Bissige Spiele (German Edition)
sich.
„Die Menschen sind so naiv! Sie glauben jedes Jahr aufs Neue, es passiert nicht und verfallen den schönen Blumen! Herrlich für uns.“
„Das ist unglaublich idiotisch und zu hundert Prozent menschlich! Du hast Recht!“ Genau so war es!
So vergnügt hatte ich Miguel noch nicht erlebt, und es war mir unangenehm, ihm so misstraut zu haben. Vorsichtig griff ich nach seiner Hand, Miguel erwiderte sie erfreut, zog mich kurzerhand an sich küsste mich.
„Ach, das war längst überfällig!“, stöhnte er zufrieden und auch in mir erwachte wieder das positive Gefühl.
Wieder hatten wir uns ebenso wortlos verlassen, wie das letzte Mal. Auch jetzt lag darin ein Prickeln, das jedoch von einem stärkeren Gefühl der Sehnsucht begleitet wurde, wie zuvor. Eine Unruhe stieg in mir auf, die ich auch im Hinblick auf Sara so nicht kennen gelernt hatte. Meine Gedanken waren kaum zu gebrauchen. In jedem jungen Mann, der mir begegnete, sah ich Miguel. Nervös hielt ich auch im Club jeden Abend, an dem ich spielte, Ausschau. Die Musik, die mir sonst immer Zeitvertreib war und half, mich freudig zu stimmen, tat ihr bestes, versagte jedoch auf ganzer Länge.
Mittlerweile waren drei Wochen vergangen. Sara war sicherlich längst ein menschlicher Vampir und Hugh ebenso, und die Tatsache, an die beiden Gedanken zu verlieren, war kein gutes Zeichen. Andererseits auch verständlich. Sicher genossen sie ein ähnliches Glück wie Miguel und ich. Wer konnte etwas gegen solche Gefühle haben.
Die Stunden verliefen zäh und meine Stimmung war auf dem Tiefpunkt. Die Sehnsucht war zu einer unbändigen Sucht mutiert, ich erwischte mich sogar dabei, Ausschau nach einem Abenteuer zu halten, wie ich es zuvor getan hatte. Mit Frauen. Diesmal sah ich mich nach jungen Männern um. Und es waren einige unterwegs, die meinem Anspruch genüge getan hätten. Wonach ich genau suchte, konnte ich nicht sagen, vielleicht nach einer Ähnlichkeit zu Miguel.
Miguel. Miguel. Miguel.
Starr vor Schreck blieb ich stehen. Mein Herz konnte nicht pochen, aber meine Brust fühlte sich dennoch unerträglich schmerzhaft an. Meine Augen fixierten zwei junge Männer, die gegen eine Mauer einer engen mit Kopfsteinpflaster belegten Gasse lehnten. Obwohl die Umgebung mit ihrem typischen Madrider Flair atemberaubend auf die meisten wirken musste, nahm ich nur das Gift und den typischen Vampirgeruch wahr. Aber nicht irgendeinen unbekannten.
Es war Miguels Geruch! Und sein Gegenüber musste ein anderer Vampir sein. Ein anderer Mann! Schlagartig wurde mir schlecht, obwohl ich nichts im Magen hatte. Nicht nur sein Geruch war eindeutig, einfach alles an ihm. Seine körperliche Gestalt und die Haltung, die er einnahm, während er sich unbeobachtet fühlte und unter meinen erstarrten Blicken seine Zähne in den anderen Vampir bohrte, ihm damit das gleiche wundervolle Gefühl gab, welches er zuvor mir gegeben hatte, und von dem ich vermutet und gehofft hatte, es würde nur uns gehören.
Anscheinend war es nicht so! Ich hatte mir etwas vorgemacht. Mehr als hastig stürmte ich durch die dunklen Gassen, stieß gegen Menschen, die sich ausgelassen amüsierten, gegen Hauswände, Türen und Brunnen, getrieben von Wehmut und Enttäuschung. Wie im Zick Zack lief ich umher, ohne Weg und ohne Ziel. Ein Augenblick, in dem ich meine Geschwindigkeit als befreiend empfand und ich sie bis aufs Letzte auskostete. Orientierungslos rannte ich umher und verirrte mich in Madrids Straßen. Stunden waren vergangen, und auch wenn ich nicht erschöpft sein konnte, fühlte ich mich so. Die Hast war es nicht, die mich müde gemacht hatte. Es war etwas anderes, das meinen Körper und meinen Geist ermüdet und enttäuscht hatte. Ähnlich wie damals, als ich zum Vampir wurde, kam mir alles erneut so entmutigend vor. Meine Sehnsucht war gelöscht worden, mein Mut verloren, meine körperliche Hingabe mit Füßen getreten.
Die Liebe war es. Sie hatte mich zu Lebzeiten derart ermüdet, enttäuscht, entmutigt, geleert! Wie ein Fass, angereichert mit dem besten Whiskey Englands, leer gepumpt und bis auf den letzten Tropfen trocken gewischt! Karg und nichts sagend. Und obwohl ich nur eine Art Nähe empfinden konnte, erinnerte ich mich nur zu gut an diesen tiefen herzzerreißenden Schmerz. Was auch immer nun davon wieder in mir empor gekrochen war.
Wie ein Vollidiot blieb ich stehen. Madrid. Die Stadt sollte mich ablenken und mir neuen Mut geben. Ich musste zugeben, sie hatte Erfolg gehabt. Bis
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