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Bis(s) 3 - Bis(s) zum Abendrot

Bis(s) 3 - Bis(s) zum Abendrot

Titel: Bis(s) 3 - Bis(s) zum Abendrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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Auch ich empfand Glück, und doch tat es gleichzeitig weh. Fast körperlich – wie Säure brannte es auf meiner Haut, eine langsame Folter.
    Eine kurze, nicht enden wollende Sekunde lang tat sich hinter den Lidern meiner tränennassen Augen ein ganz anderer Weg auf. Als schaute ich durch den Filter von Jacobs Gedanken, sah ich genau, was ich im Begriff war aufzugeben, was ich trotz dieser neuen Selbsterkenntnis verlieren musste. Ich sah Charlie und Renée, die sich in einer merkwürdigen Collage mit Billy und Sam und La Push vermischten. Ich sah Jahre vorbeiziehen, und während sie vorbeizogen, hatten sie eine Bedeutung, sie veränderten mich. Ich sah den gigantischen rotbraunen Wolf, den ich liebte und der immer für mich da war. Den Bruchteil einer Sekunde lang sah ich die auf und ab hüpfenden Köpfe zweier kleiner schwarzhaariger Kinder, die vor mir in den vertrauten Wald liefen. Als sie verschwanden, nahmen sie den Rest der Vision mit sich fort.
    Und dann spürte ich ganz deutlich, wie mein Herz zersplitterte, als sich der kleinere Teil aus dem großen wand.
    Jacobs Lippen kamen noch vor meinen zur Ruhe. Ich schlug die Augen auf, und er starrte mich an, verwundert und beglückt.
    »Ich muss jetzt gehen«, flüsterte er.
    »Nein.«
    Er lächelte, die Antwort gefiel ihm. »Es dauert nicht lange«, versprach er. »Aber erst noch was anderes …«
    Er beugte sich wieder herab, um mich zu küssen, und es gab keinen Grund zu widerstehen. Was hätte das für einen Sinn?
    Diesmal war es anders. Seine Hände lagen weich auf meinem Gesicht und seine warmen Lippen waren zärtlich, unerwartet zögernd. Es war ein kurzer, sehr, sehr süßer Kuss.
    Er schlang die Arme um mich und hielt mich fest. Dann flüsterte er mir ins Ohr: »Das hätte unser erster Kuss sein sollen. Aber besser spät als gar nicht.«
    An seiner Brust, wo er es nicht sehen konnte, stiegen mir die Tränen hoch und liefen über.

E in Albtraum wird wahr
    Ich lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Schlafsack und wartete auf die gerechte Strafe. Vielleicht würde ich unter einem Steinschlag begraben werden. Hoffentlich. Ich wollte nie wieder in den Spiegel sehen müssen.
    Ich hörte kein Geräusch, nichts warnte mich vor. Aus dem Nichts kam Edwards kalte Hand und strich mir über das wirre Haar. Das schlechte Gewissen ließ mich unter seiner Berührung schaudern.
    »Wie geht es dir?«, fragte er besorgt.
    »Grässlich. Ich will sterben.«
    »Das wird nicht passieren. Ich werde es nicht zulassen.«
    Ich stöhnte, dann flüsterte ich: »Könnte sein, dass du deine Meinung noch änderst.«
    »Wo ist Jacob?«
    »Er ist in den Kampf gezogen«, nuschelte ich in den Boden hinein.
    Jacob hatte das kleine Lager in strahlender Laune verlassen. Mit einem fröhlichen »Bin gleich wieder da« war er in Höchstgeschwindigkeit zur Lichtung gesaust, er bebte schon vor der Verwandlung. Inzwischen wusste das ganze Rudel Bescheid. Seth Clearwater, der vor dem Zelt auf und ab ging, war Zeuge meiner Schande geworden.
    Edward schwieg lange. »Ach so«, sagte er schließlich.
    Der Ton, in dem er das sagte, ließ mich befürchten, dass der Steinschlag nicht schnell genug kam. Verstohlen schaute ich zu ihm auf und sah, dass er ins Nichts blickte, während er lauschte, und ich wäre am liebsten gestorben. Ich ließ das Gesicht wieder zu Boden sinken.
    Ich war völlig perplex, als Edward verhalten kicherte.
    »Und ich dachte, ich hätte unfair gekämpft«, sagte er mit widerstrebender Bewunderung. »Im Vergleich zu ihm bin ich geradezu ein Heiliger.« Er strich mir mit der Hand über die Wange. »Ich bin dir nicht böse, Liebste. Jacob ist gerissener, als ich dachte. Auch wenn es mir natürlich lieber wäre, du hättest ihn nicht gefragt.«
    »Edward«, flüsterte ich in den rauen Nylonstoff. »Ich … ich … ich bin …«
    »Schsch«, sagte er beruhigend, die Finger immer noch an meiner Wange. »So habe ich es nicht gemeint. Ich meine nur, dass er dich ohnehin geküsst hätte – selbst wenn du nicht darauf hereingefallen wärst –, aber jetzt habe ich keine Entschuldigung, ihm den Kiefer zu brechen. Das würde ich zu gern tun.«
    »Darauf hereingefallen?«, murmelte ich fast unhörbar.
    »Bella, hast du ihm wirklich abgenommen, dass er so nobel ist? Dass er ruhmreich zu Grunde gehen würde, nur um mir den Weg frei zu machen?«
    Langsam hob ich den Kopf. Er sah mich geduldig an. Seine Miene war weich, sein Blick verständnisvoll, nicht angewidert, wie ich es verdient

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