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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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kommen.
    »Geh zu dem Apotheker, hier ist die Adresse, und erbitte dir das Rezept. Es ist ein Deutscher.«
    Engel kam zurück. »Doktor Walz hat das Rezept zurückgenommen. Die Salbe bestehe hauptsächlich aus sehr giftigen Stoffen, die – ich habe mir's aufgeschrieben – immerwährende spanische Fliegen erzeugen. Die Dosis war ganz ungewöhnlich stark.«
    Als Walz wieder erschien, fragte ihn Otto mit dem gleich starren Blick: »Ich möchte Ihr Rezept sehen.«
    »Ach wie fatal! Das habe ich natürlich nicht mehr. Wozu auch!«
    Wozu auch! In der Tat! Bedeutet dies nur die dreiste Frechheit eines Kurpfuschers, der ein Experiment probieren wollte? Zu solchem Wagnis sucht man sich gewöhnlich nicht eine hohe Persönlichkeit aus. Sie wollen mich durchaus beseitigen. Sehr schmeichelhaft! Wenn die Feinde meines Vaterlandes mich so verbrecherisch hassen, so liebe ich sicher mein Vaterland. Da falle ich also im Dienste wie ein Soldat, nur etwas schmerzhafter. O Germania, du alte Närrin! Still, auf die Mutter darf man nicht schimpfen, sie hat uns geboren. Wozu die Verbitterung! Um Erleuchtung der Obrigkeit beten hat keinen Zweck. Denn Gott, der Preußen zerschlagen oder hochheben kann nach seinem Willen, läßt sich nicht beirren. Der Allwissende weiß warum. Im letzten Stündlein, wenn es ans Ende geht, werden wir lächeln über die Streitfrage, ob Preußen oder Österreicher gewinnen. Alles nur eine Zeitfrage. Die Wellen zerschellen, und es bleibt das ewige Meer. Was sind vor ihm unsere Staatengebilde! Ameisenhaufen, die jeder Ochse zertreten kann, Bienenstöcke, die ein Imker ausnimmt. Rechberg ist ein langer Kerl, ich auch, aber wenn uns der Tod diese Fleischmaske von den Knochen reißt, dann werden wir uns verzweifelt ähnlich sehen, und niemand weiß mehr, ob Rechberg für seinen Staat oder ich für meinen stritt. Und ob er dumm ist oder ich, bah, als Skelett sind wir alle die gleichen. Ich habe hochgradiges Fieber. Hätte ich ein Wundfieber von Solferino, so wäre es genau das gleiche. Ein Gaukelspiel. Und wo bleibt da der Patriotismus? Von dem hängt unsere ewige Seligkeit auch nicht ab. Pfui, schäme dich! Charity begins at home, wer seine Landsleute nicht liebt wie sich selbst, wer soll da das Gebot des Heilandes erfüllen? Wer erfüllt es denn! Und Gott lieben über alles? Ich möchte ja, doch er ist so fern. Ich würde mich dem Teufel verschreiben, wenn es nur ein teutonischer Teufel wäre. Deutschland rollt langsam in den Abgrund, und ich krepiere hier wie die Ratte im Loch und schlafe ein vor übergroßen Schmerzen... Schlafe, schlafe, große Seele! Ein Allmächtiger wacht über dir ...
    Das Wunder geschah, das Unglaubliche. Schon am 11. Juli Frieden von Villafranca! Eher, als Preußen auch nur in einer Formfrage nachzugeben, nahm Österreich die Bedingungen Napoleons an, des »Kämpen unterdrückter Nationalitäten«, der sich dafür mit Nizza und Savoyen bezahlen ließ. Lieber die Lombardei preisgeben, als das Übergewicht in Deutschland! Und nach dieser schamlosen Aufopferung der staatlichen Ehre (denn man hätte den Krieg zum ernsten Schaden Napoleons fortsetzen können) hatte man noch die eiserne Stirn, zum Himmel zu schreien, man sei vom »natürlichen«, (wer lacht da!) »Bundesgenossen« im Stich gelassen! Andererseits konnte man Napoleon nicht verdenken, daß er seiner Armee erklärte, ihr Sieg sei durch die drohende Haltung Preußens verkleinert worden, und er könne seinen Schwur deshalb nicht erfüllen, Italien von den Alpen bis zur Adria zu befreien. Vorsicht ist bekanntlich ein Teil der Tapferkeit. In Villafranca ließen beide hohen Kontrahenten Winke fallen, daß sie sich künftig gegen das verräterische Preußen wenden würden. Doch das war das kleinere Übel. Der Regent war fest geblieben gegen Österreichs unverschämte Ansprüche, in die eigentliche Falle stürzte er nicht, der Krieg unterblieb ... Ach, der alte Gott lebt noch, Otto raffte sich auf, nach Berlin zu reisen.
    »Ach, mein lieber Bismarck, was haben Sie mit sich angefangen?« Der Zar entsetzte sich über das trostlose Aussehen des Hünen, den er in kraftstrotzender Männlichkeit vordem so oft sah. »Da muß etwas geschehen. Sie sind ja wie eine geknickte Eiche. Tun Sie alles für Ihre Heilung, tun Sie es mir zuliebe! Wir dürfen Sie nicht verlieren. Ich gehe im Herbst nach Breslau oder Berlin, um meinen verehrten Oheim zu treffen. Da hoffe ich Sie als den Alten wiederzusehen!« –
    Die Reise bereitete ihm viele Qualen, und als

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