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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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im alten Reich den Herzogstitel anzunehmen.«
    Otto stand erstarrt vor solcher Chimäre, deren geschäftliche Ausführung man ihm allen Ernstes ansann. Aha, Geffken und Konsorten! Verkappte Welfen, die sich an das arglos offene Gemüt des edlen Hohenzollern heranschleichen und ihm Gift ins Ohr träufeln, um durch scheinbare Liebedienerei Preußen zu schaden. »Das würde wohl nicht angehen, aus freien Stücken und gutwillig würden sie den Titel nicht ablegen, selbst ihre Untertanen würden schwerlich dafür zu haben sein.«
    »O wir kennen unsere volle Stärke nicht. Der bayrischen Armee bin ich sicher.«
    »Jede Anwendung von Gewalt, ob noch so siegreich, würde unabwendlich dauernden Haß und unausrottbares Mißtrauen vielleicht für Jahrhunderte säen. Übrigens zweifle ich, ob ein königlich bayrischer General sich gern bloß fortan einen herzoglichen nennen würde. Da empföhle es sich noch eher, sämtliche Fürsten einfach zu depossedieren, was bei der Sinnesart Ihres Herrn Vaters sich von selber ausschließt. Dagegen werden alle bundesstaatlichen Heere begeistert dem deutschen Kaiser Treue schwören. Mich däucht, Eure Kgl. Hoheit würden statt dem altmodischen fremdartigen ›König der Deutschen‹ auch lieber den begeisternden schwungvollen Zuruf hören: ›Es lebe der Deutsche Kaiser!‹«
    Das schlug durch, der Kronprinz ließ die Chimäre fallen, unterlag einer stärkeren Suggestion und überlegte schon, wie der Krönungsornat eines Kaisers ihm stehen würde. Man muß darüber nicht bürgerlich lächeln, denn Repräsentation gehört unbedingt zum fürstlichen Handwerk. Doch jetzt stieß Otto auf empfindlicheren Widerstand beim König selber.
    »Ich habe mir die Sache überlegt. Nach dem Briefe König Ludwigs und dem einstimmigen Ersuchen der verbündeten Fürsten und des Reichstags mußte ich wohl oder übel einwilligen. Aber ich höre da immer ›deutscher Kaiser‹. Was ist denn das? So etwas gibt es nicht. Ich kenne einen Kaiser von Österreich, nicht einen österreichischen Kaiser. Geradeso will ich Kaiser von Deutschland heißen, wenn ich denn schon nicht mehr König von Preußen sein soll.«
    »Das zu sein und auch im Titel werden Eure Majestät nie aufhören. Ihre Erlasse werden beginnen: Wir Wilhelm Deutscher Kaiser, König von Preußen.«
    »Jawohl, der Charaktermajor geht voraus, ein mir beigelegtes Schattenamt. Schon in dem leeren unklaren Worte ›Deutscher Kaiser‹ liegt die Inkonsequenz. Ich will nicht.«
    »Majestät verzeihen, man sagte einst römischer Kaiser, nicht Kaiser von Rom, auch der Zar nennt sich nicht Kaiser von Rußland, sondern russischer.«
    »Das ist nicht wahr, Sie wollen mir was vorreden«, unterbrach ihn der hohe Herr mit ungewohnter Schärfe. »Mein Regiment Kaluga würde dann wohl nicht an mich ›pruskomu‹ adressieren, wenn es Rapporte schickt, das heißt ›von Preußen‹, geradeso wie ruskomu ›von Rußland‹. Mein Hofrat Louis Schneider wird Ihnen das bestätigen.«
    »Das muß ich bestreiten. Dieser gute Kenner des Russischen dürfte das Gegenteil bezeugen.«
    »Ich werde fragen, vorerst schenke ich Ihnen keinen Glauben. Übrigens nannten sich die Napoleons auch nicht ›französischer Kaiser‹, das klingt sogar sprachwidrig, sondern ›Kaiser der Franzosen‹, sowie man auch ›König der Belgier‹ sagt.«
    »O ja, auch ›nach dem Willen der Nation‹. Wünschen Eure Majestät das auch in den Titel eingeführt? In Frankreich, einem ungeteilten Nationalstaat ohne andere Fürstlichkeiten, mag das angehen. Doch ›Kaiser der Deutschen‹ hat für mein Gehör einen demokratischen und einen hohlen Klang, teils riecht es nach Plebiszit, teils nach bloßer Höflichkeits- und Zeremonienfloskel. Wie viel wuchtiger klingt ›Deutscher Kaiser‹! Darin liegt Macht und Schwung.«
    Der König dachte nach. »Darin haben Sie recht. Aber es bleibt doch unklar und schattenhaft. Ich habe mich nach dem Usus bei Rußland und Österreich zu richten, es könnte sonst zwischen uns Rangstreitigkeiten geben. Kurz, ich bestehe darauf. Für heute genug.« –
    Bei einer nächsten Erörterung war der Kronprinz zugezogen. Dieser konnte aber keine andere Unterstützung gewähren, als passive Billigung durch Kopfnicken und eingestreute »Sehr wahr!« »Richtig!« Denn der König, immer peinlich gewissenhaft, nahm den Verfassungseid buchstäblich, wonach er seinem verantwortlichen Minister, aber nicht dem Thronfolger Rücksichten schuldete. Letzteren behandelte er altrömisch als

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