Bissig! (German Edition)
„Es war die Zeit der religiösen Verblendung. Angesichts ihrer Kräfte wäre sofort ein ungesunder Hype um die Magier entstanden. Darum wurde ein geheimer Zweig gegründet, der direkt in den Untergrund ging. Sie mussten tatenlos zusehen, wie ihre Brüder gefoltert und hingerichtet wurden bei der Zerschlagung des Ordens. Aber diese Templer existieren weiter und beschützen die Menschen vor Angriffen aus der Unterwelt und deren Verbündeten.“ Nach dieser langen Rede trank Usher seinen Kaffee aus und verzog angewidert das Gesicht.
Für Jess war es an der Zeit, möglichst unauffällig seinen Vorgesetzten zu kontaktieren.
„Von den Templern habe ich schon gehört. Immerhin stammt von denen Freitag, der 13, als Unglückstag. Vielleicht wurden sie nie ganz ausgerottet, das kann ich mir gut vorstellen. Viele vermuten, dass sich die Templer in den heutigen Freimaurerlogen organisiert haben.“ Jess vermied bewusst die Anspielung auf Übersinnliches.
Usher schüttelte den Kopf. „Davon ist mir nichts bekannt, aber ich kann auch nicht alles wissen. Sie sollen in Orden wie den Maltesern usw. aufgegangen sein. Vielleicht waren deine Freimaurer auch dabei. Aber du glaubst ja nicht an heilige Riten und Dinge jenseits deines Fassungsvermögens.“
„Stimmt, das Wissen über Magier und Vampire ist schon mehr als genug“, zischte Jess, wütend darüber, dass Usher ihn jetzt auch noch aufzog, weil er das Ganze als Quatsch abtat.
Ushers Lächeln hatte etwas Mildes, als wäre er der Problemfall. „Ach, Jess, mach dir nichts draus. Die Leute, die noch nie etwas mit der magischen Welt zu tun hatten, schenken mir keinen Glauben. Sie halten mich für verrückt, genau wie du.“
Sanfte Finger glitten über Jess' Handrücken. Fuck! Dieses Gefühl sandte ein Kribbeln durch seinen ganzen Körper.
„Das gefällt dir“, stellte Usher wie selbstverständlich fest. „Wehre dich doch nicht dagegen, Jessie. Ich weiß genau, was du jetzt gerade denkst.“
„Ach ja, und was?“ Seine Stimme klang schärfer als beabsichtigt. Usher schickte ihn schon den ganzen Morgen auf eine emotionale Achterbahnfahrt. Herrgott, wie sollte er sich dabei konzentrieren?
Usher musterte ihn intensiv und nickte. „Du willst mich in die Zwangsjacke stecken und wegschließen, weil ich höchst gefährlich bin. Oder aber, …“ Unvermutet beugte Usher sich vor, streichelte mit den Fingerspitzen über seine Wange und berührte mit dem Daumen seine Lippen. „… du möchtest über deinen Schatten springen und dich ausgiebig von mir nehmen lassen. Das ist dein Wunsch, wenn du ganz ehrlich bist.“
Jess fühlte sich ertappt, denn alles traf zu. Dieser verdammte …! Er errötete und senkte den Blick.
„Das wusste ich“, meinte Usher trocken. „Lass uns einen Deal aushandeln. Ich schlage vor, ich beweise dir, dass es übersinnliche Wesen und Phänomene gibt. Wenn ich recht habe, werden wir uns genüsslich das Lager teilen. Gelingt mir der Beweis nicht, bin ich bereit, zu einem Psychologen zu gehen oder mich gleich einweisen zu lassen.“
Es war Herausforderung pur, wie Usher ihn jetzt ansah. Er war zweihundertprozentig davon überzeugt, den Nachweis erbringen zu können. Shit!
„Ich schlage vor, wir lassen das Schäferstündchen weg“, sagte Jess eisig.
„Dann werde ich auf meinen Teil der Abmachung ebenfalls verzichten.“ Usher stützte die Ellbogen auf den Tisch und verschränkte seine Finger miteinander.
„Na schön, dann sind wir uns einig. Ich werde dich unter Arrest stellen und in stationäre Behandlung bringen.“ Jess war es endgültig leid. Er griff nach seinem Smartphone, doch Usher war schneller und hielt sein Handgelenk fest.
„Eins noch, bevor du anrufst, Lovey: Du wirst das größte Abenteuer deines Lebens verpassen, wenn du jetzt telefonierst.“
Lovey? Ihre Blicke trafen sich, und Jess schien es, als ob Usher in diesem Moment bis zum Grund seiner Seele schaute. Das war definitiv nicht das irre Leuchten in den Augen eines Wahnsinnigen. Eher der Ruf aus einer anderen Welt, die gefunden werden wollte.
Usher entließ ihn aus seinem Griff. Langsam legte Jess das Telefon beiseite.
Usher lächelte und nickte. „Du hast verstanden. Lass es darauf ankommen, du kannst mich jederzeit aus dem Verkehr ziehen, wenn ich mich als Irrer herausstelle. Aber ein Mann erkennt seine Chancen.“
Scheinbar noch immer skeptisch musterte Jess ihn wortlos. „Wir werden die Ergebnisse der Untersuchung abwarten. Auch die Hirnwellen und andere Werte
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