Bis(s) 2 - Bis(s) zur Mittagsstunde
dass ich davon angefangen hab.«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Wenn die Dinge anders lägen, wäre es schön, endlich mal mit jemandem darüber zu sprechen.«
Er nickte. »Ja, ich fand es schon schwer, mein Geheimnis zwei Wochen vor dir zu bewahren. Es muss die Hölle sein, wenn man mit gar keinem reden kann.«
»Ja, es ist die Hölle«, sagte ich.
Jacob atmete scharf ein. »Sie sind hier. Komm.«
»Soll ich wirklich?«, fragte ich, während er seine Tür öffnete. »Vielleicht ist es besser, wenn ich nicht dabei bin.«
»Damit kommen die schon klar«, sagte er und grinste. »Wer hat Angst vorm bösen Wolf?«
»Ha, ha«, sagte ich. Aber dann stieg ich aus und lief schnell vorn um den Wagen herum, um nah bei Jacob zu sein. Ich erinnerte mich nur zu gut an die riesigen Monster auf der Wiese. Meine Hände zitterten wie zuvor Jacobs, aber nicht vor Wut, sondern vor Angst.
Jake nahm meine Hand und drückte sie. »Auf geht’s.«
W ie eine Familie
Ich lehnte mich an Jacob, während ich den Blick auf der Suche nach den anderen Werwölfen in den Wald schweifen ließ. Als sie hinter den Bäumen hervorkamen, waren sie nicht das, was ich erwartet hatte. Ich hatte immer noch das Bild der Wölfe im Kopf gehabt. Jetzt waren sie nur vier sehr große halbnackte Jungs.
Wieder erinnerten sie mich an Brüder, an Vierlinge. Ihre Bewegungen, als sie sich auf der anderen Straßenseite aufstellten, waren beinahe synchron; sie hatten alle die gleichen langen, gewölbten Muskeln unter der rostbraunen Haut, das gleiche kurzgeschnittene schwarze Haar, und selbst ihre Mimik änderte sich zeitgleich.
Anfangs sahen sie neugierig und abwartend aus. Als sie mich entdeckten, wie ich mich halb hinter Jacob versteckte, wurden sie alle im selben Moment wütend.
Sam war immer noch der Größte, obwohl Jacob ihn schon fast eingeholt hatte. Sam ging eigentlich nicht mehr als Junge durch. Sein Gesicht war älter – nicht in dem Sinn, dass er Falten hätte oder gealtert aussähe, aber es war reifer, ein abgeklärter Ausdruck lag darin.
»Was ist passiert, Jacob?«, wollte er wissen.
Einer der anderen, die ich nicht kannte – Jared oder Paul –, drängte sich an Sam vorbei und platzte heraus, ehe Jacob die Sache erklären konnte.
»Warum kannst du dich nicht an die Regeln halten, Jacob?«, schrie er. »Was denkst du dir bloß dabei? Ist sie wichtiger als alles andere – als der ganze Stamm? Als die Leute, die umgebracht werden?«
»Sie kann uns helfen«, sagte Jacob ruhig.
»Helfen!«, rief der wütende Junge. Seine Arme fingen an zu zittern. »O ja, ganz bestimmt! Wahrscheinlich kann das Vampirliebchen es gar nicht erwarten, uns zu helfen!«
»Sprich nicht so über sie!«, rief Jacob.
Ein Schaudern durchfuhr den anderen Jungen, lief über seine Schultern und seinen Rücken herunter.
»Paul! Ganz ruhig!«, befahl Sam.
Paul schüttelte den Kopf hin und her, nicht aus Trotz, sondern als ob er versuchte, sich zu konzentrieren.
»Mensch, Paul«, murmelte einer der anderen Jungen, vermutlich Jared. »Reiß dich mal zusammen.«
Paul ließ den Kopf zu ihm herumfahren und fletschte verärgert die Zähne. Dann wanderte sein Blick zu mir. Jacob stellte sich vor mich.
Das gab den Ausschlag.
»Ja, nimm sie nur in Schutz!«, brüllte Paul außer sich. Noch ein Schaudern, ein Zucken durchfuhr seinen Körper. Er warf den Kopf zurück, und jetzt kam ein richtiges Brüllen aus seiner Kehle.
»Paul!«, riefen Jacob und Sam gleichzeitig.
Paul schien vornüberzufallen, er bebte heftig. Kurz bevor er den Boden berührte, ertönte ein lautes, scharfes Reißen, und der Junge explodierte.
Dunkelsilbernes Fell platzte aus ihm heraus und verschmolz zu einer Gestalt, die mehr als fünfmal so groß war wie er – eine monströse Gestalt, geduckt, sprungbereit.
Der Wolf bleckte die Zähne, und wieder erhob sich ein Knurren in seiner gewaltigen Brust. Der Blick seiner dunklen, zornigen Augen war auf mich gerichtet.
Im selben Moment rannte Jacob über die Straße und direkt auf das Monster zu.
»Jacob!«, schrie ich.
Mitten im Lauf wurde auch Jacob plötzlich geschüttelt. Mit dem Kopf voran sprang er in die Luft.
Wieder war ein scharfes Reißen zu hören, und jetzt explodierte auch Jacob. Er platzte aus seiner Haut – schwarze und weiße Stofffetzen flogen in die Luft. Die Verwandlung ging so schnell vor sich, dass ich sie, hätte ich nur einmal geblinzelt, nicht mitbekommen hätte. Jacob war in der Luft, und im nächsten Moment war er
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