Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
Vom Netzwerk:
ist unfruchtbare Prokrustesarbeit mit Drehen und Zerren. Auf allen Gebieten treffe ich diese Politiker der Kollegienhefte.« »Sie sprechen zu geringschätzig von so bedeutenden Männern. Mein verehrter Lehrer, Professor Curtius, hat mir besondere Achtung vor dieser hohen Wissenschaft eingeflößt. Und ich dächte, ein Gustav Freytag sollte uns doch ein gewichtiger Lehrer bleiben durch seine Bilder aus deutscher Vergangenheit.«
    »Da mag er bleiben, Bilder deutscher Gegenwart zu bauen ist er nicht berufen. Herr Professor Curtius hat sich in die alten Griechen vertieft, daher stammen dann die halbrepublikanischen Liberalismen. Aber Professor Mommsen, mein alter Feind, hat es mit den Römern, und was folgert er jetzt daraus? Ich höre aus Berlin, der feurige Fortschrittsmann predigt in allen Salons, Deutschland müsse prussifiziert und Stück für Stück in preußische Provinzen aufgesogen werden, wie weiland Italien in Kolonien der Urbs Roma. Heiliger Himmel! Er möchte also Deutschland einfach unserem Schwerte unterwerfen. Traurig, daß ich nie den Beifall so gelehrter Herren gewinne. Herr Mommsen zetert über meine Schwäche, früher war ich ihm zu grimmig und heut zu zahm. Ich sehe schon, ich werde zur Grube fahren, ohne die historische Billigung des großen Historikers erworben zu haben.«
    »Sie spotten.« Der Kronprinz schritt unmutig in seinen Reiterstiefeln hin und her und schmauchte heftig seine kurze Tonpfeife. »Doch gestehe ich, daß mir Mommsens Anschauung nicht unsympathisch ist. Ihr Föderativprinzip a outrance macht die wahre Einheit zunichte. Ein solches Bündel von Fürstentümern macht Ihr deutsches Kaiserreich illusorisch.«
    »Im Gegenteil, diese scheinbare Schwächung ist eine Stärkung, eine äußere Stärkung des Preußentums auf Kosten jeder andern Selbständigkeit wäre die Schwächung der deutschen Zukunft. Übrigens würde König Ludwig von Bayern, unser mächtigster Bundesfürst nie eingewilligt haben ohne Schonung seiner Sonderstellung.«
    »Ach der!« Zwischen dem kriegerischen Kronprinzen und dem königlichen Schwanenritter bestand eine latente Feindschaft. Ludwig grollte, weil die herzliche Leutseligkeit des Hohenzollern die Münchner Bürgerschaft im Sturm eroberte. Der Soldat ehrt stets nur einen kriegerischen Fürsten. Des Kronprinzen ritterliche Erscheinung hat unendlich viel für die deutsche Einheit getan, indem er das süddeutsche Vorurteil gegen preußische Steifheit beseitigte. Das wußte auch der Kanzler sehr wohl, der mit darauf drang, daß ihm und dem jovialen Blumenthal die süddeutschen Streitkräfte anvertraut wurden. Andererseits betrachtete der Kronprinz, so widerwärtig ihm Ludwigs Art, dessen romantisches Künstlertum und romantische Schönheit, die sich der Volksphantasie einschmeichelten, mit einer gewissen geheimen Eifersucht. Denn er selber träumte ja davon, Protektor aller Künste und freigeistigen Bestrebungen in deutschen Landen zu werden, wobei man ungern Rivalen hat. Übrigens muß doch zugestanden werden, daß Ludwig, so wenig er seine hohen Geistesgaben dem Staate nutzbar machte, insofern die Einheit begünstigte und Deutschland nützte, als er den nationalgestimmten Hohenlohe gewähren ließ und nach Möglichkeit den Klerikalismus niederhielt, wahrscheinlich auch aus hochgesteigertem Dynastengefühl, das die jesuitische Bevormundung seiner fürstlichen Allgewalt in der Richard-Wagner-Hetze aufs tiefste verwundet hatte. Unter ihm durfte sich Döllingers Altkatholikentum gegen das Unfehlbarkeitsdogma, mit dem damals Pio Nono der Neuzeit ins Gesicht schlug, ungestraft entwickeln. So hat damals jeder bedeutende Deutsche, welchen Standes auch immer, einen Baustein deutscher Größe herbeigetragen. Und mit gerechtem Stolz darf die Nation sich sagen, daß dies große Geschlecht, so überreich an Talent und Charakter, auch unter den Fürstlichkeiten so ungewöhnliche Erscheinungen wie König Wilhelm, den Kronprinzen, König Ludwig und den sächsischen Feldherrnfürsten hervorbrachte. Welche andere Nation könnte sich nur im Entferntesten einer solchen Fülle rühmen!
    »Mögen Eure Kgl. Hoheit darüber denken wie Sie wollen, wir haben mit gegebenen Größen zu rechnen. Ein ›König der Deutschen‹ würde überhaupt ohne den Kaisertitel eine seltsame Rolle spielen, wenn er drei andere Könige neben sich hätte.«
    »Wer sagt denn, daß es so gemeint ist!« fiel der Kronprinz lebhaft ein. »Dem läßt sich leicht abhelfen. Diese Herrschaften haben einfach wie

Weitere Kostenlose Bücher