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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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sich die Lehre nicht zu Herzen nehmen. Wollen Sie schon gehen?« Otto hatte sich erhoben. »Ich habe noch keine Lust, von Ihnen Abschied zu nehmen, doch Sie haben wohl schrecklich viel zu tun.«
    »Nicht das mindeste, Majestät«, beeilte er sich zu erwidern.
    »Dann bleiben Sie doch, bis ich morgen abfahre.« Sie machte eine Seereise.
    »Ich folge dem Befehl Euer Majestät mit Begeisterung.
    Sie lachte wieder. »Gefällt's Ihnen so gut bei mir? Nun ja, Peterhof ist sehr hübsch. Nachher kommen der Zar und Gortschakow, dann wird es ganz idyllisch.« Sie lächelte mit gutherzigem Spott, als sie sein langes Gesicht bemerkte. Geschäfte hier!
    Er schlenderte durch die Terrassen, wo Rosen bis ins Wasser hingen und das blaue Meer über die Wipfelpracht hereinlugte, auf dem Segel und Möven wie weiße Schmetterlinge flatterten. Als der Himmel und die Schäferwölkchen darauf sich goldig färbten, kamen der Zar und der Kanzler durch einen schattigen Gang herangewandelt.
    »Guten Abend, Bismarck! Preußen mobilisiert also wirklich? Haben Ihre Herren auf der Gesandtschaft schon Order?«
    »Zu Befehl, Sire. Leutnant v. Klüber und der Sohn meines alten Legationsrats Kelchner wurden zum Regiment eingezogen. Sie lassen sich einen vier Zoll langen Schnurrbart wachsen. Es sieht aber schon bedeutend friedlicher aus.«
    »Finden Sie? Preußen wird keine Dummheiten machen?«
    »Das wage ich nicht zu beurteilen. Jedenfalls schwindet meine Angst vor übereilten Entschließungen, denn der Krieg dürfte wohl fürs erste beendet sein. Mir fällt ein Stein vom Herzen, denn von Österreich fürchtete ich Schlimmeres als von Frankreich, nämlich den gröbsten Verrat. Es würde sich mit Napoleon verständigt haben, und wir müßten den für fremde Interessen auf uns genommenen Krieg allein führen.«
    Der Zar lachte bitter. »Hören Sie, Gortschakow? Der kennt unsere gemeinsamen Freunde, die Wiener. Und diese miserable Armee!«
    »Das möchte ich nicht sagen, Majestät. Die k. k. Truppen schlugen sich allzeit gut, nur die veraltete Taktik erweckt die schlimmsten Befürchtungen. Ein gelehrter Militär, Oberst v. Roon, setzte mir das auseinander. Ich glaube auch nicht, daß alle österreichischen Führer nichts taugen. Raming soll verständig sein, auch Stadion, Benedek sogar sehr gut. Nur die Armeechefs wie Giulay und Wimpfen verschulden alles, obschon die Generalstabschefs Kuhn und Heß im Berliner Generalstab einen guten Ruf genießen. Ich glaube, bei den Franzosen steht es damit auch nur soso. Außer dem General Niel hat kein Führer dort Bedeutung.«
    »Aber Mac Mahon, den wir ja von Sebastopol kennen, soll doch bei Magenta Großes geleistet haben.«
    »Wohl mehr Zufall, soweit man sich aus den Berichten ein Bild machen kann. Der Marschall Canrobert ist ganz schneidig, aber nicht mehr. Und die Italiener kämpfen zwar wacker, erlagen aber vollständig vor Benedek.«
    »Nun, dann war es also die bessere Truppenqualität der Franzosen«, mischte sich Gortschakow ein.
    »Das sind bekanntlich sehr gewandte, tapfere Soldaten. Aber leicht wurde ihnen das Siegen nicht. Ich erhielt österreichische Zeitungen, auch französische, über Magenta, und man klaubt sich da schon zwischen den Zeilen die Wahrheit heraus. Im Zentrum bei Solferino müssen die Österreicher wie die Löwen gefochten haben, um den Zypressenhügel floß viel französisches Blut.«
    »Und die gezogenen Geschütze?« forschte der Zar eifrig.
    »Die mögen ein Fortschritt sein, obwohl man in Berlin keinen Wert darauf legt. Von ihrem Übergewicht war aber nichts Entscheidendes zu merken, die glatten österreichischen Geschütze deckten den Rückzug vollkommen. Der Artillerieinspekteur, Erzherzog Wilhelm, soll auch ein vortrefflicher Fachmann sein.«
    »Und die famose französische Kavallerie?«
    »Versteht zu sterben. Die Preußenhusaren, lauter Madjaren, warfen aber die Chasseurs d'Afrique über den Haufen. Andererseits hat das bessere österreichische Gewehr auch nichts gewirkt, weil die Österreicher fortwährend ihre Bajonettattacken in Bataillonskolonnen ausführten, statt ihr Gewehrfeuer auszunutzen. Eigentlich sind sie bei Solferino gar nicht geschlagen worden, sie traten verfrüht den Rückzug an.«
    »Ich danke Ihnen für diesen lehrreichen Vortrag.« Der Zar betrachtete nachdenklich einen Rosenstrauch. »Nach Ihrer Meinung wäre also das militärische Übergewicht der Franzosen nicht erdrückend?«
    »Nein, auch marschierten sie im allgemeinen ebenso schwach wie die

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