Bis(s) 3 - Bis(s) zum Abendrot
leuchtendes Rot hatte ich noch nie gesehen – konnten meine Aufmerksamkeit nicht fesseln. Obwohl er Edward am nächsten war, ihn jederzeit angreifen konnte, musste ich den Blick abwenden.
Denn nur ein paar Meter schräg hinter ihm stand Victoria und starrte mich an.
Ihr orangefarbenes Haar war wie eine Flamme, noch leuchtender als in meiner Erinnerung. Es war windstill, aber das Feuer, das ihr Gesicht umgab, schien leicht zu flackern, als wäre es echt.
Ihre Augen waren schwarz vor Durst. Sie lächelte nicht, wie sie es in meinen Albträumen immer getan hatte – ihre Lippen waren zu einem schmalen Strich zusammengepresst. Etwas auffallend Katzenhaftes lag in ihrer Haltung, wie eine Löwin, die auf die Gelegenheit zum Sprung wartet. Ihr wilder Blick wanderte nervös zwischen Edward und mir hin und her, verharrte jedoch immer nur ganz kurz bei ihm. Sie war ebenso von mir gebannt wie ich von ihr.
Die Spannung, die von ihr ausging, war fast sichtbar. Ich spürte das Verlangen, die verzehrende Leidenschaft, die sie gefangen hielt. Fast so, als könnte auch ich ihre Gedanken hören, wusste ich, was in ihr vorging.
Sie war der Erfüllung ihres Wunsches so nah – all ihr Sinnen und Trachten des letzten Jahres lag zum Greifen nah.
Mein Tod.
Ihr Plan war ebenso offensichtlich wie einfach. Der große blonde Junge sollte Edward angreifen. Sobald Edward abgelenkt war, würde Victoria mich erledigen.
Es würde schnell gehen – sie hatte keine Zeit für Spielchen –, aber es würde endgültig sein. So, dass ich unmöglich wieder zu Bewusstsein kommen konnte. Dass selbst Vampirgift mich nicht zurück ins Leben holen konnte.
Sie musste mein Herz zum Stillstand bringen. Vielleicht würde sie mit einer Hand in meine Brust greifen und es zerquetschen. So etwas in der Art.
Mein Herz hämmerte, als wollte es ihre Aufmerksamkeit auf sich lenken.
Endlos weit weg, auf der anderen Seite des finsteren Waldes, zerriss das Heulen eines Wolfs die unbewegte Luft. Jetzt, da Seth nicht mehr da war, ließ sich der Laut nicht deuten.
Der blonde Junge schaute aus dem Augenwinkel zu Victoria, er wartete auf ihren Befehl.
Er war in mehr als einer Hinsicht jung. Seine Iris war karmesinrot, daraus schloss ich, dass er erst seit kurzem ein Vampir war. Also war er stark, aber nicht sehr geschickt. Edward wusste, wie er ihn besiegen konnte. Edward würde überleben.
Victoria zeigte mit dem Kinn auf Edward, ein wortloser Befehl an den Jungen.
»Riley«, sagte Edward in weichem, bittendem Ton.
Der blonde Junge erstarrte und riss die roten Augen auf.
»Sie lügt dich an, Riley«, sagte Edward. »Hör mir zu. Sie belügt dich genauso wie all die anderen, die jetzt auf der Lichtung sterben. Du weißt, dass sie die anderen belogen hat, denn du hast für sie gelogen, keiner von euch hatte je vor, ihnen zu Hilfe zu kommen. Liegt es da nicht nahe, dass sie auch dich belügt?«
Jetzt stand Verwirrung auf Rileys Gesicht geschrieben.
Edward rückte ein paar Zentimeter zur Seite, und Riley reagierte automatisch, wie ein Spiegelbild.
»Sie liebt dich nicht, Riley.« Edwards Stimme hatte etwas Zwingendes, fast Hypnotisches. »Sie hat dich nie geliebt. Sie liebte jemanden namens James, und du bist für sie nur ein Mittel zum Zweck.«
Als er James’ Namen aussprach, fletschte Victoria die Zähne. Ihr Blick ließ mich nicht los.
Riley warf ihr einen verzweifelten Blick zu.
»Riley?«, sagte Edward.
Automatisch schaute Riley wieder zu Edward.
»Sie weiß, dass ich dich töten werde, Riley. Sie will, dass du stirbst, damit sie dir nicht länger etwas vormachen muss. Ja – das hast du doch gemerkt, oder? Du hast das Widerstreben in ihren Augen gesehen, hast einen falschen Ton in ihren Versprechungen geahnt. Du hattest Recht. Sie hat dich nie gewollt. Jeder Kuss, jede Berührung war gelogen.«
Wieder bewegte sich Edward, ging ein paar Zentimeter auf den Jungen zu und ein paar Zentimeter von mir weg.
Victoria konzentrierte sich auf die Lücke zwischen uns beiden. Sie würde keine Sekunde brauchen, um mich zu töten – sie wartete nur auf den Hauch einer Chance.
Diesmal dauerte es länger, bis Riley reagierte.
»Du brauchst nicht zu sterben«, versprach Edward und schaute dem Jungen in die Augen. »Es gibt Möglichkeiten zu leben, die sie dir nicht gezeigt hat. Es gibt noch etwas anderes als Lügen und Blut, Riley. Du kannst auf der Stelle weggehen. Du brauchst nicht für ihre Lügen zu sterben.«
Edward bewegte die Füße schräg nach
Weitere Kostenlose Bücher