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Bis(s) 2 - Bis(s) zur Mittagsstunde

Bis(s) 2 - Bis(s) zur Mittagsstunde

Titel: Bis(s) 2 - Bis(s) zur Mittagsstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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seiner Schulter meinte ich etwas Helles zu erkennen. Ich raste auf sie zu und versuchte durch die brennenden Tränen hindurch etwas zu erkennen. Die Uhr schlug, und das kleinere der beiden Mädchen hielt sich die Ohren zu.
    Das ältere Mädchen, das der Mutter bis zur Taille ging, umklammerte das Bein der Mutter und starrte in die Schatten hinter ihnen. Sie zog die Mutter am Ellbogen und zeigte in die dunkle Gasse. Die Uhr schlug, und ich war jetzt ganz nah.
    Ich war so nah, dass ich ihre hohe Stimme hörte. Ihr Vater starrte mich verdattert an, als ich auf sie zugesaust kam und mit heiserer Stimme immer wieder Edwards Namen rief.
    Das ältere Mädchen kicherte, sagte etwas zu seiner Mutter und zeigte wieder ungeduldig in den Schatten.
    Ich sauste um den Vater herum, der das kleine Mädchen beschützend an sich zog, und raste in die dunkle Gasse hinter ihnen, als die Uhr über mir erneut schlug.
    »Edward, nein!«, schrie ich, doch meine Stimme verlor sich in dem dröhnenden Glockenschlag.
    Jetzt sah ich ihn. Und ich sah, dass er mich nicht sah.
    Er war es wirklich, keine Halluzination. Reglos wie eine Statue stand Edward direkt am Eingang der Gasse. Er hatte die Augen geschlossen, dunkellila Ringe lagen darunter, die Arme hingen entspannt herab, die Handflächen zeigten nach vorn. Sein Gesicht sah sehr friedlich aus, als träumte er einen angenehmen Traum. Die Marmorhaut seiner Brust war nackt – zu seinen Füßen lag ein kleiner Haufen weißer Stoff. Das Licht, das vom Boden der Piazza widergespiegelt wurde, schimmerte leicht auf seiner Haut.
    Ich hatte noch nie etwas Schöneres gesehen – das wusste ich, selbst als ich rannte, keuchte und schrie. Und auf einmal bedeuteten die vergangenen sieben Monate nichts mehr. Und seine Worte im Wald bedeuteten auch nichts. Und es spielte keine Rolle, ob er mich nicht wollte. Ich würde immer nur ihn wollen, solange ich lebte.
    Die Uhr schlug, und er machte einen großen Schritt in Richtung Sonne.
    »Nein!«, schrie ich. »Edward, sieh mich an!«
    Er hörte mich nicht. Er lächelte ganz leicht. Er hob den Fuß, um den nächsten Schritt zu tun, der ihn ins direkte Sonnenlicht führen würde.
    Ich prallte so heftig gegen ihn, dass ich hingeknallt wäre, wenn er mich nicht aufgefangen hätte. Es verschlug mir den Atem, mein Kopf wurde zurückgeschleudert.
    Langsam öffnete er die dunklen Augen, als die Uhr wieder schlug.
    Stumm vor Überraschung schaute er mich an.
    »Erstaunlich«, sagte er, und seine schöne Stimme klang verwundert und gleichzeitig ein wenig belustigt. »Carlisle hatte Recht.«
    »Edward!«, versuchte ich zu sagen, aber meine Stimme trug nicht. »Du musst wieder in den Schatten! Los, beweg dich!«
    Er wirkte wie betäubt. Sanft strich er mir mit der Hand über die Wange. Er schien gar nicht zu merken, dass ich versuchte, ihn zurückzuschieben. Es war, als würde ich gegen eine Hauswand drücken. Die Uhr schlug, aber er reagierte nicht.
    Es war merkwürdig – ich wusste, dass wir uns in Lebensgefahr befanden, und trotzdem ging es mir in diesem Moment gut. Ich fühlte mich heil. Ich fühlte das Herz in meiner Brust rasen, das Blut floss wieder heiß und schnell durch meine Adern. Meine Lunge füllte sich mit dem süßen Duft seiner Haut. Es war, als hätte es nie ein Loch in meiner Brust gegeben. Ich war vollständig – so als hätte es nie eine Wunde gegeben.
    »Ich kann nicht glauben, wie schnell es ging. Ich habe gar nichts gespürt – sie sind sehr gut«, sagte er nachdenklich, schloss wieder die Augen und drückte die Lippen an mein Haar. Seine Stimme war wie Samt und Honig. »Der Tod, der deines Odems Balsam sog, hat über deine Schönheit nichts vermocht«, murmelte er, und ich erkannte die Zeilen, die Romeo in Julias Gruft sprach. Jetzt schlug die Uhr zum letzten Mal. »Du riechst genau wie immer«, fuhr er fort. »Also ist dies vielleicht doch die Hölle. Aber das ist mir gleich. Ich nehme sie hin.«
    »Ich bin nicht tot«, sagte ich. »Und du auch nicht! Bitte, Edward, wir müssen hier weg. Sie können nicht mehr weit sein!«
    Ich versuchte mich aus seiner Umarmung zu befreien und er runzelte verwirrt die Stirn.
    »Wie bitte?«, fragte er höflich.
    »Wir sind nicht tot, noch nicht! Aber wir müssen hier weg, bevor die Volturi …«
    Allmählich schien er zu begreifen. Ehe ich ausreden konnte, wirbelte er mich plötzlich ohne jede Anstrengung herum. Jetzt war ich mit dem Rücken gegen die steinerne Wand gepresst und er stand mit dem Rücken zu mir,

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