Bis(s) 2 - Bis(s) zur Mittagsstunde
diesmal nicht, nicht nachdem …«
Wieder unterbrach ich ihn und versuchte, die Ruhe zu bewahren. »Hattest du nicht gerade versprochen, du würdest mich nicht verlassen?«, fragte ich und kämpfte dagegen an, dass sich die Worte in mein Herz gruben, sobald ich sie ausgesprochen hatte. »Das ist mit einer Verfolgungsjagd nicht so ganz vereinbar, oder?«
Er sah mich durchdringend an. Tief in seiner Brust erhob sich ein Knurren. »Ich werde mein Versprechen halten, Bella. Aber Victoria …« – jetzt war das Knurren deutlicher zu hören – »wird sterben. Und zwar bald.«
»Wir wollen nichts überstürzen«, sagte ich und versuchte meine Panik zu verbergen. »Vielleicht kommt sie ja gar nicht wieder. Jake und sein Rudel haben sie bestimmt verjagt. Es gibt überhaupt keinen Grund, nach ihr zu suchen. Ich hab größere Probleme als Victoria.«
Edwards Augen wurden schmal, aber er nickte. »Du hast Recht. Die Werwölfe sind ein Problem.«
Ich schnaubte. »Ich rede nicht von Jacob. Meine Probleme sind viel schlimmer als eine Handvoll junger Wölfe, die Unsinn machen.«
Edward sah aus, als wollte er etwas sagen, aber dann überlegte er es sich anders. Nach einer Weile sagte er: »Wirklich? Und was ist dann dein größtes Problem? Das Victorias Rückkehr so vergleichsweise unerheblich erscheinen lässt?«
»Wie wär’s mit dem zweitgrößten?«, sagte ich ausweichend.
»Na gut«, sagte er misstrauisch.
Ich schwieg einen Moment. Ich war mir nicht sicher, ob ich den Namen über die Lippen bringen würde. »Es gibt noch andere, die hinter mir her sind«, erinnerte ich ihn flüsternd.
Er seufzte, reagierte jedoch nicht so heftig, wie ich es nach seiner Reaktion auf Victoria erwartet hätte.
»Die Volturi sind nur das zweit größte Problem?«
»Du wirkst ja ziemlich gelassen«, bemerkte ich.
»Wir haben noch genügend Zeit, darüber nachzudenken. Für sie bedeutet Zeit etwas ganz anderes als für dich oder sogar für mich. Sie zählen die Jahre, wie du die Tage zählst. Es würde mich nicht wundern, wenn sie sich erst wieder an dich erinnern, wenn du dreißig bist«, sagte er leichthin.
Der Schreck durchfuhr mich.
Dreißig.
Seine Versprechen bedeuteten also letztlich gar nichts. Wenn ich eines Tages dreißig wurde, konnte er nicht vorhaben, noch lange bei mir zu bleiben. Als ich mir das vorstellte, spürte ich einen stechenden Schmerz, ich hatte mir also doch bereits Hoffnungen gemacht, obwohl ich es mir verboten hatte.
»Du brauchst keine Angst zu haben«, sagte er besorgt, als er sah, dass mir schon wieder Tränen in die Augen stiegen. »Ich passe auf, dass sie dir nichts tun.«
»Solange du hier bist.« Wobei es sowieso keine Rolle mehr spielte, was mir zustieß, wenn er weg war.
Er nahm mein Gesicht fest in seine steinernen Hände und schaute mich mit seinen Mitternachtsaugen an; sein Blick hatte die Anziehungskraft eines Schwarzen Lochs. »Ich werde dich nie mehr verlassen.«
»Aber du hast dreißig gesagt«, flüsterte ich. Jetzt liefen die Tränen über. »Was soll das heißen? Du willst bei mir bleiben, aber du lässt es zu, dass ich alt werde?«
Sein Blick wurde weich, während er einen harten Zug um den Mund bekam. »Genau das werde ich tun. Was bleibt mir anderes übrig? Ich kann nicht ohne dich sein, aber ich werde deine Seele nicht zerstören.«
»Ist das wirklich …« Ich versuchte weiterzusprechen, aber diese Frage war zu schwierig. Ich erinnerte mich an sein Gesicht, als Aro ihn geradezu gebeten hatte, mich unsterblich zu machen. An seinen gequälten Blick. War er wirklich um meiner Seele willen so darauf erpicht, dass ich ein Mensch blieb, oder war er sich nur nicht sicher, dass er so lange mit mir zusammenbleiben wollte?
»Ja?«, sagte er und wartete auf meine Frage.
Ich stellte eine andere. Sie war fast genauso schwer, aber nur fast.
»Und wenn ich eines Tages so alt bin, dass man mich für deine Mutter hält? Oder deine Großmutter ?« Meine Stimme war matt vor Abscheu – ich sah wieder das Gesicht meiner Oma aus dem Traum vor mir.
Jetzt war sein Gesicht ganz weich. Er wischte mir mit den Lippen die Tränen von den Wangen. »Das bedeutet nichts für mich«, sagte er, und ich spürte seinen Atem auf der Haut. »Du wirst immer das Schönste in meinem Leben sein. Allerdings …« Er zögerte und zuckte leicht zusammen. »Wenn du meiner überdrüssig werden solltest, wenn du mehr wolltest – das würde ich verstehen, Bella. Ich verspreche dir, dass ich dir nicht im Weg stehen
Weitere Kostenlose Bücher