Bismarck 03
einbegriffen), so ist der Verlust von rund 46 preußischen Divisionen im Westen (37 500 des 15., 16., 21. K. exkl. 105., 126. abgerechnet) mit 218 500 wahrlich nicht geringer!
Wer sich über solche Verluste entsetzt (der Septemberverlust ist deutscherseits kaum wieder im Westen erreicht worden), den verweisen wir auf das Gegenstück, daß 200 000 Verwundete im Marne- und Oisetal lagen, natürlich nicht gerechnet die vielen Leichtverwundeten und Transportfähigen, die zur Heilung nach Paris gingen oder, wie in allen deutschen Listen gewissenhaft verzeichnet, »bei der Truppe verblieben«. Das entspricht mindestens 50 000 Toten. Diese Berechnung ist aber noch zu niedrig, denn Frankreich gesteht bis Neujahr 340 000 Tote zu, was einem Gesamtverlust von 1 ¼ Million entspricht, Gefangene ungerechnet. Da nur noch bis 15. November große Verluste eintraten, ist anzunehmen, daß der französische Septemberverlust ungeheuer war und allein in der Hauptschlacht 200 000 von 15.-30. betrug, so daß die Gesamteinbuße der Verbündeten von Altkirch bis Antwerpen 350 000 erreicht haben mag, 45 000 Maubeuge-Gefangene ungerechnet. Um übrigens der englischen neuen Armee – nicht der alten Frenchs – gerecht zu werden, verzeichnen wir zum Vergleich, daß sie im Juli 1916 allein 8749 Off. 187 871 Mann verlor, in 10 Märztagen 1918 sogar 8840 Off., wofür 164 881 Mann offenbar viel zu wenig gezählt. Ferner 1918 im April 6709 Off. 136 469, im Mai 3452, 65 597, offenbar wieder zu wenig angegeben, da auf 3500 Offiziere doch allermindestens 70 000 zu rechnen sind. Das macht in 90 Tagen rund 28 000 Off. 550 000 (wahrscheinlich 600 000) Mann bloß auf einen Teil des Kriegstheaters. Danach erscheinen obige deutsche Verluste in 55 Tagen auf den ganzen Radius Antwerpen–Altkirch gewiß nicht übermäßig. Ihnen stand damals immer noch eine mehr als doppelte feindliche Einbuße gegenüber. Kurzlebiger Scheinerfolg endete für Joffre mit nachhaltiger Schlappe. Der Geländeverlust war deutscherseits mehr als ausgeglichen durch Fall von Maubeuge und Mihiel und Besitz der Linie Peronne–Somme bis zur Avre. Doch der moralische Rückschlag war nicht gutzumachen. Auf der Hauptfront gegen Paris–Verdun–Nancy statt Entscheidungssieg nur erfolgreiche Defensive eintauschen blieb Verschlechterung auf lange Sicht, endlose Verlängerung des Krieges, den man mit ein paar großen Schlägen zu beenden hoffte. Zum Siegen gehört Glück, ein Unstern verfolgte die deutschen Waffen. Bülow fabelt, seine Infanterie sei auf ein Drittel geschmolzen, während sie seit 4. August kaum 40 Prozent verlor, die Klucks noch nicht 25 Prozent, nur die des Kronprinzen über 40 Prozent. Bei ihm gab es kein Klagen und Stöhnen; Klageweiber von Bülows Art sind aber leider symptomatisch für deutsche Charakterschwächen! Kritisches Nörgeln mißtraut sich und anderen. Etwas mehr waghalsige Festigkeit und die Gloire-Schulbücher würden die Marneschlacht schamhaft verschweigen!
Ohne Hausens Mißgeschick nicht ohne Bülows Schuld wären im August entweder Lanrezac oder Langle nicht so heil entkommen, ohne Mudras Schwäche hätte Sarrail nicht Anschluß an Verdun behalten, ohne Klucks Abirrung wäre der Feind bei St. Quentin nicht dem Verderben entgangen, ohne Klucks und Bülows Irrungen wäre die Marneschlacht glänzend gelungen trotz aller ungünstigen Vorbedingungen. Die Glücksgöttin hat ihre Launen, sie gibt und nimmt. Frenchs unerhörtes Versagen war eine Lotterienummer zu deutschen Gunsten, doch das Trumpfaß gegen Deutschland spielte ein Hentsch aus in Partnerschaft mit Bülow, eine Art historischer Falschspielerei. Fünf Monde lang erstarrte jetzt die Hauptfront im Winterschlaf, unterbrochen von französischen Offensivträumen, und es währte nicht lange, so versank die neue Westfront in gleiche Lethargie. Versumpfen im Stellungskrieg war das übelste, was man den Deutschen bescheeren konnte. Es erlaubte dem Gegner, seine überlegene Materialmasse nebst amerikanischer Sympathiemunition – Marke »neutral, Achtung! zerbrechlich!« – auszunutzen, und beraubte sie ihres taktischen Hauptvorzugs, ihrer überlegenen Manöverierfähigkeit. Weil diese anfangs zwischen Roye und der Lys im Norden verwertet werden konnte, daher der anfängliche Erfolg, der blieb aber strategisch zuletzt wertlos, denn als noch einmal das Schicksal die Hand bot, an der Yser eine große rasche Entscheidung herbeizuführen, verdarb zögernde Pedanterie verspäteten Entschlusses
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