Biss der Wölfin: Roman
angesprochen hatten. Sein Treffen mit Tesler war erst gegen Mittag angesetzt gewesen, aber Joey hatte gefürchtet, dass sie ihn beobachteten, und hatte Clay deshalb eine Abfuhr erteilt. Sein Instinkt hatte ihn nicht getrogen – die Bande hatte uns hinterher bis zu unserem Hotel verfolgt und sich in unserem Zimmer amüsiert, als wir wieder gegangen waren.
Nach unserer eigenen Begegnung mit den Teslers und nachdem sie annehmen mussten, dass Dan tot war, hatte Eddie sich wieder bei Joey gemeldet und eine neue Forderung gestellt: Er sollte uns loswerden, andernfalls waren alle Abmachungen hinfällig.
Wir holten alles aus Joey heraus, was wir konnten. Es dauerte eine ganze Weile, und am Ende war er ziemlich erschöpft von der ununterbrochenen Befragung. Er ruhte sich etwas aus, während Clay ins Freie ging, um sich nach Anzeichen für die Gegenwart der Mutts umzusehen. In der Zwischenzeit suchte ich mir eine ruhige Ecke unten im Foyer, um zu telefonieren.
Als Erstes rief ich Jeremy an, um ihn auf den letzten Stand zu bringen und seine Meinung einzuholen. Dann redete ich mit den Kindern. Sie verloren allmählich die Geduld mit dem unsteten Lebenswandel ihrer Eltern. Sie wollten, dass wir nach Hause kamen. Und als ich mit ihnen redete, wollte ich nach Hause. Also machte ich es kurz, versprach aber, dass wir beide uns vor dem Schlafengehen noch melden und länger mit ihnen reden würden.
Als Nächstes telefonierte ich mit Nick. Auch hier begann ich mit einem Update.
»Hört sich ja an, als ob ihr zwei da ein bisschen Unterstützung brauchen könntet«, sagte er, als ich fertig war.
»Wir überlegen’s uns auch«, sagte ich. »Jaime bleibt länger in Stonehaven für den Fall, dass Jeremy plötzlich losmuss, und Jeremy hat Karl gesagt, er soll sich bereithalten, damit er ihn kurzfristig anfordern kann. Aber halt du dir auch mal den Kalender frei. Wir wollen die Typen nicht damit in Panik versetzen, dass das ganze Rudel auf Anchorage niedergeht.«
»Sonst kommen sie noch auf die Idee, dass das mit der Geisel die Sache doch nicht wert ist?«
»Genau das.«
»Du glaubst also, er ist noch am Leben? Joeys Junge, meine ich?«
»Joey hat seit zwei Tagen nichts von ihm gehört. Ich kann nur hoffen, dass ihnen das Lösegeld zu wichtig ist, als dass sie ihn umbringen würden.«
»Ich kann’s immer noch nicht recht glauben, dass Joey einen Sohn im Teenageralter hat. Nicht, dass er nicht alt genug wäre dafür – es ist einfach ziemlich schwierig, sich Joey als einen Typ in mittleren Jahren vorzustellen. Ich sehe immer noch den Jungen, der vor fünfundzwanzig Jahren hier weggegangen ist. Hört sich an, als hätte er sich ziemlich verändert – und nicht nur, was das Alter betrifft.«
»Clay sagt das jedenfalls.«
Ein kurzes Schweigen.
»Wo wir es gerade mit jungen Werwölfen haben«, sagte ich dann. »Wie hat Reese sich eingelebt?«
»So weit gut. Ihr hattet recht damit, dass man dem was zu tun geben sollte. Ich hab’s erst nicht machen wollen – bei seiner verletzten Hand und so weiter –, aber Antonio hat gedacht, ihr könntet recht haben, und hat ihm ein paar Aufgaben im Garten gegeben. Aufräumarbeiten nach dem Winter, solches Zeug. Das hat wirklich geholfen. Reese hat inzwischen sogar aufgehört, dauernd die Tür im Auge zu behalten, damit er notfalls schnell verschwinden kann.«
»Weil er so seine Zeche bezahlen kann. Damit ist er bestimmt glücklicher. Und wie geht es sonst mit ihm? Du hast dich ein bisschen vorsichtig angehört bei der Aussicht, ihn im Haus zu haben.«
»Wir sind immer noch vorsichtig. Wir lassen einen Fremden nicht unbeaufsichtigt im ganzen Haus rumlaufen, nicht, wenn er so eindeutig ein paar Dollar brauchen könnte. Ich hab seither von zu Hause aus gearbeitet, es war also immer jemand da, aber bisher hat er uns keinen Grund zur Sorge gegeben. Ich hab mir sogar überlegt, ob ich ihn heute Abend mitnehme – hab eine Party anstehen. Das könnte ihm gefallen, ihn auf andere Gedanken bringen.«
»Als Nächstes wirst du für euch noch Doppeldates organisieren.«
»Für Samstag hab ich schon was. Ach so, du meinst, ihm eins von meinen abzutreten? So sehr liebe ich den Jungen dann doch nicht. Aber ich hoffe, die Party macht ihm Spaß.«
»Ist er deprimiert wegen seiner Hand?«
»Begeistert ist er natürlich nicht, aber es gibt da noch irgendwas. Hast du eine Akte über ihn?«
»Bloß eine sehr dünne. Er ist überhaupt erst nach den Problemen mit Liam und Ramon auf unserem Radar
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