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Bissige Jungs kuessen besser

Bissige Jungs kuessen besser

Titel: Bissige Jungs kuessen besser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Mancusi
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Ryo-was?«
    »Einen Ryokan. Das ist so eine traditionelle japanische Frühstückspension. Sie sind um 1603
    entstanden, in der Edo-Zeit.«
    »Bitte sag, dass sie seitdem mal renoviert worden sind...«
    »Kommt«, sagt sie. »Schnappt euch eure Taschen. Wir müssen den nächsten Zug in die Stadt erwischen. Es ist eine Fahrt von etwa fünfundvierzig Minuten.«
    »Seit wie vielen Tagen bist du noch mal hier?«, frage ich, beeindruckt von ihrem Wissen über eine Stadt, deren Schrift für mich aussieht wie das Gekritzel eines Fünfjährigen.
    »Erst zwei«, gesteht sie. »Aber ich habe schon immer viel über Japan gelesen. Es ist das coolste Land überhaupt, weißt du. So viel Kultur und Geschichte ...«
    Das kann sie mir nicht weismachen. »Öh . .. seit wann interessierst du dich für Kultur? Oder gar für Geschichte?«
    Sie grinst. »Touchée. Um ehrlich zu sein, geht es vor allem ums Cosplay.«
    »Um was?«
    »Du wirst schon sehen . . .«
    Ungefähr anderthalb Stunden später haben wir uns endlich mit der U-Bahn zu unserem Ryokan durchgeschlagen, der in einem alten historischen Stadtteil namens Asakusa liegt. Das Viertel ist eine faszinierende Mischung aus alt und neu und ich bestaune mit offenem Mund alles, woran wir vorbeikommen. Die Hauptstraßen unterscheiden sich vermutlich gar nicht so sehr von denen in New York City - bis auf die vielen Fahrradfahrer, die sich in den Straßen drängen -, aber die Seitenstraßen sind schmal und voller Kuriositätenläden und winzigen Sushi-Bars neben verrauchten Karaoke-Kneipen und klackernden Pachinko-Hallen, wo japanische Geschäftsleute sich, wie Ravne erzählt, beim Glücksspiel ent-spannen. Neonlichter leuchten grell, dazwischen die sanfteren japanischen Laternen. Ich sehe auch eine unglaubliche Menge Verkaufsautomaten, die nicht nur Dinge wie Zigaretten enthalten, sondern auch Girlie-Magazine, Unterwäsche und Alkohol.
    Das könnte zwielichtig und schmuddelig wirken, doch hier ist alles so irre sauber und bunt und hell, dass man es kaum anrüchig finden kann.
    Zum Beispiel sind nirgendwo Mülleimer zu entdecken, aber auf der Straße liegt trotzdem null Abfall.
    »Asakusa ist vor allem für seinen Sensoji-Tempel bekannt«, erklärt Rayne, unsere Reiseleiterin, während wir rechts in eine schmale Gasse einbiegen und dann gleich wieder nach links gehen. »Hier trifft man eine gute Mischung aus Touristen und Einheimischen.« Sie schaut auf ihren Stadtplan, dann auf das Gebäude vor uns.
    »Wir sind da!«
    Ich muss zugeben, der Ryokan sieht von außen sehr einladend aus, wie ein exotisches Appartementhaus, das sich in eine stille Wohn-straße einfügt. Auf der vorderen Veranda steht eine altmodische Rikscha und ich frage mich, ob diese Dinger heute tatsächlich noch benutzt werden oder ob es nur ein Touristending ist wie die Fahrradrikschas, die man überall in New York und in anderen Großstädten sieht.
    Wir treten durch die Vordertür in eine kleine, aber gemütliche Diele und werden herzlich begrüßt von der Okami, so was wie die Wirtin, worauf wir als Erstes unsere Schuhe ausziehen müssen und in Holzsandalen schlüpfen. In stockendem Englisch heißt sie uns in ihrem Ryokan willkommen und sagt, wir sollen uns ins Gästebuch eintragen.
    »Erstes Mal in Tokio?«, fragt sie freundlich und ich fühle mich sofort wie zu Hause.
    »Ja«, gestehe ich. »Wir alle.«
    »Sie brauchen etwas, Sie sagen Bescheid.«
    Danach gibt sie mir ein langes Holzstück mit einem Schlüssel daran ähnlich wie die Toilettenschlüssel, die wir in der Schule bekommen, und stellt uns einem älteren japani-hen Herrn vor, der uns unser Zimmer zeigen soll.
    Wir fahren in einem winzigen Aufzug nach oben und gehen durch einen Flur, der mit antik aussehenden Kunstwerken und Skulpturen ausgestattet ist. Schließlich bleiben wir vor einer Schiebetür aus Holz stehen. Ich grinse Rayne an.
    Das ist schon ziemlich cool hier.
    »Bitte, Ihre Schuhe«, sagt der Mann, und bedeutet uns, die Sandalen abzustreifen, bevor er die Tür zu unserem Zimmer aufschiebt. Ich bin inzwischen vollkommen erschöpft und kann es gar nicht erwarten, mich auf ein großes, gemütliches...
    Äh...
    »Wo sind die Möbel?«, frage ich, als wir in einen Raum treten, der nicht viel größer ist als ein amerikanisches Doppelbett. Was kein Problem für mich wäre, wenn dort tatsächlich ein Doppelbett stünde. Stattdessen sehe ich nur einen niedrigen Holztisch auf einem Boden aus geflochtenen Strohmatten, drum herum lauter Kissen mit

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