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Biss der Wölfin: Roman

Biss der Wölfin: Roman

Titel: Biss der Wölfin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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eher schlimmer – dünn und scharf wie ein Pfeil. Während ich an seiner Jacke herumhantierte, griff er nach oben, um das Ding herauszuziehen.
    »Nicht«, sagte ich.
    »Darling, das ist keine …«
    »Nicht!«
    »Mir geht’s gut. Verfolg ihn, das hier ist genau das, was er erreichen wollte.«
    »Dann nehme ich mal an, das ist es auch, was er erreicht hat.«
    Meine Stimme zitterte wie meine Hände. Ich hatte mich so sehr davor gefürchtet, von Tesler vergewaltigt zu werden. Bildete ich mir ein, das sei das Schlimmste, was er mir antun konnte? Nein. Es gab etwas viel Schlimmeres, und ich war ein solcher Idiot gewesen, hatte mich in die Sache hineingesteigert, hatte mich von ihm einschüchtern lassen, hatte mich von der Angst zurückhalten lassen, als ich ihn hätte umbringen können, und wenn ich es getan hätte, dann wäre ich jetzt nicht hier gewesen und hätte gezittert, bis ich nicht einmal mehr Clays Jacke öffnen konnte.
    »Elena, mit mir ist alles okay.«
    Er versuchte, meine Hände zu packen. Ich schlug seine mit einer gemurmelten Entschuldigung zur Seite, teilte ihm mit, er sollte stillhalten, sich nicht bewegen, absolut gar nichts tun.
    Der Zweig war durch die Jacke gedrungen, was bedeutete, dass ich sie nicht herunter bekam, ohne den Stock mit herauszureißen. Erste Regel bei Pfählungsverletzungen – den Gegenstand niemals herausziehen, denn möglicherweise ist er der Gegenstand, der einen gerade vor dem Verbluten bewahrt.
    Ich schob die Jacke und das blutige T-Shirt weit genug nach außen, um die Verletzung sehen zu können. Dann stieß ich einen langen zitternden Seufzer aus. Meine Augen füllten sich mit Tränen, und ich wischte mit der Hand darüber. Zum zweiten Mal in einer einzigen Nacht war ich kurz davor zu weinen. Ein persönlicher Rekord. Aber noch während ich ärgerlich zwinkerte, rollte mir eine Träne über die Wange. Clay zog sich den Handschuh aus und wischte sie fort.
    »Hab ich gesagt, dass mit mir alles in Ordnung ist?«, murmelte er.
    Ich nickte.
    »Du traust mir immer noch nicht, was?«
    Ich lachte erstickt auf. Er hatte recht – zumindest was die Frage betraf, wie es ihm ging. Die Daunenjacke hatte den größten Teil des Stoßes abgefangen; er hatte Clay von den Füßen gerissen, sonst aber wenig Schaden angerichtet. Der Stock war nur etwa anderthalb Zentimeter tief eingedrungen und auch das nur im fleischigen Teil der Schulter.
    »Kann ich ihn jetzt rausziehen?«, erkundigte er sich.
    Ich erledigte es für ihn, vorsichtig, um keine Splitter in der Wunde zu lassen. Blut kam in einem Schwall hinterher. Ich drückte seinen Handschuh darauf, und aus dem Schwall wurde ein Tröpfeln. Clay öffnete meine Finger, um mir den Handschuh abzunehmen.
    »Und hast du jetzt vielleicht vor, den Dreckskerl zu verfolgen? Bevor er uns entwischt? Ich bin hinter dir.«
    Ich nickte, arbeitete mich auf die Beine, warf einen letzten Blick auf ihn und rannte los.

    Ich holte Tesler ein. Es war nicht sehr schwer. Er ging wohl davon aus, dass ich damit beschäftigt war, Clay das Leben zu retten, und so rannte er geradewegs zum nächsten Schuppen für Motorschlitten. Ich traf ihn bei dem Versuch an, seinen Fluchtschlitten kurzzuschließen. Wir kämpften. Auch dies war nicht schwer. Wenn ich in einem üblen Zustand war, dann war seine Verfassung genauso schlecht, und ich hatte die Furcht auf meiner Seite – seine Furcht. Seine Gang war tot, sein Bruder war tot, und er war auf sich allein gestellt. Travis Tesler war nicht daran gewöhnt, allein zu sein.
    Was meine eigene Furcht betraf, so war der letzte Rest davon in dem Moment verflogen, als er Clay niedergestochen hatte. Vergewaltigt zu werden, das konnte ich überstehen. Ich würde beinahe alles in meiner Macht Stehende tun, um es zu vermeiden. Beinahe alles. Das Einzige, was ich nicht tun würde, war, meine Familie zu gefährden.
    Nick hatte gesagt, es sei legitim für mich, eine Stelle zu haben, an der ich empfindlich war. Ich war mir sicher gewesen, dass es von denen nur eine gab, und Tesler hatte sie gefunden. Aber es gab noch andere Methoden, mir weh zu tun. Sich Clay vorzunehmen. Sich meine Kinder vorzunehmen. Sich mein Rudel vorzunehmen.
    Dies waren Schwachstellen, die ich nicht loswerden konnte. Und ich sollte es auch nicht tun. Ich hatte geglaubt, ein Alpha müsse unverwundbar sein, aber das war lächerlich. Was für eine Sorte Alpha wäre Jeremy gewesen, wenn ihm nichts daran gelegen hätte, was mit seinem Rudel passierte?
    Ich hatte

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