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Biss der Wölfin: Roman

Biss der Wölfin: Roman

Titel: Biss der Wölfin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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können.«
    Er gab nur sehr ungern zu, der Herausforderung nicht gewachsen zu sein, aber nach einem weiteren Moment der Bastelei hängte er sich die Büchertasche um, und wir gingen los.
    Wir konnten den Gesang der Wölfe in der Ferne immer noch hören, und so entspannten wir uns in dem Bewusstsein, dass sie weit fort waren. Wir unterhielten uns über die Kinder und das Vorschule-oder-nicht-Vorschule-Dilemma, was uns eine gute Ablenkung lieferte.
    Clay übernahm die Führung, als der Mond hinter einer Wolke verschwand. »Kindergarten ist Zeitverschwendung.«
    »Sagt der Typ, den sie rausgeworfen haben.«
    »Ich bin nicht rausgeworfen worden.«
    »Nein, sie haben Jeremy gegenüber nur dringend angeregt, er sollte sich noch mal überlegen, ob du wirklich schon so weit bist … und nach Möglichkeit eine andere Vorschule für dich finden.«
    »Verdammte Privatschulen. Elitäre Snobs.«
    »Stimmt natürlich. Eine öffentliche Schule hätte niemals so ein Theater gemacht, nur weil ein Schüler das Klassenmeerschwein seziert.«
    »Es war da schon …«
    »… tot. Ja, ich habe davon gehört. Das war aber nicht der springende Punkt dabei.«
    »Der springende Punkt war, dass sie mein wissenschaftliches Potenzial ganz einfach nicht erkannt haben, und Logan wird genau die gleichen Probleme kriegen.«
    »Wir sagen seinen Lehrern einfach, er ist allergisch gegen Meerschweinchen.«
    Clay ließ einen Ast nach hinten schnappen. Ich fing ihn ab, bevor er mir ins Gesicht peitschte.
    »Ich wäre ja deiner Meinung«, sagte ich. »Wenn es nicht Logan wäre, der …«
    Clay fuhr zu mir herum. Ich machte einen Satz, während meine Hände nach oben flogen – ich nahm an, er alberte herum. Dann sah ich jedoch sein Gesicht, der Ausdruck wie eingefroren, als er in den Wald hinausstarrte. Ein Augenpaar erschien aus der Dunkelheit. Dann ein weiteres. Und noch eins.
    »Scheiße«, sagte ich. »Aber die haben wir doch gerade gehört, meilenweit … Das war ein anderes Rudel.«
    Clay trat neben mich; meine Nylonjacke strich wispernd an seinem Leder entlang. Ich zählte elf Augenpaare und noch ein paar dunkle Umrisse weiter hinten. Ein riesiges Rudel.
    »Hörst du was?«, fragte Clay.
    Er meinte ein Grollen oder Fauchen, irgendeine Äußerung, die auf einen bevorstehenden Angriff hinwies. Aber die Wölfe schwiegen, bleiche Standbilder gegen die Nachtschwärze, blinkende Augen überall dort, wo das Mondlicht durch die Kronen brach.
    »Ich glaube, sie werden uns in Frieden lassen«, sagte Clay.
    »Einfach bloß neugierig?«
    Er nickte und glitt hinter mich. »Geh weiter. Ich halte nach hinten Ausschau. Keine plötzlichen Bewegungen oder lauten Geräusche.«
    Er wusste, dass ich das wusste – es war lediglich seine Besorgnis, die sich da meldete. Bei den ersten zehn Schritten blieben die Wölfe, wo sie waren. Dann verschwanden ihre Augen, als sie sich umdrehten und neben uns herzugleiten begannen, immer noch schweigend, ohne näher zu kommen – uns flankierten, während wir weitergingen.
    Ich werde nie vergessen, wie es war, das Knirschen des Schnees unter meinen Stiefelsohlen, das Adrenalin, das in mir hämmerte, bis ich nicht einmal mehr die Kälte spürte, meinen stoßweisen Atem, der in winzigen Wolken vor mir in der Luft hing. Das Mondlicht fiel wie in Scheiben durch die Bäume hindurch, während die Wölfe zwischen den Stämmen hindurchglitten und wieder mit der Dunkelheit verschmolzen.
    Einer hielt in einem Lichtkegel inne. Sein Kopf drehte sich, als er in die andere Richtung blickte, tiefer in den Wald hinein. Ein weiterer Wolf blieb stehen und dann noch einer; die grauen Gestalten drehten sich alle in die gleiche Richtung.
    Einer stieß ein leises Winseln aus. Ein anderer knurrte. Clay zog mich rückwärts gegen sich; sein Kinn hob sich, die Augen forschten, aber die Wölfe achteten nicht auf uns. Dann peitschte mit einem Windstoß ein Geruch vorbei, dumpf und moschusartig, ein Gestank, der sich in meiner Kehle festzusetzen schien.
    Clays Gesicht hob sich, die Nasenflügel gebläht. »Was zum Teufel ist das?«
    Ich sog den Atem ein, aber jetzt roch ich nur noch saubere Luft. Die Wölfe rührten sich nicht; ich schwöre, ich konnte fühlen, wie ihre Nervosität in der Luft pochte.
    Derselbe Wolf knurrte wieder. Ein größerer drehte sich nach ihm um und schnappte, wie ein Erwachsener, der einem Teenager mitteilt, er solle den Mund halten. Die Ohren des jüngeren Wolfs legten sich flach, und sein Murren vibrierte in der Luft, aber es

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