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Bismarck 04

Bismarck 04

Titel: Bismarck 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Hartmannsweilerkopfs ein weltbewegendes Ereignis wäre, unter gegenseitigen Bezichtigungen der Unwahrheit, machte den braven Berg berühmt von Aufgang bis Niedergang. Die trockene deutsche Meldung, daß »der Feind sich im Besitz der Kuppe setzte, der Kuppenrand wird von Unsern gehalten« entsprach nicht der prachtvollen Erstürmung des Gipfel-Blockhauses, wo in leuchtender Frühlingssonne des 26. die Trikolore prangte, und dem begleitenden Verfolgungsfeuer am Osthang, doch daß man dort 700 deutsche Leichen unter der Schneedecke vorzog, ist lächerlich erfunden. Manchmal schläft der gute Vater Homer und die Entdeckung, blindes Vertrauen zu deutscher Berichterstattung sei nicht angängig, gab dem Feind Gelegenheit, sich drüber aufzuhalten. Doch wenn von Natur gewissenhafte Deutsche nicht bei der Stange bleiben, was erwartet man da von Tartarin aus Tarascon! Eitler Hang zum Großtun entstellt ja immer die wirkliche Bravour des Cyrano von Bergerac, dessen lange Nase keinen Nasenstüber des Mißerfolges verträgt, aber sich stolz in die Luft hebt, wenn Chanteclair irgendwo den Cadets de Gascogne eine Marseillaise vorkrähen kann. Damals verwandten die edlen Franzmänner schon Stinkbomben mit übelriechenden Gasen, das war ihr heiliges Menschenrecht, dagegen Barbarei und Niedertracht, daß die eigene Stinkerei nichts taugte und die Boches sie mit schändlichen Gasangriffen erkleklich überstanken. Ja, Bauer, das ist ganz was anders!
    »On les aura par la mitraille« wurde Schlagwort. Langle's 30  km umfaßende Kanonade schlug bald nicht mehr den Rekord. Hätte man je solche Bestreuung geahnt, würde man noch schärfer gepredigt haben, heutige Heere könnten derlei nie ertragen, jede straffe Gliederung müsse wegfallen. Doch der Weltkrieg machte den Wahn zu nichte, daß geschlossene Kolonen sich nie unter solche Feuerzone wagen würden, selbst Schützenschwärme hatten besondere Dicke. Nun, man hat es doch ertragen, aber fragt mich nur nicht wie. Auch Nahkampf mit blanker Waffe galt als altmodisch überlebt, jetzt machte man davon Gebrauch, wie nie zuvor. Opfermut und Ausdauer erhoben sich durchweg zu einer Höhe, wie sehr selten in vergangenen Kriegen. Aufreibendsten Stellungskrieg überdauerten die Franzosen mit einer Geduld, die ihre reizbaren Nerven ärger abspannen mußte als bei den an kaltblütige Pflichterfüllung gewohnten Deutschen. Daß die Gallier beim Angriff möglichsten Elan entfalteten, versteht sich von selber. Prinz Oskar schenkte aber die Belehrung, nach dem Kriege müsse kgl. preußischer Stechschritt erst recht geübt werden, das Schicksal versagte dem frommen Wunsch. Bei Reserveregimentern erwartet man wohl keine Anhänglichkeit an Kasernismus, der doch minder anfeuert als »jugendliche Begeisterung«, die dem jugendlichen Verfasser nicht imponiert! Jugendliche und ältliche Jahrgänge bei Ypern und im Elsaß zeigten zugleich Begeisterungs- und Leistungsfähigkeit, in Rußland taten L. W. und L. St. Wunder. Tüchtigkeit der Rasse bedarf keiner exklusiv militärischen Hymnen auf Griffekloppen, die auch darin austönen: »Die Gardeschützen hatten eine Freiwilligenkompagnie, sie verrichtete unvergeßliche Heldentaten«. Oho! diese unvergeßlichen Gardefreiwilligen müssen recht behutsam mit ihrem Leben umgegangen sein, denn die gesamten Gardeschützen verloren hier 75 Köpfe! Was sagen die armseligen Reservefreiwilligen von Ypern dazu? Doch Garde bleibt Garde, ihre Freiwilligen sind aus besonderem Metall, nicht wahr? Genug von solchen jugendlichen Scherzen! Die Kommißpredigt schweige, wenn in den Vogesenschneehalden mit Alarmklingeln an jedem Astverhau unter ausgespanntem Telefonnetz sich schlichte süddeutsche Wehrmänner so überwältigend auf die stolzen Alpins stürzten, daß sie sich willenlos ergaben. Eine gedrilltere Berufsspezialtruppe als diese Alpenjäger gab es nie, doch was vermochten sie gegen alte Familienväter der Tiefebene, aus ihrer Heimarbeit in Acker und Werkstatt unter Gebirge und Trommelfeuer versetzt?
    Bis voriges Neujahr begrub Frankreich schon 340 000 Söhne, man konnte ahnen, wie die Ziffer bis übers Jahr sich ausnehmen würde. Offizielle englische Angabe im Mai flunkerte von 280 000 britischem Gesamtverlust, der Speaker plauderte im Parlament 500 000 aus, gibt es krausere Selbstüberführung? Der Strohmann des »Daily Liar«, der aus einer Redaktionsstube in die andere »aus Kopenhagen« erfinderisch telefonierte, war glücklich so weit, 1915 schon 2 Mill. Deutsche

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