Biss der Wölfin: Roman
Eindringlinge, die du und dein Rudel gern loswerden würden«, sagte ich. »Genau genommen, ich habe den Verdacht, wir sind im Moment das Geringste von euren Problemen. Ganz oben auf der Liste dürfte diese Bande von Schlägern stehen, die sich einbilden, dieses Stück ›herrenlose Wildnis‹ wäre perfekt geeignet, um eine illegale Organisation aufzuziehen, und gleichzeitig Einheimische umbringen.«
Der Blick der grünen Augen glitt wieder zur Seite, gerade weit genug, um mir etwas mitzuteilen.
»Ah, du weißt also, sie waren nicht diejenigen, die diese Männer umgebracht haben.«
Ein knurrendes Grunzen.
»Außer dem Ersten, ja. Ich nehme an, das weißt du auch. Und du weißt, wer für die anderen zuständig war – die Wandler. Ich gehe davon aus, dass sie dir und den Wölfen bis vor kurzem wenig Schwierigkeiten gemacht haben. Das ist auch ein Problem, das ich für dich in Ordnung bringen könnte.«
Wieder ein Grunzen, diesmal hörte es sich an wie »Jaja, komm zur Sache.« Ich tat es. Ich teilte ihm mit, dass wir vorhatten, die Teslers zu töten, und dass das die Wandler beschwichtigen und den Morden ein Ende machen würde. Ich erwähnte auch, dass ich dem Wandler-Alpha erzählen würde, dass Eli den Mutt und sein Wolfsrudel terrorisiert hatte.
»Und danach dürfte mit seinen dummen Spielchen Schluss sein«, sagte ich. »Aber bevor ich mir die Teslers vornehme, brauche ich Verstärkung. Und mach dir keine Sorgen, damit meine ich nicht dich. Mein Gefährte ist irgendwo hier draußen, zusammen mit zwei anderen Werwölfen aus meinem Rudel, und sie suchen nach mir. Aber ich nehme an, auch das weißt du schon – deswegen ist dein Rudel so nervös, und deswegen bist du gekommen, als du mein Pfeifen gehört hast.«
Ein leises bestätigendes Schnaufen.
»Finde sie und bring sie zu uns. Wir sind noch eine Weile hier, aber dann gehen wir weiter. Wenn du sie bloß bis zu unserer Fährte führen kannst, von da an kommen sie klar. Okay?«
Noch ein Schnaufen, und er trabte davon.
»Das war interessant«, bemerkte Nick.
»Hier draußen ist das bloß der Anfang von ›interessant‹.«
Wir hatten fünf Minuten lang gewartet, als das Brummen eines Motors meinen Kopf hochfahren ließ.
»Motorschlitten«, sagte ich.
»Meinst du, Clay hat sich einen aus irgendeiner Hütte geborgt?«
Ich schüttelte den Kopf. »Bei dem Krach und dem Gestank wäre das für die Suche nach uns nutzlos.« Das Geräusch kam näher. »Und wenn sie das nicht sind …«
»Sollten wir besser weiter von der Straße weggehen.«
Wir duckten uns hinter ein dichtes Gebüsch. Als sich der erste Motorschlitten näherte, spähte ich ins Freie hinaus. Ich sah nur eine Gestalt, das Gesicht lag im Schatten, aber es reichte, um mein Herz hämmern zu lassen.
»Das ist er doch, oder?«, flüsterte Nick. »Tesler senior.«
Ich nickte und zog mich ins Gebüsch zurück, als er vorbeifuhr. Dann kam ein zweiter Scheinwerfer über eine kleine Kuppe in der Straße.
»Und Tesler junior, nehme ich an.«
Ich nickte wieder.
»Sollen wir warten, bis dieser Mutt Clay und meinen Dad gefunden hat?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Dachte ich mir.«
36 Verstärkung
J a, wir hätten warten sollen, aber wir konnten es nicht. Andernfalls hätten wir diese Wälder noch tagelang durchkämmt bei dem Versuch, die Hütte der Teslers wiederzufinden. Und es würde nur noch ein paar Stunden dauern, bis ihnen klar war, dass ich mich irgendwie in Sicherheit gebracht haben musste, und sie aus der Gegend verschwanden, bevor ich zurückkam, um mich zu rächen … mit meinem Rudel im Schlepptau.
Ich musste die Hütte finden, mich irgendwo verstecken und hoffen, der Mutt würde Clay zu mir führen. Die Wandler hatten mir erklärt, wie ich die Hütte finden konnte. Ich hatte versucht, sie mir zu merken, hatte zu diesem Zeitpunkt aber bereits gewusst, es würde nichts nützen. Ihre Vorstellung von einer Wegbeschreibung klang ungefähr so: Nimm den Weg, der den Fluss überquert, und bieg ab auf denjenigen, der in Richtung Sonnenaufgang führt, folge ihm an der gestürzten Eiche vorbei, dann wende dich in Richtung Stadt, geh über den Hügel mit dem aufgelassenen Schuppen …
Ich hatte angenommen, ich würde die Hütte auch allein finden, aber es war, als lieferte jemand eine Wegbeschreibung zu einem Ort, den man bereits besucht hat. Man glaubt, man wird schon dort hinkommen. Jetzt allerdings wurde mir klar, die Hoffnung, eine bestimmte Hütte in den vielen Meilen von Wildnis zu
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