Bismarck 03
selber, daß er sich dem Kommandierenden vorstellte, ohne dessen hochmögenden allein beschlußfähigen Willen überhaupt nichts geschehen darf. Die Autogeschichte ist daher so schwer verdaulich wie Eisbein mit Sauerkohl. Götzendämmerung einer Phantasieschlacht! Wahre Methodik bestätigt immer eine das Dunkel lichtende wahre Divination. Auf Schritt und Tritt begleitet uns die Logik der Tatsachen selber. Es ist das Verhängnis der Klucklegende, daß sie ihn erschwerend belastet, wenn sie ihn feiert, auf Urteilslosigkeit der Menge bauend. Das zuerst von Stegemann ausgepinselte, dann allgemein kopierte Luftgebilde des Morin-Kluck wird schon beeinträchtigt durch den sonderbaren Zusatz, 2. K. habe Verbindung mit 4. R. K. fest aufrechterhalten. Wie konnte es das, wenn schon von Meaux eine Lücke von 10 km klaffte, 2. K. aber »nördlich Coulomiers« 20 km fern stand, die Marne und Maunoury dazwischen. Wenn aber Bülow noch gar das halbe 4. R. K. in Text und Karte südlich Meaux verlegt, so macht solche Ungeheuerlichkeit all seine tendenziösen Angaben verdächtig und schieben wir daher den wichtigen Einwand beiseite, Bülow sei ja ein neuer Gewährsmann für die Legende. Ja, das paßte ihm so. Alle V. L. entheben uns jeglichen Zweifels, nur Liederlichkeit der Einsichtnahme verführt zu solcher Phantasmagorie, »Provins« in einer Liste bedeutet eben das Dorf Les Provins, nicht die ferne Seinestadt.
Selbst wenn dort irgendein vorwitziges Spitzenbataillon wie II/26. je anlangte, beweist dies nicht das geringste für Vormarsch Armins, der selber ruhig beim Ferté Milon saß, über die Marne, noch gar für seinen unmöglichen Rückmarsch längs Frenchs Front. »Das erlauben die Kiebitze nicht«, sagt man in Schachkreisen, das erlaubt selbst Grouchy nicht, um einen kriegshistorischen Vergleich zu ziehen. Bezüglich 2. K. betonen wir nochmals, daß sein Gefecht mit French schon deshalb glatt erfunden ist, weil sein angeblicher Aufmarsch bei Saignets nördlich Coulomiers ihn nicht mit den Briten in Berührung bringen konnte, die schon südlich Coulomiers zurückgingen. Wenn das Papier vom Fett oder Sonne glänzt, bekommt man metaphorisch eine glänzende Schrift, wenn Unwissenheit und Parteilichkeit das Papier satinieren, bekommt man glänzende Zeugnisse. Mit dem Mangel an Logik, dem man so oft begegnet, wird übrigens vergessen, daß »die Lücke bei Rebais« ja nie bestanden hätte, wenn dort angeblich 3. und 9. K. vereint standen. Dann wäre es ein Armutszeugnis für so famose Truppen, wenn sie mit den seit August moralisch erschütterten Truppen von Esperet-French nicht schon bis 7. fertig geworden wären. Zumal sie außer bei Mons nirgends stritten und litten. Wir müßten alle Register von Hohn und Spott ziehen, wellten wir aufs Neue breit enthüllen, daß rein nichts davon stimmt.
Nein, trotz Bülows nachgebeteten und Klucks verworrenen Angaben hat man das 4. R. K. nie allein, nie solche Lücke gelassen. Eine ehrgeizige Promenade über die Marne, wie früher die Extratour nach Amiens, hätte zwar Kluck ähnlich gesehen, wir sparten uns keineswegs als Trumpf und Gnadenstoß auf, daß Moltke ausdrücklich das Gegenteil befahl, denn Insubordination wäre bei Kluck nichts psychologisch Überraschendes. Verletzte er aber dieses ihm anvertraute Amt des Flankenbeschützers mit grober Gehorsamsverweigerung, dann mußte er durchhalten. Nun, mag er sich trösten, diese Sünden beging er nie, sondern nahm vielmehr Moltkes Befehl einer rückwärts »Staffelung« nur zu wörtlich.
Doch es gibt auch eine Joffrelegende, als ob sein Tagesbefehl vom 4. Ouvertüre der ganzen heroischen Oper bedeutet hätte. Er fußt auf Gallienis Irreführung, Kluck marschiert auf , nicht über Meaux, welche Scheinbedrohung von Paris ihm mehr blendend, als solid erschien. Aber Maunoury selber kann nicht entgangen sein, daß 4. R.K., 4. D., 4. Kav. D. vor ihm standen, also von wirklichem Flankenstoß keine Rede sein konnte. Daß er zur Rettung von Paris etwas wagen wollte, war sozusagen ein grober Buchstabe. Ein nur aus örtlicher Not geborenes Unternehmen galt nachher als feiner Kalkül. Selber noch ganz unvereint, schickte er Lamaze vor, denn er betrachtete seine Manöver nur als keckes Unterfangen. Joffres angebliche Absicht, Kluck und Bülow im Marnebecken zusammenzupressen, ist spätere »Interpolation«, Mönchslatein von Texteinschiebungen, Jägerlatein militärischer Münchhausiaden. Deutsche Verfolgung aufhalten, darauf schrumpft die ganze
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