Bismarck 03
alles. Hatte man überhaupt im Anhäufen solcher Massen im Westen eine glückliche Hand?
Bülow schlug vor, Kluck keinerlei Verstärkung zu senden und die ganze 6. A. statt bei St. Quentin erst bei Amiens zu versammeln. »Diesem Vorschlag wurde nicht entsprochen«. Er war etwas kühn, was wir an sich Bülow anrechnen, es zeigt wieder, wie Erfolg – so faßte Bülow seine Reimser Schlacht schon am 20. auf – selbst Bedächtige anfeuert. Am 22. reifte sein Wunsch so weit, sofort mit Garde und Hessen abzureisen, um den Westkampf möglichst entscheidend zu gestalten. Nach seiner Berechnung sollte die Garde am 25. bei Ham sein. Hätte der Erfolg ihm Recht gegeben? Behielt angesichts solcher Massen Castelnau keine Beharrungsmöglichkeit und kam dann Aufrichten neuer Schutzwehr bei Arras–Bassée zu spät? Das ist sehr fraglich. Zunächst zog Bülow, was der Brite »übereilte Schlüsse« ( foregone conclusions ) nennt. Von den Hessen waren schon früher Teile unterwegs, als er angibt, doch schon am 20. stießen vier ihrer vorauseilenden Bataillone bei Roye auf den Feind. Es war also Castelnau schon am 20. in Bewegung, und da die Hessen erst Anfang Oktober ziemlich vollzählig anlangten, so rechnet Bülow höchst konfus mit Eingreifen der Garde am 25. Natürlich benutzte Joffre leichter sein Bahnnetz und ausgiebige Autodepots zur Massenbeförderung auf kürzestem inneren Wege, während die Deutschen auf Umwegen durch Nordfrankreich anrollten. Bis Garde, Hessen und gar 4. K., 14. R. K. eintrafen, war der Feind stark genug geworden. Versammlung der 6. A. bei Amiens unter den gegebenen Umständen war ein phantastischer Traum, gleichsam, als ob man am 5. Sept. die Losung ausgegeben hätte, die 1. A. solle ihren Sammelpunkt auf den Boulevard des Italiens oder nach Notredame verlegen. Außerdem mußte Sicherstellung der Etappen berücksichtigt werden, die durch Frenchs baldigen Aufmarsch bei Bethune schon überholt waren. Die O. H. L. verfügte daher Abschiebung der Badenser dorthin, die sich jedoch verspäteten, nur ihre Artillerie (siehe früher) erschien bei Liovin, wir glauben nicht an dortigen Gefechtseintritt von 40., 169., bislang vor Nancy, deren V. L. bis 1., 2. Okt. läuft, für welche beiden Tage man ihren Verlust berechnen muß. Um die Lücke zur Lys zu schließen und Offensivwerden Frenchs zu hindern, mußten also 7., 19. K. Hals über Kopf nach Lille. Statt von Versammlung bei Amiens zu träumen, hätte man der 6. A. von vornherein eine mehr nördliche Richtung geben sollen, zumal sie den Ausladepunkten näher lag. Saarbrücker und Hessen hätten vorerst genügt, um Castelnau festzubannen. Da sich die L. W. bei Bray und vor Arras festsetzte, so war von vornherein ein solider Rahmen gespannt, den man später nach Belieben ausfüllen durfte, die Bayern hätten sich sofort mehr nördlich ausdehnen sollen, um möglichst schnell an den Basséekanal heranzukommen, die Ankunft der Badenser erwartend. Es war strategisch gleichgültig, ob man bei und südlich Albert in Richtung Amiens vordrang, woraus unter den jetzigen Umständen, mit French in der Flanke, ja doch nichts werden konnte. Übrigens gaben die im Oktober noch gesteigerten und nach dem stürmischen Septembererfolg nicht vom Fleck kommenden Kämpfe der Saarbrücker sehr zu denken; Castelnaus Stellungen müssen taktisch sehr gut und schon genügend stark besetzt gewesen sein. Ja, wenn man schon am 20. gemeinsam mit Bahn einen Masseneinsatz hätte ausspielen können! Doch vor 25. war Prinz Rupprecht nicht in der Lage, kräftig loszugehen, es fand also auch hier wieder mal Verspätung statt. Was bedeutet das? Wenn Deimling, der am weitesten entfernt stand, am 12. bei St. Quentin war, hätten Saarbrücker und Münchner sicher spätestens am 18. das südliche Sommetal erreichen können. Dann freilich hätte sich vieles geändert. Es ging also, wie es bei zweifelhafter Umgruppierung zu geschehen pflegt, es blieb in der Ausführung eine Halbheit, man zögerte zu lange mit dem Aufbruch aus Lothringen, den wahrscheinlich Rupprecht mißbilligte. Nun hätte aber die nächste Sorge sein müssen, möglichst schnell auf Bethune auszugreifen, um die Verbündeten an der Lys von Belgien abzusperren. Statt dessen entstand anfangs eine unnütze übermäßige Anhäufung zwischen Fresnoy und Arras. Das lange dortige Abringen blieb strategisch wertlos und bedeutete Verzicht auf jede wirkliche strategische Offensive. Als eine solche an der Yser zu reifen schien, war es schon zu
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