Biss der Wölfin: Roman
als seien sie stundenlang um die Hütte herumgepirscht, und zu versuchen, sich einen Weg ins Innere zu kratzen? Das war zu viel. Zu unnatürlich.
Clay fand eine batteriebetriebene und eine Öllaterne, und wir sahen uns im Licht beider um.
»Okay«, sagte ich. »Ich nehme an, wir haben hier genug zu tun, um uns zu beschäftigen, bis die Wölfe verschwinden. Ich mache sauber …«
»Du suchst nach Spuren. Und Witterungen. Darin bist du besser.«
Und er war besser bei den Aufräumarbeiten, schon weil er mehr Erfahrung damit hatte, obwohl keiner von uns das laut aussprach.
Wir machten uns an die Arbeit. Ich stellte sehr bald fest, dass es gar nicht einfach war, durch den Verwesungsgestank hindurch Witterungen zu identifizieren.
»Ich sehe mal nach, ob man das Fenster einen Spalt aufmachen kann.« Ich zog den Vorhang zurück. Glühende grüne Augen starrten zu mir herein. Ich fuhr zurück. Clay packte mich. Durch den Widerschein unserer Laternen in der dunklen Fensterscheibe hindurch konnte ich nichts weiter sehen als den dunklen Schatten eines Wolfs, der von der Holzplattform sprang. Ich legte beide Hände gegen das Glas und sah noch, wie ein dunkler Wolf zwischen den Bäumen verschwand.
Schwarzer Wolf. Grüne Augen.
Clay trat neben mich und versuchte, draußen etwas zu erkennen. »Dreistes Mistvieh, was?«
Ich rieb mir mit den behandschuhten Händen über die Arme und versuchte, die Gänsehaut wegzurubbeln. So ungewöhnlich waren schwarze Wölfe nicht. Grüne Augen waren es, aber ich hatte schließlich nur den Widerschein im Licht gesehen, und das ließ Tieraugen oft grün leuchten. Außerdem konnte ich am Waldrand immer noch graue Wölfe erkennen, und die hätten einen Werwolf niemals einfach an sich vorbeirennen lassen.
»Alles okay?«, fragte Clay.
»Der hat mir einfach einen Schreck eingejagt.«
Clay zog die Vorhänge wieder zu. Ich entfernte mich so weit wie möglich von dem Blutfleck in der Mitte des Raums, bevor ich auf alle viere ging. Ein gellender Klagelaut ließ mich wieder hochfahren.
»Wind im Kamin«, sagte Clay.
Ich antwortete mit einem unsicheren Auflachen. »Bisschen schreckhaft heute, was?«
»Mit gutem Grund.«
Er trat hinter mich und massierte mir die Schultern. Als ich mich loszumachen versuchte, hielt er mich fest.
»Warte eine Minute«, murmelte er. »Das bin bloß ich.«
Ich holte tief Atem. Es war nicht einfach, eine Frau in der Werwolfswelt zu sein, sich immer Sorgen zu machen, weil die anderen auf ein Zeichen von Schwäche warten könnten. Es bedeutete mir viel, dass es in meinem Leben jemanden gab, dem es vollkommen egal war, dass Wölfe an der Tür mir unheimlich waren. Wenn ich Alpha wurde – sein Alpha wurde –, würde sich das dann ändern?
Ich lehnte mich rückwärts an Clay und drehte den Kopf, legte die Wange an seine Schulter und holte tief Atem. Als meine Nerven sich beruhigt hatten und das Phantom von Dennis Stillwell verblichen war, machte ich mich wieder an die Arbeit.
Ich brauchte nicht lang herumzuschnuppern, bis ich sagte: »Ich hab Werwolf hier. Und nicht nur Dennis.«
Clay nickte. Nicht weiter überraschend.
Noch ein paar Minuten des Witterns. »Es sind dieselben beiden Typen wie die im Museum – die, die auf Reese losgegangen sind.«
Wieder ein Nicken.
»Ich kriege hier noch einen dritten Geruch«, sagte ich.
»Werwolf?«
»Yep.« Ich folgte ihm, entwirrte ihn aus den anderen Gerüchen. »Er ist mit einem von ihnen verwandt – Vater, Sohn, Bruder. Deswegen war ich mir heute auf dieser Lichtung nicht sicher, ob ich noch eine ältere, dritte Fährte gefunden hatte. Ähnliche Gerüche.«
»Nur logisch.«
Er meinte damit sowohl meine Erklärung als auch das Verwandtschaftsverhältnis. Es war ungewöhnlich, drei Werwölfe beisammen zu finden, aber gleich sehr viel wahrscheinlicher, wenn mindestens zwei von ihnen miteinander verwandt waren.
Clay hatte im Schrank einen Werkzeugkasten gefunden und war dabei, den rohen Dielenboden mit Sandpapier zu bearbeiten. Er würde das Blut nicht vollständig entfernen können, aber wenigstens würde der Fleck blasser werden und aussehen, als sei vor längerer Zeit etwas verschüttet worden. Während er arbeitete, ging ich zur Kochnische hinüber. Der Tisch war mit Büchern und Papier bedeckt.
»Was hat Dennis beruflich getrieben?«, erkundigte ich mich.
»Er war Elektriker, glaube ich. Jeremy hat ihn die alten Leitungen in Stonehaven in Ordnung bringen lassen.«
Ich sah auf die handschriftlichen Notizen
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