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Bissig! (German Edition)

Bissig! (German Edition)

Titel: Bissig! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Henser , Sydney Stafford
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anderen Fall und ich muss ein Täterprofil erstellen.“ Raven stopfte die Bilder hastig in den Umschlag und schob sie in die Mappe zurück.
    Sein naseweiser Kollege musste noch nicht wissen, worum es in dieser Untersuchung ging. Er selbst hatte noch keine Idee, warum die Leiche so zugerichtet war. Sie war regelrecht ausgesaugt worden. Als einzige Erklärung konnte er zurzeit nur an einen Ritualmord durch irgendwelche Spinner denken, die sich für Vampire hielten. Doch wohin war das Blut verschwunden?
    Mit einem Taschentuch wischte er den Schreibtisch sauber, während Jess sich schwungvoll auf einen der Stühle setzte. „Was ist mit dir los? Ganz ehrlich Raven, du siehst aus, als ob du von Furien gejagt worden wärst. Du hast dich übel erschreckt, als ich hereinkam – das ist nicht normal. Sonst reagierst du doch nicht so.“
    Verdammt. Jess hatte gemerkt, wie sehr ihn der neue Fall aufwühlte. Die Leiche war ein zwölf Jahre altes Mädchen mit langen schwarzen Haaren, Stupsnase und Sommersprossen. Sie sah obendrein seiner Tochter sehr ähnlich. Der Anblick dieser Fotos triggerte natürlich wieder seine Schuldgefühle.
    Vivien besuchte seit drei Jahren ein Internat für hochbegabte Kinder. Die Jahre davor waren für Raven als alleinerziehender Vater die Hölle gewesen, weil er nicht wusste, was mit seiner Tochter los war. Sie hatte nur schlechte Noten, war aufsässig, aggressiv und antisozial. Die anderen Eltern machten sich bereits über Raven lustig, denn offensichtlich war er trotz seines Psychologiestudiums nicht fähig, sein eigenes Kind zu erziehen. Hinzu kam die Tatsache, dass Raven nie Zeit für Vivien hatte – er arbeitete 60 Stunden in der Woche und brachte das Kind von einer Tagesmutter zur nächsten.
    Die verletzten Blicke, die ihm seine Tochter zuwarf, wenn er sie vor der Arbeit in die Tagesstätte brachte, brachen regelmäßig sein Herz. In irgendeiner Nacht, als ihn sein Gewissen wieder einmal nicht schlafen ließ, hatte er endlich die Idee, Viviens IQ zu testen. Es stellte sich heraus, dass sie hoffnungslos unterfordert war.
    Mit ihrem Einverständnis suchten sie gemeinsam ein Internat für sie aus. Von da an wurde ihr Verhältnis zueinander besser. Raven kürzte seine Arbeitszeit um einen Tag, sodass er Vivien pünktlich am Freitagmittag abholen konnte. Die Wochenenden waren seitdem für seine Vaterrolle reserviert, und sie holten all das nach, was sie in den Jahren zuvor verpasst hatten.
    Trotzdem waren die Selbstvorwürfe wieder aufgetaucht, als er vorhin den Fall auf den Tisch bekam. Was, wenn es die Leiche seine Tochter gewesen wäre? Er konnte nicht immer bei ihr sein, um sie zu beschützen …
    „Raven? Hey, ist alles in Ordnung mit dir? Ich mache mir gerade Sorgen um meinen Boss.“ Jess' samtige, tiefe Stimme riss ihn aus den Gedanken.
    „Ja … ja, doch. Ich bin nur noch nicht schlüssig, wo ich den Fall einordnen soll. Aber du willst mit mir über Usher reden. Bekomme ich jetzt saftige Details, wie er dich rangenommen hat?“ Raven musste sich ablenken, und mal ganz ehrlich – er hätte sich schon längst von dem schönen Engländer verführen lassen. Es war ihm unbegreiflich, wie virtuos Jess jeglichem Spaß im Leben ausweichen konnte.
    „Mein Lieblingschef ist wieder notgeil, schau an. Aber hör bitte zu, Raven. Entweder ist Usher hochgradig geistesgestört, oder er hat recht, wenn er behauptet, dass es tatsächlich so etwas wie Vampire und Magie gibt.“
    Der letzte Satz traf Raven in die Magengrube. „Du willst damit sagen, Usher ist sicher, es gäbe Fabelwesen? Jess, das ist lächerlich.“ Er versuchte, souverän zu klingen. Da merkte er, wie seine Finger über seinen Hals glitten. Es war eine Selbstberuhigungsgeste, wie er sehr wohl wusste. Verdammt, das roch gerade verdächtig nach einem Mindfuck.
    „Usher behauptet es.“ Raven betrachtete Jess skeptisch: Die unbewusste Körpersprache, die er zur Schau stellte, zeigte ihm, dass Jess bereits recht überzeugt von Ushers Aussage war.
    „Gut. Wo ist dein Schützling?“
    „Er wartet draußen. Jerry ist bei ihm.“
    Raven zwirbelte mit seinem Finger nun sein Unterlippenbärtchen und gluckste leise. Sobald er mit den Haaren spielte, erstarrte Jess. Jedes Mal. Es war schon lustig mit ihm. „Hole Usher bitte herein. Ich werde sofort mit ihm die Tests durchführen, die ich für ihn angedacht habe.“

    „Setzen Sie sich, Mr. Grey.“ Raven sah genau, wie begeistert Usher war, wieder mit ihm sprechen zu dürfen. „Dieses Mal

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