Bissige Jungs kuessen besser
der Regen hat sie so durchnässt und so schwer gemacht, dass ich sie nicht einmal heben, geweige denn damit fliegen kann.
Also gehe ich ganz langsam auf das Fenster zu und bemühe mich, keine raschen Bewegungen zu machen. Der Hund beobachtet mich aus schmalen, blutunterlaufenen Augen und sein Schwanz wischt verdächtig hin und her. Ich hake die Finger unter das verwitterte Schiebefenster und drücke es kräftig nach oben, bete, dass es leicht aufgeht und mir ein Schlupfloch gewährt.
Natürlich klemmt es. Heute ist nicht mein Glückstag.
Doch ich beiße die Zähne zusammen, nicht bereit aufzugeben. Ich drücke fester, aber immer noch vorsichtig genug, um den Hund nicht zu erschrecken. »Braver Junge«, murmele ich und setze mein ganzes Körpergewicht gegen das Fenster ein. Bitte, geh auf, bitte, bitte geh auf.
»Braver, braver Junge.«
Endlich lässt der Fensterrahmen ein lautes Ächzen hören und gibt nach. Was mich erleichtern sollte, nur leider ist das schrille Quietschen des Rahmens, als er nach oben gleitet, nicht gerade Musik in den Ohren des Wauwaus.
Sondern der Vorwand, auf den er gewartet hat. Er schnappt mit dem Maul, macht einen Satz und stürzt sich auf mich.
Ohne zu zögern, werfe ich mich durch das Fenster. Aber ich bin nicht schnell genug und die starken Kiefer des Hundes legen sich um meinen Knöchel. Ich heule auf vor Schmerz, als sich die scharfen Zähne in meine Haut bohren, während ich halb im Haus und halb draußen zappele. Ich versuche, mit dem freien Fuß nach dem Hund zu treten, damit er mich loslässt. (Ja, ich weiß, Hund treten = vollkommen unheroisch, aber was bitte schön würdet ihr machen, wenn sich Cujos tollwütiges Maul um eine eurer Extremitäten geschlossen hätte?)
Endlich landet mein Fuß am Kopf des Hundes und der heult auf vor Schmerz und lockert den Biss. Ich nutze die kurze Schwäche zu meinem Vorteil, schlängele mich mit meinem restlichen Körper durch das Fenster und knalle es fix hinter mir zu.
Dann sinke ich auf dem Fußboden zusammen, mein Atem geht kurz und stoßweise. Das war mehr als knapp. Mein Knöchel pocht, tiefe Bisswunden im Fleisch und ich kann nur hoffen, dass der Hund nicht wirklich Tollwut hatte. Ich zerreiße mein Shirt und verbinde die Wunde mit einem Stoffstreifen. Zumindest scheint der Knochen nicht gebrochen zu sein.
Dann sehe ich mich um und versuche, mich zu orientieren. Ich befinde mich anscheinend in einem staubigen alten Salon. Schwer zu sagen, ob er schon seit Längerem nicht mehr benutzt wurde oder ob der Staub zum »vampirfreundlichen«
Design des Innenausstatters gehört. Es ist dunkel hier drin, aber durch die rissige Tür dringt Licht.
Ich stoße einen tiefen Seufzer aus. Bin ich jetzt vom Regen in die Traufe gekommen? Wenn ich den hier residierenden Vampiren nicht über den Weg trauen durfte, als ich noch keine klaffende Fleischwunde zur Schau trug, wie werden sie jetzt reagieren, wo ich dank Lassie da draußen eine wandelnde Reklametafel für Blut bin?
Doch daran ist nichts zu ändern. Ich muss zu Jayden, bevor die Sonne aufgeht. Sonst sitzen wir noch einen Tag hier fest. Und die Hotelleitung oder wer hier sonst das Sagen hat wird nicht allzu erfreut sein, wenn sie im Morgengrauen meine Zimmertür öffnen und feststellen müssen, dass ich magiermäßig entschwunden bin.
Ich höre Gelächter in der Ferne und denke an das, was Rufus mir erzählt hat. Jayden und die Mädchen, die kichernd zusammen in der Bibliothek hocken. Ich schaffe es, mich aufzurappeln und zur Tür zu humpeln, die ich einen Spaltbreit öffne, um hinauszulugen.
Niemand zu sehen, also schlüpfe ich hinaus in den Flur. Ich folge dem Lachen, komme zu einer verglasten Doppeltür und werfe einen verstohle-nen Blick in einen kleinen Saal, der tatsächlich aussieht wie eine behagliche Bibliothek. Ein behagliches Feuer brennt in einem Kamin aus Naturstein, der von deckenhohen Bücherregalen umgeben ist, vollgestopft mit uralten Wälzern.
(Und einigen zeitgenössischen Vampir-Bestsellern.) Die drei Grazien sitzen auf einem altmodischen Sofa und beobachten aufmerksam etwas, das sich offenbar auf der anderen Seite des Raums abspielt. Ihre Augen funkeln vor Erregung und Elizabeth klatscht jubelnd in die Hände.
Ich recke den Hals und bemühe mich zu sehen, was sie derart in Begeisterung versetzt. Meine Augen weiten sich, als mein Blick auf Jayden fällt, der gerade auf ein junges blondes Mädchen losgeht - und sie wild und hemmungslos in den Hals beißt.
»Nein!«,
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