Bismarck 03
Gleichwohl versteifte man sich noch monatelang darauf, immer wieder unfruchtbar dort anzupacken, wo man doch nie so tief in des Feindes Zentralstellung hineinfassen durfte, wie am Süden. Dieser Grundfehler entsprang der aussichtslosen Keilerei im Osten, wo man im Doppelsinne »grundlos« durch Moräste und Blutbäder watet. Von Anfang bis Ende wäre Defensive im Norden und Osten, äußerste Offensive im Süden die richtige Haltung gewesen. Statt dessen Wegreißen von 3 D. der Südgruppe nach Rußland. Allzuviel ist ungesund. Das für Rußland Nötige konnte man ebensogut und viel zweckmäßiger der Mittelfront entnehmen, statt grade hier auszusetzen, wo schon die schwere Artillerie ein Loch schoß. Die vorgefaßte Tendenz geht so weit, die Novemberschlacht nur wie ein Anhängsel der Oktoberschlacht, gleichsam eine Nachgeburt zu behandeln. Denn es ist natürlich peinlich zu gestehen, daß 4., 6. Art. nicht ineinandergriffen. Deshalb läßt die G. St. Schr. überall schon schwere Artillerie losdonnern, wo man noch keinen Ton von ihr hörte. Am 1. Nov. war keine entscheidende Wendung in absehbarer Zeit zu erwarten, weil der Feind die Gefahrlücke mit frischen Waffen schloß. Immerhin gab es theoretisch keine schlimmere Lage, als die der Verbündeten; überblickt man die schlechtesten der Kriegsgeschichte. Je weiter sie ostwärts hämmerten, desto näher rückte der Rückschlag, daß deutsche Artillerie aus Nord und südlich Ypern den Kanal in einem Engpaß beschoß, wo die schmale Durchschlupfpforte nach Südwest sich gerade durch die Überschwemmung verengte. Man tadelte Napoleon, daß er am 17. Okt. 1813 nicht von Leipzig abzog. Genau die gleichen Verhältnisse, wie an jenem 19. Oktober wären hier am 19. Nov. eingetreten, falls French–Foch den strategisch selbstverständlichen Rückzug endlich antraten. Es war so, als ob damals Ginlay, statt aus dem Weg geworfen zu sein, in Lindenau und Blücher schon in der Hallischen Vorstadt gestanden hätten. Und dennoch rückten die Verbündeten nicht ab, und wieder rettete sie die so beliebte Umgruppierung, die uns im September den entscheidenden Sieg in Lothringen kostete, auch bei Ypern. Hier lag jetzt die Entscheidung; aufs äußerste zu durchkämpfen; mochte darüber die recht wacklige russische Dampfwalze über die schlesische Grenze rollen. Brauchte Hindenburg Verstärkung? Warum ließ man es dazu kommen, daß die Flandernschlacht 10 Tage später begann, als angemessen? War die Angelegenheit am 1. Nov. erledigt, dann brauchte man nicht solche Massenanhäufung und die Verstärkungen rollten viel eher nach Rußland. Der gleiche Rechenfehler wie im September. Russische Langsamkeit stand schwerlich vor Anfang Dezember bei Hohensalza und wenn schon! Bis dahin war Entscheidung bei Ypern längst erzwungen; schlimmste Niederlage der Verbündeten hätte ihre Stimmung so niedergedrückt, daß kein russischer Vormarsch mit Hindenburg im Hintergrund sie heben konnte. Krieg ist kein Lotteriespiel, hier spielt man selber Trümpfe aus, so gut man kann. Über den Vergleich mit Schachspiel machte sich Tolstoi lustig, weil im Krieg oft der Turm ein Bauer und der Bauer ein Turm sein kann. Ein leidenschaftliches Drama ist kein Hantieren am Schachbrett. Gleichwohl muß man die »Eröffnungen« kennen und dem Schachmeister ist in beschränktem Maße gegeben, was des Kriegsmeisters Kombinationsgabe ausmacht. Simultan- und Blindspiel zeigt etwas von dem, was der Feldherr haben muß. Geistesgegenwart divinatorischen Hellgesichts das »hinter die feindliche Front sieht« und das Ferne sichtbar überschaut. Als ödes Hämmern auf beiderseitige Truppenwände in den Nebelmond hinüberspiegelte, umqualmte Nebel der Ungewißheit die Flandrische Ebene, die kein Sonnenstrahl sieghaften Hellblicks durchbrach.
Statistik, allgemeiner Überblick.
I.
Als Amphibien im Wasser zu kämpfen, brachten die Brandenburger nicht fertig, doch das Angstmittel der Überschwemmung beraubte auch den Gegner der Bewegungssicherheit. Gleichwohl ging das nutzlose Ringen im Norden fort und erst recht im Osten. Nur tiefe Unkenntnis zeitigt Blüten wie die der G. St. Schr., daß 4. A. bald zum Sappenkrieg überging. Auch ist kindisch, bei der durchaus nebensächlichen Rolle der 26. D. nach Wegnahme Messines zu verweilen und dafür nichts von großartigen Heldenkämpfen des 26., 27. R. K. auch im November zu wissen. Sie nebst ihnen zugeteilten Ers. und L. W. Brigaden verloren allein 16 800 (5 ½ D.), die Nordgruppe (6 D.)
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