Bissige Spiele (German Edition)
Blutgruppen. Nichts! Obwohl ich zugeben musste, die anderen rochen ebenso appetitlich und die Gier nahm allmählich zu. Wie hätten die Besucher des Marktes Reißaus genommen, wenn sie gewusst hätten, wie viele Vampire unterwegs waren. Es wäre schlagartig gähnende Leere gewesen.
Auch ich war fasziniert von der Vielzahl der Jäger. Wie lautlose Wildkatzen bahnten sie sich ihre Wege durch die Blutgruppen, hier und da fielen einige Menschen angeblich ohnmächtig in die rote Blumenfarbe, die allmählich mehr aus Blut bestand und weniger aus Farbe.
Für das normale Auge kaum wahrnehmbar, fielen sie über die Menschen her, und je mehr Blut floss und sich sein Geruch verbreitete, desto hektischer und intensiver nahmen wir beide alles wahr. Wie wild stöberten wir die Menge nach unserem Leibgericht durch, getrieben von dem betörenden roten Saft, der unser Dasein begründete.
Endlich war es soweit. Blitzartig wechselten wir den erwartenden Blick. Der Geruch kam eindeutig aus der Ecke, in der Jasminblüten gefärbt wurden. Und genau wie die anderen Vampire schlichen nun wir uns an unsere Beute an. Jeder von einer anderen Seite, ohne den anderen und das Opfer außer Acht zu lassen. Wider Erwarten fand ich einen jungen Mann vor. Nicht wie die anderen Spanier braun von der Sonne, eher blass und zart. Seine roten Haare leuchteten trotz des bedeckten Himmels intensiv und erinnerten mich an meine Heimat London. Meine Nasenlöcher blähten sich wie Nüstern auf, je näher wir ihm kamen, fixierten seine Bewegungen, die nicht im Geringsten ahnten, dass sie in den nächsten Sekunden die letzten sein würden. Aber das war es nicht, was meine Unruhe steigerte.
Miguel war es. Je näher er unserem Essen kam, desto größer wurde das Unbehagen. Meine Augen folgten nicht mehr dem rothaarigen Jüngling, sondern meinem Jagdgenossen. Seine raschen Bewegungen waren geschmeidig und wendig, seine Augen leuchteten gierig, ähnlich wie zu dem Zeitpunkt, als er mich in der Gasse das erste Mal gebissen hatte, und plötzlich wusste ich, was das Gefühl in mir zu bedeuten hatte.
Ich war bis zum Verrücktwerden eifersüchtig! Auf alle!
Normalerweise kannten wir keine Emotionen. Kein Hass, keine Liebe, kein Mitleid, keine Eifersucht. Woher kamen meine Emotionen, seitdem ich mit Sara in Kontakt getreten war?
Allein der Gedanke, er würde in den nächsten Minuten seine Zähne in die Adern eines anderen bohren, hinterließ ein Schaudern. Meine Kehle war staubtrocken. Einerseits durch meinen Durst und andererseits durch die Panik, die jede einzelne noch intakte Zelle meines Körpers durchzog. Doch mein eigener Durst schwoll zu einer unerträglichen Gier heran, sodass ich mein Eifersuchtsgeplänkel beiseite schob und meine Konzentration wieder dem Jüngling widmete.
Miguel blitzte mir erneut kurz zu, bückte sich und biss ihm in die Lende, während ich ihn im Bruchteil einer Sekunde mit Jasminbüscheln umhüllte. Kaum war er unkenntlich gemacht, trieb auch ich ihm meine Zähne in seine noch warme Brust, nicht ohne Miguel dabei bis ins kleinste Detail zu beobachten. Er hatte seine Hüften umklammert. Verträumt rollte er seine Augen, hoffentlich wegen des Blutes und nicht wegen anderer Belange. Ich nahm die Mahlzeit nicht mit der üblichen Begeisterung zu mir, sondern lediglich als notwendiges Übel. Vielleicht sollte ich in Zukunft doch besser wieder auf Konserven umsteigen.
Jahrhunderte war ich damit bestens klar gekommen. Warum nicht jetzt? Obwohl ich zugeben musste, die Jagd zu zweit hatte schon seinen Reiz, und wäre es ein weibliches Opfer gewesen, die Gefühle wären sicher andere gewesen.
Endlich leerte sich der Körper unter unserem Saugen und Miguels Blick normalisierte sich. In den letzten Zügen lächelte er mir entgegen, begeistert, satt und dankbar. Schätzte ich. Nicht wie sonst war ein glückliches Gesicht beim Toten zu erkennen. Entsetzte Augen blickten mir entgegen. Augen, die ich bestimmt nie wieder vergessen würde.
„Was werden die Menschen nur mit all den Leichen machen?“, fragte ich Miguel, als wir uns wieder vom Blumenmarkt entfernten, beide satt, aber nicht beide zufrieden.
„Wir töten nur einmal im Jahr, damit es nicht so auffällt.“
„Nicht so auffällt? Es müssen an die fünfzig sein!“, entgegnete ich.
„In den letzten Jahren konnte man nie einen Grund feststellen, da die Bisse alle unsichtbar waren. Du weißt schon.“
„Und trotzdem kommen so viele?“
„Ja! Immer wieder!“ Miguel amüsierte
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