Bismarck 03
Ruhe verlegte und die Schlachtreihe durch Abtrennung zahlreicher Körper schwächen durfte, zeigt die Erschöpfung und Verblutung auch auf französischer Seite. Ein Hauptgewinn lag darin, daß die deutsche Artillerie jetzt meist genügend geeignete Stellungen fand und den ganzen Ypernbogen beherrschte. Poperinghe lag schon unter ihrem Feuer. Indessen erweiterte sich der deutsche Erfolg sehr ungleichmäßig.
»Zu spät« und »zu früh« sind im Krieg peinliche Gegenpole, Übervorsicht und Überstürzung schaden beide, Vorsicht und Kühnheit gelten als richtig nur von Fall zu Fall. Erst sollte Beseler warten, bis Albrecht auf gleiche Höhe kam, und verlor damit rasche Yserüberschreitung; dann wieder wartete der verspätete Albrecht nicht auf Mithandeln Fabecks, ohne sich zu vergewissern, ob er im Oktober ihn stützen könne. So alarmierte man nur selber den Feind, den ihm zugedachten Streich durch Anhäufung von Widerstandsmitteln zu parieren. Ein Glück für uns, daß French-Foch und ihr Schutzpatron Joffre mit unverdrossener Naivität Entscheidung im Osten suchten und kaum den eigenen Gefahrpunkt deckten. Von der G. St. Schr. erwartete man umsonst Aufschluß, ob die Sage stimmte, Ypern sei einmal erstürmt worden. Ein Major erzählte anregend davon in den »Münchner N. Nachrichten«, er habe nur einen Gefangenen zu machen erlaubt, um den Kerl nach Feststellung von Dumdum zu füsilieren! Die Briten hätten dann die Stadt zurückerobert und hierbei alle deutschen Verwundeten erstochen. Das Gerücht lief um, daß man mal tief in Ypern eindrang. Andererseits paßt aber ähnliche englische Schilderung, Deutsche hätten bei Regensturm, den Wind gegen sich, lautlos herankriechend die Besatzung überrumppelt, indem man frühere Behauptung zurücknahm, Langemark sei unangetastet geblieben, nur auf diese einzige Stadt der Umgegend. Britische Massen hätten morgens die rauchende Stadt zurückerobert, doch mit welchem Verlust! »Regimenter schmolzen auf Kompanien«. Doch wie kamen im November Engländer nach Langemark? Deutscher H. B. schweigt und tut wohl daran, denn kurze Lichtblicke wie vorübergehende Besitzergreifung von Langemark oder Ypern bringen keine Erfolgsonne. Alles in Allem sah die Lage am Schluß nicht so rosig aus, wie man uns weismachen möchte, aber auch durchaus nicht so schlecht, wie die Ententeberichte täuschen. Unstreitig wurden die ganze nördliche und nordöstliche Seite der deutschen Schlachtordnung mehr oder minder aus ihrer bis 14. gewonnenen Linie Steenstrate, Het Sas vor Langemark verdrängt, doch gewann und behauptete man Dixmuide und Merkem, obschon fr. 38., 42. D. bis Knocke und nahe vor Merkem vorrückten. Auch die Poelstellung wurde teilweise behauptet. Im Zentrum war zwar den Stürmen auf Zonnebeke–St. Julien kein Glück beschieden, doch die Linie Paschendaele–Reutel ging erneut in deutschen Besitz über, und obschon Polygonwald unangetastet blieb, muß betont werden, daß die Garde zwar jenes ominöse Wäldchen verlor aber nicht Nonnebosch, denn sie ging später erneut im Herethagewald vor und eroberte ihn im Dezember ganz. Deimling machte nicht sehr nennenswerte Fortschritte gegen das tapfere (von Lothringen her wohlbekannte) 16. K. und die Reste der 1., 7. engl. Div., immerhin wurde Frenchs Stellung Gr. Zillebeke peinlich eingeengt. Obschon wir mit den Fortschritten der Gruppe Gerock nicht so zufrieden sein können, wie der schwärmende Offiziosus, so gab es doch hier eine regelrechte Niederlage der Alliierten, gekrönt durch Wegnahme von St. Eloi. Damit man uns nicht unterschiebe, wir verkleinerten die Leistung der so oft ruhmvoll bewährten Pfälzer, so wollen wir voraufschicken, daß sie und 6. b. R. D. sich von da ab, wo sie allein die ganze Last der Südfront trugen, erhebend benahmen. Ihr wahrer Ruhm beginnt erst im Dezember und ist unlöslich an diese Stätte gekettet, die sie bis Jahre hinaus trotzig und mit wunderbarer Geschicklichkeit gegen übermächtigen Andrang festhielten.
Um die Wahrheit zu erfaßen, müssen wir vorher noch einen Blick auf die gegnerische Darstellung werfen. Admiral Tschitschagof sagt in seinen ungedruckten Memoiren, daß Lügen zum russischen Kriegssystem gehören, doch es schmerzt uns in der Seele, als Forscher zu erfahren, daß im Schwindeln die britische Glory allen Andern über ist. Verwundern wird unsere Meinung, daß die Franzosen, die es im Privatleben nicht so ernst nehmen wie die Briten, trotz aller Glorienschminke kriegsgeschichtlich am
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