Bismarck 03
strategischer Knicks und Knacks die französische Rüstung in allen Fugen lockerte. Doch die Ablenkung aller Kräfte nach Westen machte auch unmöglich, den Mihielkeil zu schärfen, Jahr für Jahr warteten wir umsonst auf Verständnis dafür. Joffre erkannte viel besser, wie ihn dort der Schuh drückte, er wollte dies Zwicken und Zwacken mit Massenopfern beseitigen, die bei Combres abgeschlachteten Hekatomben dienten doch wenigstens einem vernünftigen strategischen Zweck. Es empört, neben den ungeheuren französischen Verlusten auch die des 5. K. und der Metzer Bayernbrigade zu sehen, die dort allein neben schwerleidenden Teilen des 15. R. K. auf so wichtigem Posten standen. Wo immer man die Kraftverteilung wahrnimmt, war sie unpassend: Entblößung strategisch ausschlaggebender Punkte, unbehilfliche Massenhäufung wie bei Ypern, als dort schon nichts mehr zu hoffen war, immer verspätet. Man ist froh, erst 5, dann nochmals 10 D. für November und Frühjahr nach Rußland abrollen zu sehen, wo sie teils in Meisterhand entscheidende Einwirkung übten, teils wenigstens (Mackensen) strategisch unfruchtbare, aber blendende taktische Erfolge ernteten. In Frankreich herrschte fortan die richtige Ermattungsstrategie, die es verlockend findet, wenn der Feind sich unsanfte Beulen holt, ohne die eigene moralische Schwächung durch Offensiverschütterung feindlicher Initiativen zu bedenken, und im übrigen den Gott der Schlachten einen guten Mann sein läßt.
Man soll nicht verlangen, daß gewöhnliche »Feldherrn« napoleonisch denken oder Unterführer das Ganze sehen statt des eigenen bestimmten Befehlskreises, doch es war wenigstens ein Segen, daß nachher ein Bülow und Kluck nicht mehr glänzten und andere Unterführer mehr hervortraten, denen bescheidenere Unterordnung gegeben war. Doch die Dürftigkeit der O. H. L. versteifte sich teils auf rein taktische Gesichtspunkte teils gebrach ihr rechtzeitige Einsicht für strategische Belastungspunkte. Es ist wieder bezeichnend, daß man später selber unsere Rüge betreffs falscher Massenanhäufung südlich Arras bestätigte und nacheinander 6 Divisionen von dort entfernte. Das Muß der Wirklichkeit korrigiert so die Schnitzer, wenn es zu spät ist. Wie oft konnte großer Zeitverlust ohne merklichen Gewinn bei unrichtiger Gruppierung vermieden werden. Wie sehr hätte Joffre sich gehütet, sein Westmanöver auszuführen, wenn ein einheitlicher Wille zwischen Argonnen und Mihiel zum Schlage ausholte! Wie Großes hätten dort die beiden fürstlichen Heerführer, die einzig wirklich befähigten auf dem westlichen Kriegstheater, zusammen erwirkt! Wir wiederholen zum Überdruß: Absendung von 4 D. zur Hauptfront hätte als Verstärkung genügt, mit den übrigen 12 dorthin verschickten hätte man in Lothringen einen großen Sieg errungen. So erscheinen die Mißgriffe der Marneschlacht nicht als einzelnes »Pech«, sondern allgemeines Symptom für schwankende Unklarheit. Joffres Entblößung der Lothringer Front gerade im kritischsten Augenblick hätte ihm glatt den Feldzug kosten können, statt dessen fing er zwei Fliegen mit der Klappe, da auch dort grundloser Rückzug alle bisherigen Früchte preisgab. Er? Wahrlich nicht, sondern die allgewaltige Vorbestimmung, welche die scheinbar zufällige Kausalität geheimnisvoll aus innerer Notwendigkeit entspringen läßt. Dies unvergleichliche deutsche Heer mußte nach Heldentaten, wie die Welt sie nie gesehen, einem geisttötenden »legitimen« System erliegen. Vielleicht gehörte es auch mit zum System der Generalstabshalbgötter, daß die Klucklegende sich immer weiter spann, wie im Singsang eines Amerikaners auf Herrn Kluck » who won´t be turned «, als dieser schon ausgeschaltet auf dauernden Urlaub ging, ohne »Eichenlaub«, wegen angeblich schwerer Verwundung verabschiedet und im langen Weltkrieg nie wieder mit irgendwelchem Posten betraut. Dies sollte Autoritätsgläubige lehren, wie man an maßgebender Stelle dachte. Bülow freilich erhielt beim Abtreten unberechtigterweise den Marschallstab, eine hohe nur Hindenburg gebührende Würde, die auch noch durch Verleihung an Mackensen und gar Eichhorn entwertet wurde.
Die hartnäckige Verbissenheit der Briten und die wilde Leidenschaftlichkeit der in Ehrenpunkt reizbaren, obwohl sonst kühlskeptischen Franzosen ist weit eher geeignet, jusqu´au bou the knok – out durchzuhalten in Erraffung selbstischer Zwecke. Das Säbelrasseln vor Jena, die persönliche Tapferkeit in der
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