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Biss der Wölfin: Roman

Biss der Wölfin: Roman

Titel: Biss der Wölfin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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die Richtung ändern.
    Stattdessen wurde er schneller. Weiter vorn sah ich einen Lastwagen die Straße entlangdonnern; Schneematsch spritzte brusthoch nach beiden Seiten. Das Auto war vorbei, bevor Eddie den Straßenrand erreicht hatte, er brauchte also nicht langsamer zu werden, bevor er die Straße überqueren konnte.
    Als ich selbst sie erreicht hatte, war Eddie schon hinüber und verschwand gerade in dem endlosen Waldgebiet. Die Straße war jetzt wieder leer, aber sie wies genug Reifenspuren auf, um nahezulegen, dass es sich vermutlich um eine größere Landstraße handelte oder das, was man in dieser Gegend als eine bezeichnen würde – wahrscheinlich diejenige, die zum Highway führte.
    Ich überquerte sie und folgte Eddie in den Wald. Wenig später fing ich einen schwachen Geruch nach Auspuffgas auf. Und ja, wir hatten einen Bogen geschlagen und waren gerade wieder auf dem Weg zurück zur Straße.
    Hatte er beschlossen, zur Hütte zurückzukehren? Oder nach seinem Bruder zu suchen? Himmeldonnerwetter, ich hoffte es – bei diesem Tempo würde ich ihn sonst nicht einholen, es sei denn, er stolperte.
    Auch diesmal rannte Eddie keine zwanzig Schritte weit in den Wald hinein, bevor er den nächsten Bogen schlug und wiederum zur Straße zurückkehrte.
    Was zum Teufel trieb er eigentlich?
    Die Antwort kam mir mit dem Brummen des nächsten Motors. Eddie saß in der Falle. Eddie war intelligent. Eddie hatte nicht vor, das Leben zu riskieren, indem er mit mir kämpfte – er war daran interessiert zu überleben, nicht daran, Skalpe zu sammeln. Was also würde er tun? Das, was Reese in Pittsburgh getan hatte – sich an einen Ort flüchten, wo Menschen waren.
    Auch diesmal rannte er wieder vor dem Auto über die Straße und machte keinerlei Versuch, es anzuhalten, bevor er wieder im Wald verschwand. Versuchte er, den spärlichen Verkehr einzusetzen, um mich aufzuhalten? Wenn ja, dann funktionierte das nicht. Das Auto war ein Kompaktwagen; es pflügte sich voran, wühlte Schnee auf, bewegte sich mit dem Tempo eines schnell gehenden Fußgängers. Ich schaffte es mühelos vor ihm auf die andere Seite, und der Fahrer schien mich nicht einmal zu sehen; er starrte konzentriert auf die Straße unmittelbar vor dem Wagen, ganz damit beschäftigt, sich durch den Schnee zu kämpfen.
    Eddie rannte weiter in den Wald hinein. Aber wie ich zu diesem Zeitpunkt voraussagen konnte, er würde dort nicht bleiben; er würde einen großen Bogen schlagen und zur Straße zurückkehren. Ich war mittlerweile stark in Versuchung, einfach mitten auf der Fahrbahn stehen zu bleiben und auf ihn zu warten.
    Und das war der Moment, in dem mir schließlich aufging, was er trieb. Ich hatte nur einen Sekundenbruchteil, um mir darüber klarzuwerden, bevor wir das nächste Auto hörten, einen Pick-up dieses Mal, und wie ich erwartet hatte, erschien Eddie unmittelbar hinter dem Auto, als es vorbeifuhr.
    Er war immer wieder über die Straße gelaufen, weil er auf das richtige Auto warten musste: Er hatte einfach eine Variante des Auf-den-Zug-Aufspring-Tricks geplant, den sein Bruder praktiziert hatte. Nun musste ich zwar zugeben, dass mein Gehirn in den vergangenen Tagen nicht auf allen Zylindern gelaufen war, Eddies Schläger und Vergewaltiger von einem Bruder sei es gedankt, aber vollkommen hirntot war ich noch nicht. Ich durchschaute seinen Trick eben noch rechtzeitig, und als er hinter dem vorbeifahrenden Pick-up herausgestürzt kam, fand er dort keine leere Ladefläche vor. Er fand eine Werwölfin, die es etwas müde war, ihre Beute entkommen zu lassen.
    Er versuchte mir aus dem Weg zu gehen. Ich packte ihn und zerrte ihn in den Wald. Wir kämpften. Angespornt von der Tatsache, dass ich ihn schließlich doch noch eingefangen hatte – und der möglichen Demütigung, falls ich ihn wieder verlieren sollte –, siegte ich. Ich brach ihm den Hals. Ein kurzer Zweikampf und ein schneller Tod; keins von beiden hätte lange Kommentare gerechtfertigt. Ich zerrte seine Leiche etwas tiefer in den Wald, deckte sie mit Gestrüpp ab, notierte mir in Gedanken die Stelle, um ihn später begraben zu können, und rannte dann zurück, um Clay und Tesler zu finden.

    Clay zu finden war einfach, sobald ich wieder im Wald war – ich brauchte nur den Geräuschen des Kampfes nachzugehen. Als ich näher herankam, wurde mir klar, dass es sich eher um ein Handgemenge als um einen Zweikampf handelte – einer der beiden gab sich alle Mühe, einen Zweikampf daraus zu

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