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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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pater familias , seit der Danziger Episode betrachtete er jedes Betonen einer Meinungsverschiedenheit als subordinationswidrige Rebellion.
    »Hofrat Schneider,« begann er etwas verlegen, da seine unbedingte Wahrheitsliebe ihn zum Geständnis nötigte, »ist allerdings Ihrer Ansicht. Ich beuge mich dieser Sprachautorität. Nun, jedenfalls ist bei uns Sprachgebrauch, daß auf den Münzen steht Borussiae rex , und das ist maßgebend.«
    »Pardon, Majestät. Unter dem großen König und dessen Nachfolgern stand auf den Talern › Borussorum rex ‹. Im Ausdruck ›von Deutschland‹ liegt unstreitig ein Anspruch auf alle anderen landesherrlichen Gebiete, und das würden die Fürsten wohl merken. Deshalb spricht König Ludwig ausdrücklich davon, daß das Präsidialrecht mit dem Titel Deutscher Kaiser verbunden sei. Deshalb hat man auf Vorschlag des Bundesrats die neue Fassung von Artikel 11 der Verfassung mit diesem Titel geschmückt. Es besteht also schon verfassungsmäßiges Recht.«
    »Ohne meine besondere Genehmigung!« rief der König aufgebracht.
    »Doch wohl, Eure Majestät haben bei Empfang der Deputation am 18. Dezember im Prinzip den Titel so angenommen.«
    »Ich hatte dies überhört und die Tragweite nicht erwogen.« Es machte ihn sehr betroffen, da er die praktische Gefahr nicht verkannte, verfassungswidrig genannt und der Zurücknahme eines Fürstenwortes geziehen zu werden. Doch noch in der Schlußsitzung vom 17. Januar, an welcher sein badischer Schwiegersohn teilnahm, beharrte er auf seiner Weigerung zwar nicht unbedingt bis zuletzt, doch blieb es im Unklaren, und nur eins wurde bestimmt, daß morgen die Kaiserproklamation im Spiegelsaale von Versailles stattfinden solle. Zuletzt gab es noch eine Rangstreitigkeit, die für jeden, der verstehen wollte, die innerste Meinung des Königs bloßlegte, obschon er sie nur indirekt aussprach.
    »Eure Majestät mögen in Gnaden die Feststellung erlauben, daß heraldisch zwischen Kaisern und Königen kein Unterschied im Vorrang obwaltet, der König von England z. B. steht im Range doch sicher dem Zaren gleich.«
    »Das sind besondere Verhältnisse, er könnte sich ebensogut Kaiser nennen, z. B. Kaiser von Indien. Doch immer ging der Kaiser von Österreich dem König von Preußen vor, wenigstens solange das alte Reich bis 1806 dauerte.«
    »Auch das muß ich untertänigst widerlegen. Als Friedrich Wilhelm I. und Karl VI. sich trafen, traten beide Herren von beiden Seiten gleichzeitig in den Pavillon der Entrevue ein und begegneten sich in der Mitte, um die Gleichheit des Ranges zu betonen. Deshalb stehen preußische Prinzen durchaus auf gleicher Stufe mit Erzherzögen und Großfürsten, und wird die Etikette anders gehandhabt, so ist es Willkür.«
    Die historische Belehrung und die eifrige, obschon ziemlich lautlose Zustimmung des Kronprinzen verschärften die offenkundige Reizbarkeit des alten Herrn derart, daß er zornig mit der Faust auf den Tisch schlug: »Und wenn es so war, so befehle ich jetzt, wie es sein soll. Erzherzöge und Großfürsten hatten stets den Vorrang vor preußischen Prinzen, und so soll es ferner sein.« Er stand auf und drehte, ans Fenster tretend, den Sitzenden den Rücken zu. Die Entlassenen sahen sich betreten an und wußten nicht, was sie zu dieser Äußerung sagen sollten. Wollte er, so sehr von Preußens Größe erfüllt und durch den Kriegstriumph darin sehr sichtbar bestärkt, eine Unterordnung Preußens unter Rußland und Österreich markieren? Gewiß nicht. Auch Otto begriff nicht, wo der kluge Greis hinauswollte. Richtig übersetzt, bedeutete sein Wort klar genug: Kaiserliche Prinzen gehen vor königlichen Prinzen. Fortan aber sollte es nach seiner Meinung nur kaiserlich deutsche Prinzen, nicht königlich preußische im Hohenzollernhause geben, die dann natürlich den unbedingten Vorrang vor allen andern deutschen Fürstlichkeiten hatten. Das war die Meinung, Oberst Buttler.
    *
    Am folgenden Morgen eilte Otto schwerbesorgt zum Großherzog von Baden, der das Kaiserhoch ausbringen sollte. »Wie werden Eure Kgl. Hoheit den Kaiser bezeichnen?« »Natürlich als Kaiser von Deutschland, nach Befehl Seiner Majestät.« »Aber das ist unmöglich. Den Text der Reichsverfassung hat Reichstagsbeschluß schon präjudiziert. Ein konstitutionell gesinnter Fürst kann doch solches nicht umstoßen.« »Da haben Sie recht. Ich werde Majestät nochmals aufsuchen.«
    Doch wie jetzt Schwiegervater und Schwiegersohn sich aussprachen, blieb Otto

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