Bismarck 04
die Marokkaner zerschmettert am Boden, die Fremdenlegion hatte längst keine Offiziere mehr. Jetzt erschien Foch persönlich, unter ihm wurden die Meldungen wenigstens ruhiger und sachlicher. »Die Deutschen wichen nur im äußersten Notfall«, bekennt er am 9. Juni, schwindelt nie von vielen Gefangenen (einmal zitiert er gar nur 18!), »zahlreiches Material« schrumpft ehrlich auf »15 zertrümmerte verschüttete Masch. G., 1 Gesch.« ein! Dann berichtet er ernst über furchtbare deutsche Kanonade. Obschon auf einzelne Batteriestände 600 Granaten niedersausten, hielt sich unser Artillerieverlust in bescheidenen Grenzen, und wenn allein bei Neuville im Mai-Juni 300 000 Granaten niedergingen, so entsprach die Wirkung nicht so wahnwitzigem Verbrauch, während unvermeidliche Aufeinanderpackung flüchtender Sturmhaufen jeden französischen Rückgang unter Sperrfeuer zur Todeszone verwandelte. Doch die Massen verdichteten sich so, daß unser Schnellfeuer sozusagen nicht nachkommen konnte, da der immer neue Menschenersatz jeden Feuereinsatz überwog. Foch verschmähte nicht Verabreichung von Spirituosen, hielt nicht unter seiner Würde, durch Mitrailleusen im Rücken zur Flucht Geneigter den Todesmut zwangsweise aufzustacheln. Auch sanken die Führer – manche fielen tapfer – aufs Niveau Haighs, indem sie ihren Truppen ihre vierfache Übermacht versicherten (Tagesbefehl aus 33. K.), so maßlose Übertreibung konnte dem H. B. nur willkommen sein, der seinerseits gegen Joffres unwürdige Aufbauschung des »Sieges« schwadronierte wie nach der Winterschlacht: die deutsche Stellung sei unversehrt. Nichts da! Fast das ganze Gebiet, das man im vorigen Oktober eroberte, ging verloren. Lorettohang, Weißer Weg, Weißes Haus, romanische Kirche von Ablain, Kirchhof von Carency, Zuckerfabrik von Souchez, all diese Punkte bezeichneten Etappen der französischen Fortschritte. Freilich bedeutete dies wenig, so lange die Artilleriestellung des Vimyrückens gesichert. Deshalb rühmt man die Rheinländer besonders, weil sie noch im Juni zum Schutz der Massenbatterie dienten. Bei Rollincourt erschien eine gemischte Brigade, wobei 3 Batl. des Münchener K., das aber im Mai nur 65, im Juni 265 verlor, also dauernd geschont. Außerdem allen Ernstes 2 Pfälzer Batl. aus Ypern! Die 1. R. D. machte hier noch am 30. alle Eindringlinge mit Bajonett und Handgranaten nieder und verlor im Mai nur 2300 (?), dagegen 5. R. D. angeblich 6000, wobei offenbar ihr eingereihte 39. L. W. mitgezählt. Sie schied aus, doch am linken Flügel erlosch die Schlacht keineswegs am 17. Juni, wie das Bayr. Kr. Arch. angibt, noch hatte Armins 7. D. südlich nicht »ruhige Verhältnisse«! Man focht ununterbrochen bis 23. Juli. Die erbitterten Bayern, die bis dahin nochmals 5400 verloren, gaben keinen Pardon, die Fama häuft wieder auf sie den Hauptruhm, doch auf Armins Front raste die Junischlacht mit besonderer Heftigkeit, für seine treuen Regimenter wie für die Münchener Reservedivision war sie am blutigsten. Ihr riesiger Maiverlust verminderte natürlich die französischen Massen, doch rückten neue Divisionen ein, 3. K. löste die Marokkaner ab, 77. D. stürmte; die Deutschen stiegen aber auf 103 Batl. (auch 3 hessische dabei) und im Juli gewann ihr eigener Gegenangriffsentschluß an Deutlichkeit.
Prinz Rupprecht gewann sie nicht, aber verlor auch nicht die Schlacht. Aber gallischer Triumphpose lastete Beklemmung, bisher hielt Überspannung die Nerven aufrecht, jetzt klappten sie zusammen. Wenn ein Flor düstern Ernstes über den Deutschen hing, so zitterte das Furchtbare überstandener Bedrängnis minder bei ihnen nach als bei den Franzosen, deren leichtherzige helle Freude in dumpfe Betrübnis überging. Ces terribles boches schienen nicht geneigt, sich überwunden zu erklären. Nachdem drei schlesische Regimenter die ganze Umgegend von Souchez säuberten, ließ sich voraussehen, daß man wie in der Champagne dem »Sieger« den Bodengewinn nicht gönnen werde. Schon beriefen sich Fochs Meldungen auf Nebel, Regen, »erstickende Gase« wie allemal, wo es der Entente brenzlich wurde.
Joffre schielte schon wieder mit einem Auge nach der Champagne, on revient toujours à ses premiers amours, wo er mehr Bewegungsfreiheit hoffte, unstatthafte Selbsttäuschung. Dort spürte man so wenig ein Einstellen der Tätigkeit wie vor der Winterschlacht, doch verstand nicht die Wetterzeichen. 8. K. kehrte diesmal nicht dorthin, sondern nach Rheims zurück,
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