Bissige Jungs kuessen besser
muss sie ja nicht über Gebühr in Versuchung führen, meinen wir. Sie könnten tot sein, noch bevor Sie Gelegenheit hatten, Ihren Entschluss zu bereuen.«
Er zieht die Nadel aus meinem Arm und drückt einen Wattetupfer auf den Einstich. »Es ist besser, wenn Sie einfach hierbleiben und sich ausruhen, glauben Sie mir.«
Ich seufze. Das heißt praktisch, dass ich in nächster Zeit um meiner eigenen Sicherheit willen unter Hausarrest stehe. Blöde willens-schwache Vampire, die nicht in der Lage sind, ihre Blutgier zu beherrschen.
»Und wenn der Morgen dämmert und alle braven Vampire in ihren Särgen oder Betten liegen, können Sie nach unten kommen«, fügt er hinzu.
»Dann mache ich Ihnen ein großes köstliches Frühstück und führe Sie durchs Haus.«
»Toll.« Ich weiß, er will nur nett und zuvorkommend zu mir sein, aber was nützt es mir, wenn ich nur tagsüber herumspazieren kann?
Dann schläft Jayden, so wie die anderen Vampire.
So viel dazu, dass er mir Gesellschaft leistet. So wie es aussieht, werde ich hier tatsächlich vor Langeweile sterben.
»Hören Sie, ich versteh das total«, sage ich.
»Aber vielleicht könnten Sie Jayden hin und wieder in mein Zimmer raufschicken, wenn ich schon nicht runtergehen kann, um ihn zu besuchen? Ich möchte mich gern selbst davon überzeugen, dass es ihm gut geht.«
Rufus sieht mich wieder mitleidig an. »Lord Magnus hat ausdrückliche Anweisungen gegeben, dass Sie während Ihres Aufenthalts hier nicht mit dem Jungen allein gelassen werden dürfen.«
Ich runzele die Stirn. Warum, Magnus? Weil er auf mein Blut scharf ist? Oder weil ich auf etwas anderes scharf sein könnte …?
Rufus tätschelt mir tröstend die Schulter. »Keine Sorge, Miss. Wie ich schon sagte, die Mädchen lesen ihm jeden Wunsch von den Augen ab. Er amüsiert sich prächtig mit ihnen unten in der Bibliothek. Sein Lachen hallt durch die Flure.«
Toll. Ganz, ganz toll.
Der Butler steht von der Bettkante auf, sammelt seine Siebensachen zusammen und geht zur Tür.
»Bitte nutzen Sie jederzeit die Haussprechanlage, falls Sie etwas wünschen«, sagt er und zeigt auf einen kleinen Kasten an der Wand. »Ihre Tür ist so programmiert, dass sie sich bei Sonnenaufgang öffnet.«
Mit diesen Worten verlässt er mein Zimmer und zieht die Tür fest hinter sich zu. Einen Moment später höre ich ein elektronisches Klicken, das mein Schicksal besiegelt. Weil ich eine Masochistin bin, laufe ich trotzdem hin und bearbeite die Tür mit Gewalt. Aber natürlich gibt sie keinen Millimeter nach.
An die Wand gelehnt, lasse ich mich zu Boden gleiten und schlinge die Arme um die Knie, während zwiespältige Gefühle in mir toben.
Wusste Magnus, wie es hier für mich sein würde?
Dass ich im Prinzip eine bessere Gefangene wäre? Und wenn ja, war er damit einverstanden?
Und während ich hier im Vampir-Knast schmachte, macht Jayden Party mit diesen Mädels, die ihm alle an die Wäsche wollen.
Wahrscheinlich hat er schon vergessen, dass es mich überhaupt gibt.
Ehrlich, Jungs sind manchmal das Hinterletzte.
9
Im Film sieht man oft, wie die Heldin von irgendwelchen bad guys gefangen gehalten wird und eine ganz offensichtliche, einfache Fluchtmöglichkeit nicht erkennt, bis das Kino-publikum ihr schon zuschreit, dass sie nicht so verdammt dämlich sein und endlich durch das verdammte Fenster abhauen soll.
Doch ich muss euch sagen, wenn man selbst in so einer Situation steckt, ist die Sache auf einmal keineswegs so offensichtlich. Man hat Angst, ist gestresst und die Gedankenprozesse werden nicht von fettigem Popcorn und einem Riesenbecher Cola light geschmiert.
So brauche ich ungefähr fünfzehn Minuten und ein anregendes Denkspiel der Marke »Was würde Rayne tun?«, um zu kapieren, dass Rufus zwar die Tür verriegelt hat, aber das große Fenster mit Blick auf das Hotelgrundstück immer noch eine Option ist. Besonders für eine Elfe mit Flügeln.
Natürlich muss ich zuerst einmal besagtes Fenster zertrümmern, was, wie ich betonen möchte, im Film auch wesentlich einfacher aussieht.
Dreizehn kräftezehrende Versuche und die Hilfe eines herumstehenden Stuhls sind nötig, um die Scheibe so weit einzuschlagen, dass ich hindurchkriechen und auf das Fenstersims draußen klettern kann, ohne mich an den spitzen Scherben im Rahmen zu schneiden.«
Sobald ich draußen bin, drücke ich mich an die Mauer des Herrenhauses und bete, dass mir die Füße nicht wegrutschen, während sie sicheren Halt auf dem Sims suchen,
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