BIS(S) ZUM ERSTEN SONNENSTRAHL
gesehen?
»Wir haben einen Feind«, verkündete Riley. Er ließ das einen Augenblick einsickern. Ich konnte erkennen, dass diese Vorstellung für einige der Vampire hier im Keller ziemlich überraschend war. Der Feind war Raoul - oder wenn du auf Raouls Seite standst, war der Feind Kristie. Der Feind war hier, weil die ganze Welt hier war. Der Gedanke, dass es da draußen noch andere Kräfte gab, die stark genug waren, um uns etwas anzuhaben, war den meisten neu. Noch gestern wäre er für mich auch neu gewesen.
»Ein paar von euch sind vielleicht schlau genug, um schon begriffen zu haben, dass es, wenn es uns gibt, auch andere Vampire gibt. Andere Vampire, die älter, gerissener ... fähiger sind als wir. Andere Vampire, die
unser Blut wollenl«
Raoul zischte und einige seiner Anhänger taten es ihm zur Unterstützung gleich.
»Genau«, sagte Riley, der sie offenbar noch weiter anstacheln wollte. »Seattle gehörte früher ihnen, aber sie sind vor langer Zeit weitergezogen. Jetzt haben sie von uns erfahren und missgönnen uns die leichte Beute, die sie hier früher hatten. Sie wissen, dass die Stadt jetzt uns gehört, aber sie wollen sie zurückhaben. Sie haben es auf uns abgesehen. Sie werden Jagd auf uns machen, auf jeden Einzelnen von uns! Wir werden brennen, während sie ein Festmahl abhalten!«
»Niemals«, knurrte Kristie. Einige ihrer Anhänger und einige von Raouls Leuten knurrten auch.
»Wir haben nicht viele Alternativen«, erklärte Riley uns. »Wenn wir warten, bis sie hier auftauchen, sind sie im Vorteil. Schließlich ist das ihr Revier. Und sie wollen uns nicht direkt gegenübertreten, weil wir in der Überzahl sind und stärker als sie. Sie wollen uns einzeln erwischen; sie wollen sich unsere größte Schwäche zu Nutze machen. Ist irgendjemand von euch so clever und weiß, welche das ist?« Er zeigte auf den Aschehaufen zu seinen Füßen - der inzwischen auf dem Teppich verschmiert und nicht mehr als Vampir zu erkennen war - und wartete.
Niemand rührte sich.
Riley schnaubte verächtlich. »Uns fehlt es an Einheit!«, rief er. »Was für eine Bedrohung stellen wir dar, wenn wir nicht aufhören, uns gegenseitig umzubringen?« Er trat nach der Asche und wirbelte eine kleine schwarze Wolke auf. »Könnt ihr euch vorstellen, wie sie uns auslachen? Sie glauben, es wird einfach sein, uns die Stadt wieder abzunehmen. Dass unsere Dummheit uns schwächt! Dass wir ihnen das Blut einfach so aushändigen werden.«
Die Hälfte der Vampire im Raum knurrte jetzt aus Protest.
»Könnt ihr zusammenhalten oder werden wir alle sterben?«
»Wir werden mit ihnen fertig, Boss«, sagte Raoul drohend.
Riley sah ihn mürrisch an. »Nicht, wenn ihr euch nicht unter Kontrolle habt! Nicht, wenn ihr nicht mit jedem Einzelnen in diesem Raum zusammenarbeiten könnt. Jeder, den ihr ausschaltet« - sein Zeh stieß wieder in die Asche -, »könnte derjenige sein, der euch möglicherweise das Leben rettet. Mit jedem aus unserem Clan, den ihr tötet, macht ihr unseren Feinden ein Geschenk.
Hier,
sagt ihr damit,
tötet mich!«
Kristie und Raoul wechselten einen Blick, als sähen sie sich zum ersten Mal. Andere taten dasselbe. Das Wort Clan war uns nicht unbekannt, aber niemand von uns hatte es bisher auf unsere Gruppe angewandt. Wir waren ein Clan.
»Ich werde euch etwas über unsere Feinde erzählen«, sagte Riley, und alle Blicke hefteten sich auf sein Gesicht. »Ihr Zirkel ist viel älter als unserer. Sie sind schon seit Hunderten von Jahren hier und es gibt Gründe dafür, warum sie so lange überlebt haben. Sie sind gerissen und begabt und sie sind davon überzeugt, dass es ihnen leichtfallen wird, Seattle zurückzuerobern - weil sie gehört haben, dass sie nur gegen einen Haufen unorganisierter Kinder kämpfen müssen, die ihnen schon selbst die halbe Arbeit abnehmen werden!«
Erneutes Knurren, aber einige klangen eher wachsam als wütend. Einige der ruhigeren Vampire, diejenigen, die Riley
zahmer
genannt hätte, sahen nervös aus.
Riley fiel das auch auf. »So sehen sie uns, aber das liegt nur daran, dass sie uns nicht als Einheit sehen können. Zusammen können wir sie zermalmen. Wenn sie uns alle sehen könnten, Seite an Seite, wie wir gemeinsam kämpfen, wären sie entsetzt. Und so werden sie uns erleben. Weil wir nicht warten werden, bis sie hier auftauchen und uns einzeln abfangen. Wir werden sie aus dem Hinterhalt angreifen. In vier Tagen.«
Vier Tage? Offenbar wollte unsere Schöpferin nicht bis zum
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