Bis(s) 3 - Bis(s) zum Abendrot
hätte … ich sage mir gern, dass ich dann wieder gegangen wäre.
Aber sie war nicht glücklich. Und ich bin geblieben. So hat sie mich natürlich auch überredet, morgen bei ihr zu bleiben. Du hast dich schon gefragt, was mich wohl zu einem solchen Schritt bewogen hat … weswegen sie so ein unnötig schlechtes Gewissen hatte. Sie hat mich daran erinnert, was sie durchgemacht hat, als ich sie verließ – wie sie immer noch leidet, wenn ich weggehe. Sie fühlt sich schlecht, weil sie davon angefangen hat, aber sie hat Recht. Ich werde das nie wiedergutmachen können, aber ich werde nie aufhören, es zu versuchen.«
Jacob schwieg einen Augenblick, er lauschte dem Sturm oder vielleicht dachte er über Edwards Worte nach.
»Und das zweite Mal – als du dachtest, sie wäre tot?«, flüsterte er rau.
»Ja«, sagte Edward und beantwortete damit eine andere Frage. »So wirst du es wahrscheinlich empfinden, nicht wahr? So, wie du uns betrachtest, wirst du sie vielleicht nicht mehr als Bella sehen können. Aber sie wird immer noch Bella sein.«
»Das habe ich nicht gefragt.«
Jetzt kam Edwards Antwort schnell und hart. »Ich kann dir nicht sagen, wie es sich angefühlt hat. Dafür gibt es keine Worte.«
Jacob umarmte mich noch fester.
»Und doch hast du sie verlassen, weil du nicht wolltest, dass sie ein Blutsauger wird. Du willst, dass sie ein Mensch bleibt.«
Edward sprach langsam. »Jacob, von dem Moment an, da mir klarwurde, dass ich sie liebe, wusste ich, dass es genau vier Möglichkeiten gibt. Die erste und für Bella beste Möglichkeit wäre, dass sie nicht so stark für mich empfindet – dass sie darüber hinwegkommt und ihr Leben weiterlebt. Das würde ich akzeptieren, auch wenn es nichts an meinen Gefühlen ändern würde. Für dich bin ich ein … lebender Stein – hart und kalt. Das ist richtig. Wir sind, wie wir sind, und wirkliche Veränderungen kommen nur ganz selten vor. Wenn es doch vorkommt, wie damals, als Bella in mein Leben trat, ist es eine bleibende Veränderung. Dann gibt es kein Zurück.
Die zweite Möglichkeit, für die ich mich entschieden hatte, wäre, ihr ganzes Menschenleben lang mit ihr zusammenzubleiben. Für sie war es keine schöne Aussicht, ihr Leben mit jemandem zu vergeuden, der kein Mensch sein konnte, aber für mich war es die erträglichste Variante. Denn ich wusste, wenn sie stirbt, würde ich auch einen Weg finden, mein Leben zu beenden. Sechzig, siebzig Jahre – für mich ist das eine sehr, sehr kurze Zeitspanne … Doch dann zeigte sich, dass es für sie viel zu gefährlich war, so nah an meiner Welt zu leben. Alles, was schiefgehen konnte, ging auch schief. Oder es schwebte über uns … ein drohendes Unheil. Ich hatte furchtbare Angst, dass ich die sechzig Jahre nicht bekommen würde, wenn ich in ihrer Nähe blieb, während sie ein Mensch war.
Also entschied ich mich für die dritte Möglichkeit. Was sich als der größte Fehler meines langen Lebens erwies, wie du weißt. Ich entschied mich dafür, ihre Welt zu verlassen, in der Hoffnung, sie zu der ersten Möglichkeit zu bewegen. Dieser Versuch schlug fehl, und ich hätte uns beinahe beide getötet.
Was bleibt mir anderes übrig als die vierte Möglichkeit? Sie will es so haben – jedenfalls glaubt sie das. Ich würde sie gern überreden, sich mehr Zeit zu lassen, damit sie ihre Meinung vielleicht doch noch ändert, aber sie ist so … starrsinnig. Das weißt du ja. Ich kann froh sein, wenn ich es noch ein paar Monate hinauszögern kann. Sie findet es schrecklich älter zu werden, und im September hat sie Geburtstag …«
»Ich bin für die erste Möglichkeit«, murmelte Jacob.
Edward gab keine Antwort.
»Du weißt genau, wie schwer es für mich ist, das zu akzeptieren«, flüsterte Jacob langsam, »aber ich weiß jetzt, dass du sie liebst … auf deine Weise. Dagegen kann ich nichts mehr sagen. Doch ich glaube, du solltest die erste Möglichkeit nicht aufgeben, noch nicht. Ich kann mir gut vorstellen, dass es ihr gutgehen würde. Nach einer Weile. Weißt du, wenn sie im März nicht von der Klippe gesprungen wäre … und wenn du dann noch ein halbes Jahr gewartet hättest, um nach ihr zu sehen … dann hättest du sie vielleicht ganz glücklich erlebt. Ich hatte einen Plan.«
Edward lachte. »Vielleicht wäre er aufgegangen. Er war gut durchdacht.«
»Ja.« Jake seufzte. »Aber …« Plötzlich flüsterte er so schnell, dass seine Worte sich verhedderten. »Gib mir ein Jahr, Bl… –
Weitere Kostenlose Bücher