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Biss der Wölfin: Roman

Biss der Wölfin: Roman

Titel: Biss der Wölfin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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getan. Er wollte in die Sache nicht hineingezogen werden, aber sein Gewissen sagte ihm, dass er nicht einfach dabeistehen und zusehen konnte, wie eine Frau vergewaltigt wurde, also musste er zumindest die Drohung aussprechen und hoffen, dass es reichen würde.
    »Hast du gesehen, was das Miststück mit mir gemacht hat?« Tesler zeigte auf sein blutiges Gesicht. »Und was sie mit deinem Wagen angestellt hat? Das wird dich Geld kosten. Und wofür? Weil du ein bisschen Spaß mit ihr wolltest?«
    »Ja, aber …«
    »Ich sag dir was …«
    Er beugte sich vor und senkte die Stimme. Ich blieb, wo ich war. Er mochte mir den Rücken zukehren, aber er passte auf, erprobte mich, wartete ab, ob ich aufspringen und wegrennen würde, sobald ich die Gelegenheit hatte. Alles in mir brüllte, ich sollte genau das tun, aber ich hielt still und wartete ab.
    »Ich könnte da ein bisschen Hilfe brauchen«, sagte Tesler. »Die ist ein richtiger Wildfang. Wenn sie aufwacht, kriege ich Probleme. Also, wie wär’s, wenn du mir hilfst.« Er lachte leise. »Es ist genug für alle da, wenn’s dir nichts ausmacht, den Zweiten zu geben.«
    Ich wartete auf einen empörten Ausruf, aber der Mann zögerte nur und sah zu mir herüber.
    »Sie wird bewusstlos sein?«, fragte er.
    Tesler lachte wieder. »Nicht, wenn’s nach mir geht, aber klar – ich kann sie wieder bewusstlos schlagen, wenn du’s gern so hast.«
    Ich spürte, wie der Blick des Mannes über mich hinglitt. Meine Haut wurde heiß – rot glühende Wut, die sich durch das alte Entsetzen brannte.
    Du Feigling. Du gottverdammter, dreckiger, mieser Feigling.
    Ich wollte auf sie beide losgehen. Ihnen zeigen, mit wem sie es zu tun hatten. Ihnen zeigen, dass ich nicht schwach war, dass ich kein Opfer war. Bilder flackerten über die Innenseite meiner halb geschlossenen Lider. Der Brief. Dieser verdammte Brief. Das Gesicht des Mannes, der ihn mir geschickt hatte. Die Gesichter aus anderen Pflegefamilien, die Männer und Jungen, die ich hätte Väter und Brüder nennen sollen. Feiglinge, jeder Einzelne von ihnen. Typen, die es auf die Wehrlosen abgesehen hatten. Aber ich war nicht mehr wehrlos. Ich war …
    Ich schluckte die Rage hinunter, biss die Zähne zusammen und blieb, wo ich war. Nur noch eine Minute. Noch ein paar Sekunden …«
    »Holen wir dich doch da raus«, sagte Tesler.
    Ich horchte, als er an der Tür herumzerrte, und wartete auf den Moment, in dem er sie geöffnet haben würde, wenn das plötzliche Hin und Her ihn hinreichend ablenken …
    »Scheiße. Das Miststück hat deine Türen wirklich erledigt. Lass das Fenster runter und lass mich das mal von innen probieren.«
    »Hab ich schon versucht.«
    »Lass schon das Scheißfenster runter, bevor sie aufwacht und wegrennt!«
    Das Fenster surrte. Ich spannte die Muskeln, bereit, aufzuspringen …
    Tesler packte den Mann vorn am Hemd.
    »Wa…?«
    Tesler rammte ihm die Handfläche ins Gesicht, schlug ihm mit einem üblen Knirschen die Nase ein; der Kopf des Mannes flog nach hinten, als sein Genick brach. Der Mann wurde schlaff. Tesler tastete nach dem Puls.
    »Hast du dir wirklich eingebildet, dass ich mit einem Menschen teile?«, fragte er, als er die Leiche auf den Boden des Geländewagens fallen ließ. »Okay, das wäre erledigt, jetzt zum spaßigen Teil.« Er drehte sich um. »Was zum …? Wo …?«
    Ein Knurren der Wut schallte hinter mir her, während ich über die offene Fläche davonstürmte.

17 Zugzwang
    T esler hatte sich rasch von der Überraschung erholt und machte sich an die Verfolgung; seine Schritte waren so wuchtig, dass ich spüren konnte, wie der Boden unter ihnen erzitterte. Ich suchte die Gebäudegruppe weiter vorn mit den Augen ab, in der Hoffnung auf ein Zeichen von Clay, aber die Umgebung war menschenleer und still.
    Ich pfiff.
    Stille.
    Ich pfiff wieder, und dann kam etwas zurück, eine schwache Antwort weit zu meiner Rechten. Ich wandte mich in diese Richtung und rannte, so schnell ich konnte, bis ich nichts mehr hörte als das Hämmern meiner Füße und meines Herzens. Ich hasste mich dafür, dass ich wegrannte, aber ich wusste, dass ich mit Schlimmerem zu rechnen hatte als mit blaugeschlagenen Rippen und verletztem Stolz, wenn ich diesen Kampf verlor.
    Ich fing einen weiteren Pfiff auf, lauter und näher jetzt; er kam hinter dem Gebäude weiter rechts hervor. Clay kam mir zu Hilfe. Ich warf einen Blick über die Schulter. Tesler war nicht mehr zu sehen.
    Scheiße. Ich bog ab in die Richtung,

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