Biss sagt mehr als tausend Worte
Arzt.«
Und Jody macht eine Pause und sieht mich an, die Augen wie Smaragde, denn abgesehen von den Haaren hat sie keine Farbe im Gesicht, und meint voll so: »Tommy wusste nicht, wie man sich in Nebel verwandelt, Abby. Ich hatte keine Gelegenheit, es ihm beizubringen, bevor du uns in Bronze gegossen hast. Er sitzt da drinnen, bei vollem Bewusstsein, seit fünf Wochen.«
Und ich weiche leicht zurück, denn ich habe die Gräfin
schon mal sauer erlebt, als die Barbaren Tommy gekidnappt hatten und sie denen in den Arsch treten musste, um ihn wiederzubekommen, aber jetzt beißt sie die Zähne zusammen, als müsste sie sich beherrschen, damit sie mir nicht einen Arm ausreißt oder irgendwas. Also taste ich nach dem Knopf an der Manschette meiner Sonnenjacke. Nicht dass ich die Gräfin grillen wollte, denn das würde ich nie tun. Nur zur Sicherheit.
Und ihre Hand schießt vor, und bevor ich mich rühren kann, hat sie die Batterie aus meiner Innentasche geholt und die Drähte abgerissen. Schneller, als man blinzeln könnte.
Und ich so: »Ich wollte sie nicht anknipsen.«
Und sie so: »Nur zur Sicherheit.«
Aber ich fühle mich nicht, als wäre ich in Sicherheit. Und ich merke, dass es Jared genauso geht, denn er schnieft irgendwie so vor sich hin, als würde er gleich losheulen.
Und Jody sägt wie eine Irre an der Bronze herum, auf der Seite, wo sie war, damit sie Tommy nicht verletzt, und schließlich hat sie so viel gesägt, dass sie ein Stück wegbiegen und reingucken kann.
Sie voll so: »Tommy, wir holen dich raus! Ich muss vorsichtig sein, aber wir holen dich bald da raus!«
Und Jared so: »Braucht Ihr ’ne Taschenlampe?«
Und Jody so: »Nein, ich kann gut sehen.«
Und Jared voll so: »Ist er tot?«
Und genau in dem Moment zerbricht Jody ein Sägeblatt, und sie so: »Selbstverständlich ist er tot. Er ist ein Vampir.«
Und ich so: »Hallo? Blindfisch«, während ich Jody ein neues Sägeblatt reiche.
Ich muss schon sagen, für jemanden, der über Superkräfte
verfügt und unsterblich ist, stellt sich die Gräfin mit dem Werkzeug ganz schön blöd an. Vermutlich schließt die dunkle Gabe heimwerkerliche Fähigkeiten nicht mit ein.
Okay, also, nach einer Stunde etwa trennt die Gräfin ein großes Stück von der Statue ab, was Tommys Gesicht und Oberkörper und so freilegt, aber er sitzt nur da, rührt sich nicht, macht die Augen nicht auf und ist sogar noch weißer als die Gräfin, irgendwie ein helles Prellungsblau.
Und Jared voll so: »Ist er tot?«
Und Jody so – irgendwas zwischen Schrei und Schluchzer: »Hol mir einen Blutbeutel, Jared! Und Abby, wo, zum Teufel, sind meine Klamotten?« Und eine kleine blutige Träne rinnt über ihre Wange.
Ich so: »Oh, oh.« Denn jetzt wird mir klar, warum sie meine Sachen trägt. Als Fu und ich eingezogen sind, haben wir Tommys und Jodys Kleider in Vakuumbeuteln unterm Bett verstaut. Also ich so: »Was möchtet Ihr anziehen, Gräfin? Ich hol es Euch. Ich meine, Ihr könnt meine Sachen tragen, wann immer Ihr möchtet, denn ich bin Eure treue Lakaiin, nur hat Euch Euer Schöpfer… nichts für ungut, aber er hat Euch deutlich mehr Holz vor der Hütte und Hintern in der Hose geschenkt, und meine Sachen passen Euch nicht so richtig. Nichts für ungut…«
Und Jared voll so: »Sie hatte deinen Emily-Hoodie darüber an, aber der ist total vollgeblutet.« Was keine Hilfe war. »Hey, will einer Caffè Latte?«
Und die Gräfin knurrte Jared an, zeigte ihm die Zähne und alles. Und Jared wich zurück und stand da wie ein kleines Mädchen. Und ich so: »Ach, du Schande.«
Und sie bellte: »Blut!«
Und Jared und ich voll so: »Schon unterwegs! O Scheiße, Scheiße, Scheiße…«
Und ich bringe ihr den Beutel mit dem Blut, und sie reißt ihn mit den Zähnen auf und gießt es über Tommys Lippen und in seinen Mund, und nichts passiert. Und Jody schreit und wird immer lauter, und Jared und ich flippen immer mehr aus, und selbst die Ratten in ihren kleinen Kisten flippen aus und rennen im Kreis und alles. Und endlich schlägt Tommy die Augen auf, und sie sind kristallblau wie Eis, nicht wie Augen, und er schreit, und ich schwöre beim gottverfluchten Zombie Jebus, dass alle Fenster im Loft erzitterten.
Jared und ich kauern also in der Ecke und halten uns die Ohren zu, als sich Tommy aus der Statue befreit. Man hört, dass seine Beine brechen wie Bretzeln, als er sie herauszieht, aber er krabbelt auf den Händen, stößt Rattenkäfige und Möbel um und kommt direkt auf
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