Biss der Wölfin: Roman
Schnauben. Clay fuhr herum, seine Fäuste flogen nach oben. Das Krachen setzte sich fort, aber es entfernte sich. Clay wartete, angespannt und kampfbereit. Erst als er sicher sein konnte, dass die Bestie fort war, hob er mich hoch. Mein Kopf hämmerte; ein Rinnsal aus heißem Blut rann an meiner Wange herunter. Clay setzte sich in Trab, wobei er mich trug.
Als wir den Geländewagen erreichten, wuchtete er mich ins Innere und versuchte, sich meine Verletzungen anzusehen, aber ich schob ihn fort.
»Fahr«, sagte ich. »Nicht mal die Zusatzversicherung kommt bei einer Bärenattacke auf.«
Er schwang sich auf den Fahrersitz; die Räder drehten sich, bevor er auch nur die Tür zugeschlagen hatte. Er jagte die Zufahrt entlang bis an ihre Einmündung. Als wir die Einmündung des nächsten Fahrwegs erreicht hatten, fuhr er an den Rand.
»Das Blut kommt aus der Nase«, erklärte ich; ich drückte mir eine Handvoll Papiertücher dagegen. »Sie ist nicht mal gebrochen.«
Er sagte nichts dazu, kam lediglich ums Auto herum, um sich den Schaden mit eigenen Augen anzusehen. Er wischte das Blut weg, danach suchte er nach weiteren Verletzungen und fand zwei Kratzer.
»Jacke aus.«
Ich widersprach nicht. Wäre er derjenige gewesen, der gegen einen Baum geschleudert worden war, dann hätte ich es genauso gemacht. Vielleicht ist das der Wolf. Vielleicht sind es auch einfach nur wir.
Er half mir aus der Jacke. Als er sie mir herunterzog, sah ich vier lange Risse im Rückenteil; winzige Federn flatterten heraus wie Schneeflocken.
»Scheiße.«
Ich hätte gern gefragt, was mich da eigentlich attackiert hatte – ich ging von einem Bären aus –, aber Clay war angespannt und noch nicht so weit, darüber reden zu wollen; die Muskeln in seinen Wangen arbeiteten, und sein Blick war hart, als er sich meine Rippen und den Hals ansah.
Als er fertig war, richtete er sich auf. Seine Nasenflügel blähten sich, sein Atem quoll als weiße Wolke hervor, und dann fuhr er herum und drosch die Faust in den nächsten Baum.
»Scheiße!« Er schlug wieder zu, so hart, dass der Baum stöhnte. »Ich hab den falschen Drecksarm genommen. Dämlich, dämlich, dämlich!«
Ich rutschte vom Sitz des Geländewagens und trat ihm in den Weg, packte seine Faust, als er wieder zuschlagen wollte.
»Dieses Vieh hätte dich umbringen können«, sagte er. »Und bloß, weil ich mit dem gottverdammten falschen Arm angefangen habe.«
Seine Faust schoss auf den Baum zu. Ich fing sie ab, hielt beide Hände fest umfasst und beugte mich vor, um ihn zu küssen. Er reagierte zunächst nicht; sein Atem kam schnell und abgerissen, Rage und Frustration glommen in seinen Augen. Ich küsste ihn wieder, und der Damm brach. Er packte mich zu einem harten, schmerzhaften Kuss, der nichts von der vorhergehenden spielerischen Aggressivität hatte. Ich drehte die Finger in sein Haar und erwiderte ihn, ignorierte den Schmerz in meiner Nase, nahm seine Gefühle in mich auf, spürte sie davongleiten und bemerkte etwas anderes darunter, den scharfen Geschmack von Furcht – die Angst, kein so guter Kämpfer wie früher mehr zu sein, nicht mehr so gut, wie er sein musste, nicht mehr gut genug, um seinen Alpha und seine Familie zu schützen.
Er drückte mich rückwärts gegen einen Baum und hielt inne, als ich zusammenzuckte.
»Dein Rücken«, sagte er.
»Mein Nacken.« Ich verzog das Gesicht. »Ich würde sagen, schon okay so, aber wenn ich’s mir recht überlege, sollten wir die Flucht in diesem einen Fall vielleicht lieber zu Ende bringen, bevor wir Sex haben.«
Er half mir ins Auto, trotz meiner Proteste, dass mir nichts fehlte.
»Was war das nun also?«, fragte ich, als er einstieg. »Ein Bär?«
»Alles, was ich gesehen habe, war irgendwas Großes und Haariges. Ich hatte genug damit zu tun, zuzusehen, wie es dich durch die Gegend schmeißt.«
»Es war jedenfalls stark, was es auch war«, sagte ich, während ich mir den schmerzenden Nacken rieb.
»Ich hab versucht, noch einen Blick darauf zu erhaschen, als es weggerannt ist, aber es war zu dunkel.«
»Ich glaube, es hat das mit Absicht gemacht.«
»Was?«, fragte er.
»Es hat gewartet, bis der Mond vollkommen hinter den Wolken war, und sich dann windabwärts gehalten, so dass wir es erst gerochen haben, als es direkt neben uns war. Das ist mal ein intelligentes Vieh.«
»Ein Bär ist nicht sehr intelligent.«
»Nein. Aber ein Yeti ist es vielleicht.«
Er sah scharf zu mir herüber. Vor zehn Jahren noch hätte er
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