Bis(s) 3 - Bis(s) zum Abendrot
wieder.
»Tschüss, Ang! Ich liebe dich!«, rief Ben und sauste an mir vorbei.
Angela schwankte, die Wangen leicht rosa, dann riss sie sich zusammen und winkte, bis Ben und Austin außer Sicht waren. Sie drehte sich zu mir um und grinste zerknirscht.
»Ich bin dir echt dankbar, Bella«, sagte sie. »Erstens bewahrst du meine Hände vor einem Dauerschaden, und zweitens rettest du mich vor zwei elend langen Stunden in einem miesen, schlecht synchronisierten Martial-Arts-Film.« Sie seufzte erleichtert.
»Stets zu Diensten.« Die Panik hatte sich ein bisschen gelegt, ich konnte wieder gleichmäßiger atmen. Hier war alles so normal. Angelas harmlose menschliche Dramen hatten etwas eigenartig Beruhigendes. Es war schön, dass das Leben anderswo so alltäglich war.
Ich ging mit Angela die Treppe hoch in ihr Zimmer. Im Gehen kickte sie Spielsachen aus dem Weg. Es war ungewöhnlich ruhig im Haus.
»Wo ist deine Familie?«
»Meine Eltern sind mit den Zwillingen zu einer Geburtstagsfeier in Port Angeles gefahren. Ich kann es kaum fassen, dass du mir helfen willst. Ben behauptet, er hätte schon eine Sehnenscheidenentzündung von seinen Karten.« Sie schnitt eine Grimasse.
»Mir macht das überhaupt nichts aus«, sagte ich. Als wir in Angelas Zimmer kamen, sah ich den Stapel Briefumschläge, die auf uns warteten.
»Oje!«, rief ich. Angela sah mich entschuldigend an. Jetzt verstand ich, weshalb sie das vor sich hergeschoben hatte und wieso Ben sich herausgewunden hatte.
»Ich dachte, du übertreibst«, sagte ich.
»Schön wär’s. Willst du mir immer noch helfen?«
»Von mir aus können wir sofort loslegen. Ich hab den ganzen Tag Zeit.«
Angela teilte den Stapel in der Mitte und legte das Adressbuch ihrer Mutter zwischen uns auf den Tisch. Eine Weile waren wir ganz bei der Sache, nur das Kratzen unserer Füller war zu hören.
»Was macht Edward heute Abend?«, fragte sie nach ein paar Minuten.
Mein Füller stach in den Briefumschlag, den ich gerade beschriftete. »Emmett ist übers Wochenende zu Hause. Wahrscheinlich sind sie zusammen wandern.«
»Du sagst das so, als ob du dir nicht sicher wärst.«
Ich zuckte die Schultern.
»Du hast Glück, dass Edward seine Brüder zum Wandern und Zelten hat. Ich wüsste nicht, was ich tun sollte, wenn Ben nicht Austin für die ganzen Jungssachen hätte.«
»Ja, ich hab’s auch nicht so mit der freien Natur. Außerdem könnte ich nie mit ihm mithalten.«
Angela lachte. »Ja, ich bin auch lieber drinnen.«
Jetzt konzentrierte sie sich wieder auf ihren Stapel. Ich schrieb vier weitere Adressen. Mit Angela musste man nie angestrengt Konversation machen. Ähnlich wie Charlie war sie jemand, mit dem man gut schweigen konnte.
Aber, und darin ähnelte sie eher Renée, sie merkte manchmal zu viel.
»Hast du irgendwas?«, fragte sie leise. »Du wirkst so … nervös.«
Ich lächelte verlegen. »Fällt das so sehr auf?«
»Nicht besonders.«
Wahrscheinlich log sie mir zuliebe.
»Du brauchst es mir nicht zu sagen, wenn du nicht willst«, sagte sie. »Aber wenn es dir hilft, höre ich gern zu.«
Ich wollte schon sagen: Danke, lieb von dir, aber besser nicht. Es gab einfach zu viele Geheimnisse, die ich für mich behalten musste. Ich konnte meine Probleme nicht mit einem Menschen besprechen. Das verstieß gegen die Regeln.
Aber plötzlich wollte ich genau das unbedingt. Ich wollte mit einer normalen, menschlichen Freundin reden. Ich wollte ein bisschen jammern, wie alle Mädchen in meinem Alter. Wie schön wäre es, wenn meine Probleme so einfach gewesen wären. Und wie schön wäre es, jemanden zu haben, der nichts mit dieser Vampir-Werwolf-Geschichte zu tun hatte und die Dinge ins rechte Licht rücken konnte. Jemand Unvoreingenommenen.
»Ich werd nicht weiter fragen«, sagte Angela und schrieb lächelnd an ihrer Adresse weiter.
»Das kannst du ruhig«, sagte ich. »Du hast Recht. Ich bin nervös. Es ist … wegen Edward.«
»Wieso?«
Es war so leicht, mit Angela zu reden. Wenn sie so eine Frage stellte, wusste ich, dass sie nicht vor Neugier starb oder auf Klatsch aus war, so wie Jessica. Sie interessierte sich ernsthaft für meine Sorgen.
»Ach, er ist sauer auf mich.«
»Das kann ich mir kaum vorstellen«, sagte sie. »Weswegen denn?«
Ich seufzte. »Erinnerst du dich an Jacob Black?«
»Ach so«, sagte sie.
»Ja.«
»Er ist eifersüchtig.«
»Nein, nicht eifersüchtig …« Ich hätte den Mund halten sollen. Es gab keine Möglichkeit, die Sache richtig
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