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Bismarck 03

Bismarck 03

Titel: Bismarck 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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des heillosen Wirrwarrs, wo die Kraftwagen des 7. K. einen weiten Bogen umschrieben, aus dem sich das Kreuz und Quer bei Vor- und Rückmarsch ablesen läßt, überrascht um so mehr die feste Ordnung der Sachsen. Die Franzosen mußten froh sein, ihre weidwunde Meute überhaupt zu weiterem Anpacken anzuspornen. So brav sie sich aber zu vielfachem Ansturm fortreißen ließen, so hielt die deutsche Eisenfaust sie doch gründlich nieder, auf lange erlosch der Angriffstrieb großen Stils. Gleichwohl zeigte Frankreich, aus allen Siegeshimmeln gerissen und auf vier Jahre verdammt, die deutschen Kanonen nahe vor Paris zu hören, eine hartnäckige opferbereite Geduld, die man nur höflich bewundern kann. In Deutschland aber brüllt die blinde Menge mit blinden Anklagen, weil diesmal nicht das Glück des alten Moltke seine alten Fehler verhüllte und der verrückte Moltkekultus nicht länger die Unfehlbarkeit deutscher Strategie dem Laienverstand aufschwätzen durfte. Rien ne réussit que le succès der äußere Erfolg bestimmt allein das Urteil der Unwissenden. Unsere Schärfe aber entbehrt jedes Beigeschmacks überschäumender Gehässigkeit, sobald wir wie bei dem unglücklichen Manne, den romantische Laune bloß seiner Namenserbschaft wegen an die Spitze des Heeres stellte, mildernde Umstände erkennen. Daß er sich durch Bülow ins Bockshorn jagen ließ, hing wohl auch mit höfischer Schranzerei zusammen, da gewißlich der Kaiser ihm dreinredete.
    Das ersehnte allgemeine Rendezvous aller Heere war zwischen Maas und Somme glücklich erzielt, doch allgemeine strategische Berechnung in die Brüche gegangen. Man lag fest. Das beste Beispiel liefert die jetzt unbefriedigende Stellung des Kronprinzen, die nur noch Deckung der Scheinbelagerung von Verdun schien. Man umstellte den Platz zwar in Nord, Ost, teilweise Südost, doch ohne einen einzigen Punkt des Vorgeländes zu besitzen, es schwand vorerst jede Hoffnung, im West und Süd die Verbindung mit dem Innenland zu zerschneiden. Das Duell der Belagerungs- und Festungsgeschütze blieb schaal und unersprießlich, Gouverneur Coutenceau handhabte beweglich die Garnison, obwohl Stegemann gewaltig den Nachteil übertreibt, den seine Ausfälle je bereiteten. Er bewahrte nicht mal Außenstellungen, wie Malancourt vor dem Fall; Sarrail selber stand unter Pressung Mudras, obschon dessen Flankenspitze Ippecourt verloren ging. Die östlichen Ausläufer der Joffre-Offensive schlugen fortan hier nur matte Wellen, es blieb für Sarrail mißlich, daß er dauernd an den Côtes empfindliche Rückenbedrohung spürte, was zu den späteren Massenstößen Dubails zwang. Doch was wog diese Unannehmlichkeit im Vergleich zum 10. September, wo ihm der Kronprinz schon Vernichtung ansagte! Gewiß war dessen südliche Spitze bei Loupy etwas weit von ihrer Basis Varennes entfernt und eigene Seitenbedrohung durch den festen Drehpunkt Verdun durfte nicht vernachlässigt werden, gerade deshalb hätte man zwei der aus Lothringen abrollenden Korps dem Kronprinzen übergeben sollen, statt daß dieser 136., 114. bei ihrem Vorbeizug anhalten mußte, um sich zu stärken. Hier hätten sehr wichtige und große Ergebnisse von strategischer Tragweite erzwungen werden können, während drüben Sarrails so vollblütig sich gebärender Angriffszorn an der Maassenke schon gleich einen hippokratischen Schwindsuchtskeim verriet. Joffre verhieß sich nichts davon, sonst hätte er Sarrail nicht gleich um drei Divisionen geschwächt, beiderseits legte man ungebührliches Gewicht auf den Westflügel, wo weder Deutsche noch Franzosen damals ernstlichen strategischen Vorteil erzwingen konnten. Nichts bezeichnender für die Unklarheit der O. H. L. als die Gleichgültigkeit, mit der man die Lage der 5. A. betrachtete und alles Verfügbare nach Westen abdrehte, wo ein greifbarer Erfolg nur dann gewährleistet war, wenn man rechtzeitig, was nicht geschah, im Norden und nicht im Süden operierte. Noch bezeichnender aber für die unerbittliche Logik der Tatsachen, daß man sich 16 Monate später nun doch entschließen mußte, dem Kronprinzen die an Truppenumfang größte bisherige Unternehmung – die überhaupt größte bis zu Ludendorffs letzter Offensive – gegen Verdun anzuvertrauen. Nicht nur Falkenhayn, sondern auch Ludendorff verteidigten diese von der Fama angepöbelte Tat und sie haben recht. Nie seit der ersten Panik hat Frankreich so gezittert wie während dieser Sechsmonatsschlacht, das deutlichste Zeichen, daß dort

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