Bissige Jungs kuessen besser
schon«, sage ich und fasse sie am Arm.
»Wir müssen uns beeilen.«
Nachdem wir ein wenig herumgeirrt sind – Tokioter Adressen sind fast unmöglich zu finden, weil sie nach Häuserblocks eingeteilt sind und nicht nach Straßen und Hausnummern -, finden wir endlich das Gebäude mit dem Vampir-Café.
Wir drei steigen in den Aufzug, der kurz darauf vor einem dunklen, geheimnisvollen Restaurant aufgleitet. Eine japanische Empfangsdame, gekleidet wie ein französisches Zimmermädchen, begrüßt uns und führt uns hinein.
Rayne schnappt bewundernd nach Luft. Das Restaurant ist ihr Traum von einem Schlafzimmer. Ganz in Schwarz und Dunkelrot gehalten, mit Gothic-Kandelabern, die ein gedämpftes, stimmungsvolles Licht spenden. In der Mitte steht ein originalgroßer, altmodischer Sarg, geschmückt mit Totenschädeln und Rosen und der schwarze Teppich hat große rote Kleckse, die wohl Blutflecke darstellen sollen.
Nun stehe ich persönlich, wie ihr wisst, ja gar nicht auf diese ganze Gothic-Ästhetik, aber ich muss zugeben, dass dieser Schuppen schon ziemlich umwerfend ist. Viele Tische sind durch rote Samtvorhänge abgetrennt, um den Gästen maximale Privatsphäre zu bieten. Unsere Empfangsdame geleitet uns zu einem dieser Separees, zieht den Vorhang auf und lässt uns Platz nehmen, bevor sie den Vorhang wieder zuzieht und uns in dieser gemütlichen kleinen Höhle allein lässt. Auf dem Tisch befinden sich blutrote Servietten, Essstäbchen, eine Kerze und eine Messingglocke.
»Wenn Jareth doch hier wäre«, schwärmt Rayne.
»Das ist das romantischste Restaurant der Welt.«
»Wir sind nicht wegen des Fünf-Sterne-Menüs hier«, erinnere ich sie. »Zumal zwei von uns dreien kein Essen zu sich nehmen können.«
»Jaja. Immer musst du mir einen Dämpfer geben.«
Ich öffne den Mund, um sie noch ein bisschen mehr aufzuziehen, aber in dem Moment teilt sich der Vorhang und ein Mann in der Livree eines Butlers beginnt, in schnellem Japanisch auf uns einzureden.
»Nein nein!«, unterbricht Rayne ihn. »No habla Japanese.«
»Das ist Spanisch, du Trottel«, bemerke ich, schnappe mir den Sprachführer Japanisch, den ich am Flughafen gekauft habe, und blättere hektisch darin.
»Eigo wa hanashimasu ka?« Sprechen Sie Englisch?
» Hai! Ein bisschen«, antwortet er aufgeregt und ein wenig unsicher. »Sie sind Amerikaner?«
Wir nicken.
»Sie mögen Blut … Cocktail?«, fragt er.
Rayne zwinkert mir zu. »Ja, bitte!«, sagt sie.
»Zwei Gläser.«
»Ich werde einfach . . . äh ... mizu nehmen«, füge ich hinzu, nachdem ich das japanische Wort für Wasser nachgeschlagen habe. Kein Blut für meine Elfenwenigkeit, herzlichen Dank.
Der Kellner nickt und zieht sich zurück, die Vorhänge gleiten hinter ihm zu. Rayne hat einen ekstatischen Ausdruck im Gesicht. »Oh mein Gott, das war einfacher, als ich dachte!«, sprudelt sie heraus. »Das ist eben Tokio, man sollte nichts Geringeres erwarten. Japan ist viel cooler als die Vereinigten Staaten. Ich meine, sie versuchen hier nicht einmal zu verbergen, dass sie Vampire bedienen, wie der Club Fang zu Hause.« Sie packt Jaydens Arm. »Total abgefahren, was? Wir machen dich im Nu wieder fit!«
Einen Moment später kommt der Kellner mit zwei zierlichen, mit einer roten Flüssigkeit gefüllten Weingläsern und meinem Wasser zurück. Rayne und Jayden schnappen sich ihre Drinks und jeder nimmt einen gierigen Schluck Dann sehen sie sich an und stellen ihre Gläser angewidert ab
»Was ist?«, frage ich. »Nicht eure Blutgruppe?«
»Das ist Wein«, antwortet Rayne tief enttäuscht.
»Ich meine, richtiger Wein.« Sie sieht zu dem Kellner auf. »Ich dachte, Sie bringen uns Blut.«
Als der Kellner nur verständnislos guckt, schnappt sie sich mein Japanischbuch. »Chi?«
Der Kellner nickt und zeigt auf das Glas. »Chi« , versichert er ihr mit einem breiten, naiven Lächeln. »Sie nicht mögen?«
Rayne schiebt ihr Glas verdrossen weg. »Doch, doch. Es ist nur nicht das, was ich erwartet habe.«
Der Kellner zuckt die Achseln und huscht davon, wobei er wahrscheinlich bedauert, dass er heute Abend den amerikanischen Tisch erwischt hat.
Rayne blickt ihm mit finsterer Miene nach.
»Wein«, wiederholt sie verächtlich.
»Na komm, Rayne, was hast du erwartet?«, sage ich. »Das ist ein richtiges Restaurant. Sie können nicht einfach Blut auf der Speisekarte haben. Die japanische Gesundheitsbehörde würde den Laden in null Komma nichts dichtmachen.« Ich ziehe den Vorhang auf, um mir
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