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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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bezeichnenderweise Blumenthal, der ihn nicht ausstehen konnte und sich später Bleibtreu gegenüber in grimmigster Weise aussprach, ehrend anbiedert. Wofür rächte er sich denn? Davon erfuhr natürlich Deutschland nichts, das den infamen Eselstritt nach dem Tode des hohen Gönners als Zeichen erhabener objektiver Vaterlandsliebe auffaßte. Der Hofmarschall des Kronprinzen, v. Normann, ein Freund Freytags, schrieb wehklagend an Bleibtreu, er bitte ihn zum Diner, um die peinliche Lage »unseres Freundes Freytag« zu besprechen, den Kronprinzens entrüstet absägten. Warum? Beflecken wir nicht große historische Ereignisse durch Allzumenschliches im übelsten Sinne! Die Stinkbombe platzte und niemand wird es dem kronprinzlichen Paar verargen, daß es das Tischtuch zwischen sich und einem solchen Täuscher zerschnitt. (»Täuscher«, darauf liegt der Nachdruck, denn »sittliche« Verfehlungen sind zwar bei einem Sänger teutscher Keuschheit und Treue einigermaßen ärgerlich, aber es ist Fälschung, die Dinge nach dieser Richtung umzubiegen.) Ein solches Fallenlassen verwand der Klassiker (!) Freytag nie, und er rächte sich wie ein von Größenwahn Verzehrter. Eskapaden – Verdeutschung des Wortes würde den Sinn verwässern – verzeiht man Genies, aber keiner talentvollen Überheblichkeit. Sein Pamphlet inspirirte jemand, den er privatim als Hanswurst bezeichnete, öffentlich aber als seinen »gnädigsten Herrn«, den nämlichen, der sich vor Georg Bleibtreu auf vertrautem Spaziergange imposant aufreckte: »Herr, was denken Sie von mir! Ich bin der deutsche Staatsmann, alles, was Ihr bewunderter Bismarck leistet, ist von mir vorausgeschaut«, und der sich von seinem rot und bleich werdenden Adjutanten die Worte bestellen ließ: »Ihr Herr hat mir sein Wort gebrochen«, zu unendlichem Gaudium des Kronprinzen und Blumenthals. Dem deutschen Volke aber muß gesagt werden, daß neben zweifellosen Entgleisungen des Kronprinzen (denn als solcher »Unser Fritz«, nicht als der unselige Dulder Kaiser Friedrich lebt er im Volke), großartige Ausdrücke allervornehmlichster Menschlichkeit stehen. Er war im Grunde seines Herzens ein selten, guter fürstlicher Mensch, wie es vom Sohne eines solchen Vaters und einer solchen Mutter (mochte sie auch dem Genius deutscher Nation echt weiblich widerstreben) auch gar nicht anders zu erwarten. Für seine Mängel hat er überreich gebüßt, denn Gott ist gerecht, obwohl sehr strenge, seine Herzenstugenden stehen aber dankbar eingeschrieben in den Herzen, die ihn kannten. Man suche sich noch mal einen Fürsten, der nach einer Laune häßlicher Verkennung (infolge Einflüsterung eines bei der Gattin erfolgreichen Strebers) dem charaktervollen Zurückweiser auf öffentlicher Revue zurief: »So hart wollen Sie mich bestrafen?« Und die so viel verleumdete englische Gattin ließ sich auf ihre taktlose Bemerkung: »Wie kann ein Meister wie Sie sich mit eklen Schlachten beschäftigen!« die machtvolle Antwort gefallen: »Diese Schlachten gestatten mir, Sie als Kaiserliche Hoheit anzureden«, und bewies bei einer öffentlichen Gelegenheit ihre echt weibliche, verzeihende Objektivität. (Vornehme Frauen sind viel objektiver als Männer, das Gejohl von weiblicher Subjektivität gehört zur pièce de résistance des männlichen vollständigen Mangels an Objektivität.) So viel zur Steuer der historischen Wahrheit, da Deutschland mit tausend Lügen überschwemmt wird. Es war alles anders als die öffentliche Meinung glaubt.
    *
    »Der Kronprinz ladet mich zu Tische, um einen gewissen Sullivan zu treffen, der aus Paris kam. Erkundigen Sie sich nach seinen Antezedenzien!« beauftragte er den getreuen Moritz Busch. –
    Also empfohlen durch den amerikanischen Gesandten an Sheridan! Der brave Washburne schwimmt ganz in französischem Fahrwasser. Man will den Kronprinzen bearbeiten.
    An der Tafel hatte man den Fremdling neben den Kanzler gesetzt, der ganz freundlich auf das Gerede einging. Neutralität und das goldene Zeitalter des Friedens waren die Lieblingsthemen. »Sie waren Resident der Vereinigten Staaten in Lissabon?«
    »Ich hatte die Ehre.« Sullivan zeigte sich betreten, daß der Gefürchtete so wohlunterrichtet war. »Schon damals –«
    »Hatten Sie französische Sympathien, ganz recht. Habe ich recht verstanden, daß Sie Seiner Königlichen Hoheit Friedensvorschläge unterbreiten, die den status quo ante bezwecken?«
    »Gewiß, die innige Aussöhnung beider Nationen.« Und so weiter.
    Der

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