Biss sagt mehr als tausend Worte
wie der Crackhead hinter ihm herhumpelte. Er drehte sich um, und der Typ blieb stehen.
»Gib mir dein Geld!«, sagte er.
»Hör auf, mich zu überfallen!«, sagte Tommy. »Du hast keine Waffe, und ich hab kein Geld. So wird das nichts.«
»Okay, gib mir einen Dollar«, sagte der Crackhead.
»Ich hab immer noch kein Geld«, sagte Tommy und drehte seine Hosentaschen um. Ein kleiner Zettel flatterte auf den Gehweg. Er hörte, wie sich über ihm etwas bewegte —Krallen auf Stein –, und zuckte zusammen. »Oh-oh.«
»Fünfzig Cent«, sagte der Crackhead. Er schob seine Hand in die Bauchtasche seines Kapuzenpullis und zeigte mit dem Finger, als hätte er eine Waffe. »Ich schieße!«
»Du bist bestimmt der schlechteste Räuber aller Zeiten.«
Der Crackhead stutzte einen Moment und zog seine Zeigefingerwumme aus der Tasche. »Ich bin nicht blöd!«
Tommy schüttelte den Kopf. Er hatte geglaubt, er hätte
die Katzen hinter sich gelassen, aber entweder folgten sie ihm, oder es waren so viele, dass man ihnen in der Stadt nirgendwo entkommen konnte. Er war nicht eben erpicht darauf, Jody das ganze Phänomen zu erklären. »Wie heißt du?«, fragte er den Crackhead.
»Sag ich nicht. Sonst zeigst du mich noch an.«
»Okay«, sagte Tommy. »Nennen wir dich Bob. Hast du schon mal gesehen, dass Katzen so was machen, Bob?« Tommy deutete nach oben.
Der Crackhead blickte an dem Gebäude hinauf und sah ein Dutzend Katzen an der Mauer herunterklettern, mit dem Kopf voran, direkt auf ihn zu.
»Nein. Okay. Ich überfall dich nicht mehr«, sagte der Räuber, dessen Aufmerksamkeit von der Horde Vampirkatzen abgelenkt wurde, die es auf ihn abgesehen hatten. »Schönen Abend noch.«
»Tut mir leid«, sagte Tommy und meinte es auch so. Er drehte sich um und rannte die Straße hinauf, um etwas Abstand von den Schreien zu bekommen, die nur ein paar Sekunden anhielten. Er wandte sich um und sah, dass der Crackhead weg war. Nun, nicht wirklich weg, aber nur noch ein Häufchen grauer Staub in leeren Kleidern.
»So hätte er es sich gewünscht«, sagte Tommy.
Er hätte gedacht, dass sich die Katzen eher auf die beiden Typen an der dunklen Ecke stürzen würden, doch inzwischen holten sie ihre Opfer auf offener Straße. Er musste Jody finden und sie überreden, die Stadt zu verlassen, wie sie es von vornherein hätten tun sollen.
Er lief die zwölf Blocks zum Loft, wobei er darauf achtete, nicht so schnell zu rennen, dass er aufgefallen wäre. Er
gab sich Mühe, wie jemand auszusehen, der auf dem Weg zu seiner Freundin war und sich verspätet hatte, was in gewissem Sinne ja auch zutraf. Draußen vor der Tür blieb er einen Moment stehen, bevor er den Summer drückte. Was sollte er sagen? Was wäre, wenn sie ihn nicht sehen wollte? Er hatte keine Erfahrung, auf die er zurückgreifen konnte. Sie war das erste Mädchen, mit dem er nüchtern Sex gehabt hatte. Sie war das erste Mädchen, mit dem er zusammengewohnt hatte. Sie war die Erste, die mit ihm geduscht, sein Blut getrunken, ihn in einen Vampir verwandelt und nackt aus einem Fenster im ersten Stock geworfen hatte. Im Grunde war sie seine erste Liebe. Was wäre, wenn sie ihn wegschickte?
Er lauschte, sah zu den Sperrholzplatten vor den Fenstern auf, schnüffelte die Luft. Drinnen hörte er Menschen, mindestens zwei, aber sie redeten nicht. Geräte liefen, Lampen surrten, der Geruch von Blut und Rattenpisse waberte unter der Tür hervor. Bestimmt hätte er sich besser gefühlt, wenn Liebe in der Luft gelegen hätte, aber, na ja, okay.
Er fuhr mit den Fingern durch sein Haar, zupfte das letzte Stückchen Angelleine – wie ein verirrtes kristallenes Schamhaar —von seinem Ärmel und drückte auf die Klingel.
Fu
Eben hatte Fu die Fläschchen mit Abbys Blut in die Zentrifuge gestellt, als der Summer an der Gegensprechanlage losging. Er knipste den Apparat an, dann sah er zu Abby hinüber, die dort auf dem Bett lag. Sie sah so friedlich aus, so untot und bezecht und ungewöhnlich schweigsam. Fast glücklich, obwohl sie einen Schwanz hatte. Die Polizei würde
es nie begreifen. Er lief ins Wohnzimmer und schüttelte Jared aus der Trance, in die er sich mit Hilfe seiner Spielkonsole versetzt hatte. Fu hörte den Death-Metal-Soundtrack aus Jareds Kopfhörern, blechernes Gekreisch und Kettensägenrhythmen, als rammelten wütende Erdhörnchen ein Kazoo im Mayonnaiseglas.
»Hä?«, machte Jared und riss seine Ohrhörer heraus.
»Da ist jemand an der Tür«, flüsterte Fu.
Weitere Kostenlose Bücher