind wie die Pferdejuden! Die kommen wieder!«
    Und sie kamen wieder. –
    Um 5 Uhr früh, nachdem er einige Stunden schlief, weckte ihn Reille, das Käppi in der Hand. »Seine Majestät der Kaiser wünscht Eure Exzellenz sofort zu sprechen.« Auf der Stelle stieg er ungewaschen und ungefrühstückt in den Sattel und ritt der kaiserlichen Equipage entgegen, die auf der offenen Landstraße hielt. Drei Adjutanten trabten zu Pferde neben dem Kutschenschlage, Napoleon saß im Wagen, umgeben von drei anderen Offizieren. Otto saß ab und salutierte aufs ehrerbietigste, als stände er vor dem Cäsar in den Tuilerien: »Ich stehe Eurer Majestät zu Befehl. Darf ich mich nach Ihren Wünschen erkundigen, Sire?« Vorschriftswidrig nahm er den Helm ab, als der Empereur sein Käppi lüftete, so daß dieser eilig abwehrte: »Bedecken Sie sich doch!«
    »Mein lieber Graf, ich möchte den König sehen.«
    »Der liegt drei Meilen von hier im Quartier in Vandresse.«
    »Wohin soll ich mich denn begeben?«
    »Darf ich Eurer Majestät mein Quartier in Donchery bis auf weiteres abtreten?«
    »Ich nehme dankend an.« Als aber der Wagen sich dem Orte näherte, wandte er unruhig ein: »Dort wird eine Menge sich sammeln. Ich möchte einsam sein, hier liegt ja eine Arbeiterhütte am Wege, dort will ich absteigen.«
    »Es sieht aber unreinlich aus.«
    »Was schadet das!« In der Kammer des verlassenen Häuschens saßen sich die beiden auf zwei Binsenstühlen gegenüber, mühsam eine Unterhaltung in Gang haltend, oft in Schweigen versinkend. Der hier so gebrochen dasaß, ein von höherer Hand Gefällter, ihn hatte Otto zuletzt gesehen, umgeben von blendendem Glänze. »Ich wünschte sehr, etwas Günstigeres für die Armee –«
    »Diese rein militärische Frage«, unterbrach Otto rasch, »kümmert nur General v. Moltke. Dagegen mich, ob Eure Majestät zu Friedensverhandlungen geneigt sind?«
    Der Kaiser besah sich seine Zigarette, die er in weißbehandschuhter Rechten hielt. »Als Gefangener kann ich nichts erledigen, ich verweise an meine Regierung in Paris.«
    »Dann wird also nur ein praktisch militärisches Moment zu erledigen sein.«
    »Kommen Sie mit mir ins Freie!« Der Kaiser setzte sich vor das gelbgestrichene Haus. Die Luft war kühl, trübselig und verdrossen rauschte in der Nähe die Maas vorüber. »Könnte die Armee in Belgien interniert werden?«
    »Nach pflichtgemäßer Erwägung können wir auch diese Modalität nicht gestatten.«
    Napoleon versank in düsteres Sinnen. »Ich wollte den Krieg nicht.«
    »Ja, Sire, Sie gaben dem Drucke der Nation nach, und das ist gerade das Bedenklichste.«
    Eine Eskorte von Leibkürassieren holte den gestürzten Weltbeweger nach dem Schlößchen Frénois ab, von wo er am folgenden Tage nach Kassel-Wilhelmshöhe abfuhr. Der Kronprinz sagte den Hessen, die Wahl dieses Asyls solle den Siegesanteil ihrer Waffen hervorheben.
    »100 000 Mann und einen Kaiser« kostet dies Ereignis den Franzosen, schrieb Otto an Nanne, womit er wenigstens eine richtigere Ziffer angab als die später im Generalstabe gewaltig übertriebene. Aber er sagte sich, daß auch hier viel Glück gewaltet habe, besonderes Wohlwollen der Vorsehung. Deutschland hat so viel Unglück gehabt, daß ihm auch mal das Gegenteil blühen mag.
    Wahrlich, der König drückte es richtig aus: Welche Wendung durch Gottes Fügung!
    *
    Schon lag man in Reims, der alten Krönungsstadt, deren herrliche Kathedrale den Kunstliebhaber Abeken in Ekstase brachte. Sein Chef hatte dafür jetzt kein Auge, der perlende Champagner der Witwe Cliquot feuerte ihn zum Entwurfe einer Zirkulardepesche an, Deutschland müsse als Schlüssel seines Hauses Straßburg und Metz in die Tasche stecken. Aus allen Ecken

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