Bis(s) 2 - Bis(s) zur Mittagsstunde
siehst du aber auch manchmal«, erinnerte ich sie.
Sie schüttelte den Kopf. »Nicht so deutlich.«
Ich seufzte. »Schade, dass du bei mir nicht Recht behalten hast. Mit dem, was du ganz am Anfang gesehen hast, noch bevor wir uns kennengelernt haben …«
»Wovon redest du?«
»Da hast du gesehen, dass ich eine von euch werde.« Ich formte die Worte fast nur mit den Lippen.
Sie seufzte. »Damals lag das durchaus im Bereich des Möglichen.«
»Damals«, wiederholte ich.
»Weißt du, Bella, eigentlich …« Sie zögerte, doch dann sprach sie schnell weiter. »Ehrlich gesagt finde ich das Ganze inzwischen mehr als lächerlich. Ich überlege hin und her, ob ich dich nicht eigenhändig verwandeln soll.«
Starr vor Schreck sah ich sie an. Ich wehrte mich sofort gegen ihre Worte. Eine solche Hoffnung durfte ich gar nicht erst aufkommen lassen, falls sie es sich doch wieder anders überlegte.
»Habe ich dich jetzt erschreckt?«, fragte sie. »Ich dachte, das wolltest du.«
»Das will ich auch!«, sagte ich atemlos. »Oh, Alice, tu’s jetzt! Dann könnte ich dir viel besser helfen – und wäre dir nicht länger ein Klotz am Bein. Beiß mich!«
»Pst!«, warnte sie mich. Der Steward schaute schon wieder in unsere Richtung. »Sei vernünftig«, flüsterte sie. »Dafür haben wir jetzt nicht genug Zeit. Wir müssen morgen Volterra erreichen. Du würdest dich tagelang vor Schmerzen winden.« Sie verzog das Gesicht. »Und ich glaube nicht, dass die anderen Passagiere es sonderlich gut aufnehmen würden.«
Ich biss mir auf die Lippe. »Wenn du es nicht jetzt gleich tust, überlegst du es dir bestimmt wieder anders.«
»Nein.« Sie runzelte unglücklich die Stirn. »Ich glaube nicht. Er wird wütend sein, aber was soll er schon machen?«
Mein Herz schlug schneller. »Nichts.«
Sie lachte leise und seufzte dann. »Du vertraust mir zu sehr, Bella. Ich weiß nicht mal genau, ob ich es kann. Womöglich bringe ich dich noch um.«
»Darauf lasse ich es ankommen.«
»Du bist wirklich seltsam, sogar für einen Menschen.«
»Danke.«
»Nun ja, im Augenblick ist das sowieso alles Theorie. Erst mal müssen wir den morgigen Tag überleben.«
»Wo du Recht hast …« Doch wenn wir diesen Tag überlebten, hatte ich wenigstens etwas, worauf ich hoffen konnte. Falls Alice ihr Versprechen hielt – und falls sie mich nicht umbrachte –, dann konnte Edward so vielen Zerstreuungen hinterherlaufen, wie er wollte, und ich konnte ihm folgen. Ich würde es gar nicht zulassen, dass er sich zerstreuen ließ. Wenn ich schön und stark wäre, bräuchte er so etwas vielleicht gar nicht.
»Versuch noch ein bisschen zu schlafen«, sagte sie. »Ich wecke dich, wenn’s was Neues gibt.«
»In Ordnung«, murmelte ich, obwohl ich mir sicher war, dass auf Schlaf jetzt nicht mehr zu hoffen war. Alice zog die Füße auf den Sitz, schlang die Arme um die Beine und legte die Stirn auf die Knie. Sie schaukelte vor und zurück und konzentrierte sich.
Ich lehnte den Kopf an und betrachtete sie, und als Nächstes sah ich, dass sie das Rollo zuzog und die schwache Dämmerung am östlichen Himmel ausblendete.
»Was ist los?«, murmelte ich.
»Sie haben ihm eine Absage erteilt«, sagte sie leise. Ich merkte sofort, dass ihre Begeisterung verflogen war.
Vor Panik blieben mir die Worte fast im Hals stecken. »Was hat er jetzt vor?«
»Zuerst war es ein großer Wirrwarr. Ich bekam nur Flimmerbilder, so schnell änderte er seine Pläne.«
»Was für Pläne?«, drängte ich.
»Eine Stunde lang war es ganz schlimm«, flüsterte sie. »Er beschloss, auf die Jagd zu gehen.«
Sie schaute mich an und sah, dass ich nichts begriff.
»In der Stadt«, erklärte sie mir. »Es war ganz knapp. Erst im letzten Moment hat er sich dagegen entschieden.«
»Er möchte Carlisle nicht enttäuschen«, murmelte ich.
»Wahrscheinlich«, sagte sie.
»Haben wir genug Zeit?« Während ich das sagte, änderte sich der Druck in der Kabine. Ich spürte, wie sich das Flugzeug abwärtsneigte.
»Hoffentlich – wenn er bei seinem letzten Plan bleibt, vielleicht.«
»Was hat er vor?«
»Er hält sich an die einfachste Methode. Er tritt einfach hinaus in die Sonne.«
Er tritt einfach hinaus in die Sonne. Das war alles.
Das würde reichen. Das Bild von Edward auf der Lichtung – glühend, schimmernd, als bestünde seine Haut aus einer Million Diamanten – war in meine Erinnerung gebrannt. Niemand, der das gesehen hatte, würde es je vergessen. Das konnten die Volturi
Weitere Kostenlose Bücher