Bismarck 04
früheren Anfangsstellung verlor. Haigh war in Unruhe. 20 Div. waren kampfunfähig verbraucht, wovon 3 aufgerieben, dabei 1. Gardedivision, die man bisher wiederholt erneuerte. So bedurften die noch vorhandenen 70 Div. starker Auffüllung, ebenso 107 franz. zwischen Ypern und Reims, obschon Frankreich schon alle irgendwie Waffenfähigen bis zum 50. Jahr einberief. Auf die Prahlerei folgten Wehklagen und Schimpfen. Gleichwohl wäre dies Kriegsjahr ohne Kriegsende im Osten und Tolmeinschlacht im Süden das unglücklichste für uns gewesen, nie hatten wir solche unverkennbare Rückschläge durchgemacht. Als Entlastung erst für Rußland und später für Italien gedacht, verfehlten die feindlichen Offensiven ihren Zweck, doch hatten uns übel zugerichtet, unsere Linien gestört, verwirrt, obwohl nirgends auseinandergerissen. Daß Hindenburg ganz richtig jede Offensive bis Jahresende einstellte, faßte die Entente so auf, als habe man die O. H. L. auf grundlegendem Fehler ertappt, im Vorjahr bei Verdun zwecklose Schießerei zu veranstalten. Ludendorff verteidigt in seinem Buch diesbezüglich seinen Widersacher Falkenhayn und Offensive Frühjahr 1916 war vielleicht zweckmäßig, doch ihr Stoßziel falsch, was L. umsonst zu rechtfertigen sucht. Wie wir ihn von der Ostfront her kennen, hätte er sicher nicht Verdun gewählt. Indessen war das Unglück nun mal geschehen, und wenn man sich nutzlos schwächte, so hatte doch auch der Feind 1916 sein Blut in Strömen vergossen. So skeptisch wir aber bezüglich seiner Streitmacht 1916 waren und 3 Mill. Franzosen 2 Engländer in der Front nicht gelten ließen, so bestreiten wir keineswegs solche Ziffer für 1917. Früher nur 60, besaßen die Briten jetzt 90 Div. und die Franzosen wahrscheinlich 140, alle stark formiert, zusammen mindestens 3800 Batl., während 200 deutsche à 3 Regt. nur 1800 ausmachten. Gleichwohl hatte »doppelte Übermacht«, wie englische Kritiker später zugeben, uns früher nie angefochten. Diesmal aber boten unsere stärksten Stellungen an der Aisne und artilleristisch bei Ypern keinen genügenden Schutz gegen Überranntwerden. Das war ein schlechtes Symptom und schien der neuen Siegeszuversicht, die sich der verbündeten Heere bemächtigte, Recht zu geben. Bei den frischen englischen Massen war dies nicht auffällig, doch es verdient hohe Anerkennung, daß die Franzosen in ihrem halbverbluteten Zustand immer wieder die Trikolore erhoben. Indessen scheiterte trotz taktischer Erfolge der strategische Zweck, wenn ein solcher vorhanden war, was wir nur für die gewagte Offensive in Flandern vermuten können, die über Erwarten taktisch glückte, doch keineswegs strategisch ausreichte, um die Linie Roulers–Gent–Zeebrügge zu gewinnen. Vielleicht hätte sich beim jetzigen großen Stärkevermögen für Haigh empfohlen, überhaupt nicht gegen Lille–Cambrai zu operieren, sondern seine Hauptmacht nach Flandern zu werfen, um möglichst dort die deutsche Flanke aufzurollen und die wichtigsten Etappen zu zerstören. Auch Nivelle's Angriffsrichtung hätte weit besser am linken Flügel über St. Quentin gelegen, statt frontal über die Aisne anzulaufen. Übrigens hatte die jetzt gewonnene Stellung etwas Bedrohliches, teils die Aisne, teils die Somme im Rücken, falls die Deutschen eine kraftvolle Offensive ergriffen. Jedenfalls wäre 1918 für uns alles wieder im besten Geleise gewesen, wenn nicht andere Faktoren verderblich mitsprachen.
Der Jahresanfang verging dem Feind in fieberhafter Spannung des Wartens und solcher Ungewißheit, daß der neue G. St. Chef Foch, der 30 D. als Reserve ausschied, deutschen Gewaltstoß nur bei Cambrai und Reims erwartete, beiläufig ein Armutszeugnis für sein strategisches Denken. Was hatte Ludendorff dort zu suchen? Sein Ziel konnte nur ein größeres sein. Diesmal versammelte Hindenburg tunlichst die im Osten verstreuten Divisionen um sich, 44 rollten bis Ende März an, 15 andere im April und Mai, 9 noch im Oktober. Schon im Februar standen zwischen Yser und Aisne 192 deutsche (1735 Batl.) 167 verbündeten Div. (rund 2500) gegenüber, ein viel günstigeres Verhältnis als je zuvor. Doch von Tag zu Tag verschob L. die Offensive, weil er erst sein Material sichten und überprüfen wollte. Witterungshemmnisse kamen wohl kaum in Frage, da man noch zu Neujahr erfolgreich bei Cambrai focht. Wir halten aber diese Verzögerung für ein großes Übel, sie ließ dem Feind Zeit, seine Wunden zu verbinden und sich zu fassen, neue
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