Bismarck 04
Briten, die bis Namur durch die Luft fliegen sollten, wolle man bei Mezières die Hand schütteln und das deutsche Dreieck zwischen Somme und Aisne in die Luft sprengen! Luftikus! Was blieb von solcher Großsprecherei? »121« Geschütze, die später wieder jungten auf 150, wer zählte sie! Ihm war zuzutrauen, daß er M. G. mitzählte, da solche nicht genannt, oder Grabenkanönchen. Nun, wir verloren, so weit unser Wissen reicht, 56 Geschütze. Zu mehr verstehen wir uns nicht, da ein Teil verlorenen Materials von Sachsen und Rheinländern zurückerobert. 25 000 Gefangene? Wo Einzelheiten geboten, fiel die Ziffer viel kleiner aus, an einer Stelle war man mit »200« zufrieden! 23 000 in späterer Schätzung inkl. Arras und Loos? Doch Foch meldete nur 1500, French 3000, was außerdem wahrscheinlich unwahr, man kennt ja Frenchs Phantasie, im Juni gab Foch übrigens nur 164 an, während wir damals 1166 Gef. machten. Ohne Zweifel zählte Joffre nach gewohnter Art alle liegengebliebenen Verwundeten und Verschütteten, doch auch so gab er nur 17 371 an als »nach Chalons transportiert«, bringt also seine eigene obige Ziffer um. Daß man deutscherseits 10 932 Gef. zählte, scheint übertrieben, G. St. Schr. zählt nur 7000. Aber »noch nicht 20 000 Tote« und dies »ein Fünftel« des französischen Verlustes, wohlbemerkt nach der unwahren Voraussetzung eines nur bis 10. Oktober währenden Hauptkampfes? Da jede präzise Ziffer vermieden wird, soll solch vage Andeutung wohl auf geringeren Verlust schließen lassen, als er wirklich war, da das Publikum kaum zwischen Toten und Verwundeten unterschied, gesteht aber unwillkürlich die Nichtigkeit unserer Berechnung und die lange Kampfdauer, denn bis 1. Dezember verlor man wirklich ungefähr 20 000 Tote, d. h. über 70 000 Gesamtverlust. Beanstanden wir aber die vergleichsweise Ziffer französischen Verlustes? Im Gegenteil. Daß er schon bis Anfang Oktober »100 000 Tote« betrug, ist natürlich Unsinn, im Bann der falschen Vorstellung früher Hauptschlacht. Doch bei 36 D. in der Vorderzone (5 andere wohl nicht mehr eingesetzt) war die Hälfte ruiniert. Bei Durchschnitt von 50 % macht dies schon 160 000 bei aufgefüllten Divisionen inkl. Chasseurs, bei 30 % für die anderen D. zusammen 260 000. Doch dieser Prozentsatz ist zu niedrig, es gab Bataillone, die nur ein Fünftel (1300 v. 1600 Chasseurs), ja nur ein Siebentel zurückbrachten. Man muß 50 % für die ganze Masse inkl. Kav. und Art. rechnen und erhält dann 350 000, was bis 1. Dezember nicht zu hoch gegriffen. So versiegte natürlich die Kraftquelle, die Blutung rann so endlos aus, daß die Verbündeten endlich ihren Eifer sänftigten.
Die bisher blutigste Schlacht der Kriegsgeschichte gewinnt erst durch unser statistisches Gerüst die richtige Gestalt. Beide Parteien hatten ein Interesse daran, die Septembertage grausig-schön zu schildern, und die große Oktoberschlacht aus dem Licht zu rücken, die Einen, weil ihr »Sieg« dort eindunkelt, die Andern, weil sie den löblichen Wahlspruch widerrufen müßten, bis 3. Oktober sei der durch Überraschung geglückte Anfall erledigt gewesen. Wir, die so oft amtliche Unfehlbarkeit bestritten, sollen jetzt den treuen V. L. Mißtrauensvotum ausstellen? Schmecken wir in der lautern Quelle diesmal Unsicheres? Welche Gewähr haben wir für das liederliche Belieben, durch plötzliche Datenlosigkeit unrichtiger Verlustverteilung Freipaß zu erteilen? Wir halten uns an chronologische Reihenfolge und fahren gut damit. Jedem wird einleuchten, daß plötzlicher Ruhestand nach fünf Kampftagen und dann wieder plötzlichen Losbruch einfach darauf beruhen, daß Castelnau Ende September noch nicht seine Hauptmacht beisammen hatte und daher erst am 6. Oktober die Hauptschlacht begann. Tatsächlich fügte sich Joffre bei noch unvollendeter Umgruppierung nur schweren Herzens dem Regierungsbefehl zu sofortigem Losschlagen zur Entlastung Rußlands. Immerhin erweiterte er den Frühjahrsraumgewinn, dies »Haben« läßt sich durch H. B. nicht abstreiten. Doch wer vorwärts will und hängen bleibt, hat beim Schaden für den Spott nicht zu sorgen, die Durchbruchstheorie war ihm gründlich versalzen und ihre Wiederaufnahme 1916/17 lieferte nur den Kehrreim: Le jeu ne vaut pas la chandelle.
Noch dämpften weder aufreibender Stellungskrieg noch solche Mordschlachten die Kampflust der Deutschen, was den Feind in lähmenden Bann schlug, da er sich so ungeschmälerter Festigkeit nach
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