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Bismarck 03

Bismarck 03

Titel: Bismarck 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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er stieß Bülow vor den Kopf, um nur selber recht stark am Ourcq zu siegen, und dann kniff er vor sicherem Siege aus? Wie, er selbst rühmt sich jetzt in seinem Buch, er habe Maunoury überwältigen können, und im selben Atem heißt es, er habe durch schleuniges Abbrechen und unanständig eilfertigen Abzug sein Heer gerettet? Solche Selbstwidersprüche überzeugen doch wohl den Verblendetsten, daß hier unsagbare Haltlosigkeit schwarmgeistert.
    Früher glaubte man allgemein, pessimistische Rapporte hätten Moltke zu Rückzugsbefehlen begeistert, heute wissen wir das genaue Gegenteil. Wäre dem aber so, so war es Klucks Pflicht, solcher Übereilung nicht zu gehorchen und vorstellig zu werden, denn daß er Nichtgehorchen aus dem Grund verstand, bestätigte er sonst oft und später nochmals. Auf Bülows Urteil aber, das Hentsch als gute Gabe überbrachte, nahm er sonst nie Rücksicht. Um daher seine neue erstaunliche Ausrede zu würdigen, er sei im Auto weggefahren und Hentsch habe über seinen Kopf hinweg nach Konferenz mit Stabschef v. Kuhl den Rückzug veranlaßt, fragen wir: widerspricht diese Abscheulichkeit etwa Klucks bisherigem Treiben?
    Tag für Tag tiftelte er in Furcht um seine rechte Flanke, um Bülows Flanke kümmerte er sich nicht. Und nun rannte er davon in Heidenangst vor wem? Nicht vor Maunourys zerrütteten Scharen, sondern vor eingebildeter Umgehung durch French! Böswillige könnten folgern, daß er just wie Bülow sich überhaupt nicht schlagen wollte, sondern von Anfang an nur Rückzug im Auge hatte, aus sogenannten strategischen Gründen von pedantischen Nichtstrategen. Er begrüßte förmlich den durch Hentsch erschwindelten Rückzugsbefehl als Befreiung von einem Alpdruck, und so mitschuldig Bülow, müssen wir über die Vorstellung lächeln, ihn sozusagen als Verführer Klucks zu betrachten. Das sah Kluck wenig ähnlich. Und siehe da, wir müssen ja auch alles zurücknehmen, denn er will ja überhaupt nicht von Hentschs Suada gehört haben. A la bonne heure! Das nennt man preußische Zucht. Wirtschaft, Horatio, Zustand, sagt der Berliner! Pflegen sonst Armeechefs den Einflüsterungen eines Oberstleutnants mit Karmosinhosenstreifen gehorsamst Ohr zu schenken, der ohne jede schriftliche Vollmacht sich als Vertrauensmann des Generalissimus einführt? So etwas gibt es in keiner Armee, und wenn es leider eine solche damals gab, dann verurteilt sie sich selber zum Tode. Das Kriegsgericht über Hentsch, den Friedrich und Napoleon ohne Erbarmen füsiliert hätten, verduftete und verschloß seine Akten; Hentsch muß einen hohen Hintermann gehabt haben, aber nicht seinen Vorgesetzten. Denn die Tatsachen beweisen, daß Moltke nie solche Vollmacht erteilte, da alle Direktiven und die Übersicht vom 10. schnurrstracks den festen Willen zur Schlachtfortsetzung ausprägen. Wenn Kluck so wenig einverstanden war, warum fuhr er seinen dreisten Stabschef, der etwas so Entscheidendes verfügte, ohne Genehmigung einzuholen, nicht hart an, warum stellte man diesen Herrn nicht auch vors Kriegsgericht? Weil er natürlich ausgesagt hätte, Kluck habe, ob im Auto weggefahren oder nicht, die Maßregel gern gebilligt. Wäre dem nicht so, warum hob er sie nicht auf, wie Hausen dies unverzüglich tat, als er Moltkes den Hentsch desavouierende Weisung vom 9. nachts erhielt? Bekam er nicht am 10. vorm. Befehl, kräftig anzugreifen, um Bülow zu entlasten? Er tat nichts dergleichen, wo er doch behauptet, er habe am 9. Siegeswillen gehabt. Erzähle er daher andern die Autolegende, nicht uns. Denn Auto hin, Auto her, dem Sinne nach ist es Legende und faule Ausrede. Er wollte den Rückzug und hatte ihn nun, just wie Bülow. Im Gerichtssaal pflegen die Schuldigen die Alleinschuld sich gegenseitig zuzuwälzen, der trockene Richter aber urteilt, daß der Rabbi und der Mönch: siehe Heines schnöden Witz. Hentsch selber sagt aus: »Ich hatte nicht das Gefühl, daß man dort vom ausschlaggebenden Erfolge des Armeeflügels überzeugt war!« Man? Wer? Da haben wirs. Lauter verwandte Seelen. Es wirkt daher nur drollig, wenn ein gewisser geistvoller Journalist bei allgemeiner Verdammung solcher Begebenheiten Kluck als weißen Raben zupinselt, dessen feurigem Schwung (o weh) Hentsch aus dem Wege ging und sich lieber an Herrn v. Kuhl hielt. Das ist wirklich ein rechter Kohl. Daß Hentsch zunächst den ihm befreundeten Stabschef aufsuchte und mit ihm beriet, ist ganz verständlich, es versteht sich aber nach militärischer Etikette von

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