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Bissige Spiele (German Edition)

Bissige Spiele (German Edition)

Titel: Bissige Spiele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nena Siara
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wusste ich auch nicht, wonach ich eigentlich suchte. Meine Augen wurden immer irritierter und unruhiger, je intensiver und wahrscheinlich auch näher dieser Geruch kam. Sie zuckten und huschten unaufhörlich und nur am Rande nahm ich wahr, dass Sara mich aufmerksam beäugte. Ihr war meine Veränderung nicht entgangen, und sie folgte meinen Blicken ebenso unaufhörlich.
    Wir wurden enttäuscht. Nichts passierte, außer dass der unwiderstehliche Geruch immer mehr an Intensität zunahm und dabei bald den Verstand raubte, weil er seinen Verursacher nicht Preis gab. Jetzt konnte ich die Bedeutung der Worte von Maureen verstehen. Dass sich niemand anschließend an das Orakel erinnern konnte, lag bestimmt an diesem Geruch, der mich bald in die Ohnmacht treiben würde. Die Bäume und Pflanzen um mich herum schienen zu verschwimmen und ebenso löste sich in meiner Vorstellung das steinerne Gemäuer in Luft auf. Und je weniger von den Pflanzen und Steinen übrig blieb, desto deutlicher erkannte ich eine schwarz gekleidete Gestalt inmitten des verschwundenen Turmes auftauchen. Obwohl ich mich an Äußerlichkeiten nicht lange aufhielt, konnten meine Augen nichts anderes, als diese Erscheinung von unten bis oben zu beäugen.
    Elegant schmiegte sich eine schwarze Hose an glänzende englische Lederschuhe, die mich völlig gebannt nach oben schauen ließen. Ich fühlte mich in eine angenehme Zeit versetzt, in der ich ein eleganter Vampir war und es an der Tagesordnung war, dass man sich in höheren Schichten elegant kleidete. Heute zutage konnte man nicht immer sehen, ob jemand Geld hatte oder nicht. Sein Äußeres verriet es nicht immer. Ich war der lebende Beweis dafür. Geld hatte ich, aber meine Kleidung war sportlich leger, gepflegt und nicht zu auffällig. Diese Erscheinung vor mir jedoch übertraf alles, was ich in den letzen Jahrhunderten gesehen hatte. Sein schwarzer Frack überdeckte ein schneeweißes Patrizierhemd, das bis zum Hals hin zugeknöpft war. Eine eng anliegende silber gewirkte Weste unterstrich die schlanke Figur. Ein schwarzer Zylinder, eine weiße Fliege und ein Gehstock, wahrscheinlich aus dem feinsten Horn, mit einem silbernen Griff rundete alles zu einer Perfektion von Eleganz ab.
    Das Gesicht gesenkt, wirkte die Erscheinung trotz ihres üppigen Äußeren erstaunlich bescheiden und introvertiert. Rein äußerlich war ich der Meinung, dass es sich hier um ein männliches Wesen handelte, vielleicht etwas älter als ich, und es musste menschlich sein, da sein Blut nach wie vor seinen hypnotisierenden Geruch ausströmte.
    Langsam hob er sein Gesicht, bis wir eine weitere Überraschung erlebten, denn in keiner Weise handelte es sich hier um einen Mann, der älter war als ich, sondern wesentlich jünger sein musste. Seine Gesichtszüge waren von solcher Reinheit und Vollkommenheit, jungfräulich und rosig. Niemand konnte diesem Jüngling jemals etwas anderes zutrauen, und auf gewisse Weise beschämte mich seine äußere Ausstrahlung. Wieder einmal kam ich mir schmutziger und mieser vor, denn je.
    Zuerst dachte ich, dass die erstarrten Tiere um ihn herum einen deutlichen Kontrast zu ihm bildeten, doch nun kam es mir vor, als wäre ich der Kontrast zu ihm.
    Ich, David, der Massenmörder, der Killer, der Vampir!
    Die Situation war nicht nur verwirrend, eher auf das höchste Maß absurd. Was konnte dieses unschuldige Wesen mit Vampiren zu tun haben? Warum wusste er etwas über uns und konnte uns auch noch helfen? Meine Gedanken kreisten wie wild durch mein Gehirn, doch nie hätte ich auch nur einen Ton heraus bringen können, und ich war froh, dass ich bislang nicht das Gefühl hatte, als müsste ich irgendetwas sagen.
    Es mussten viele Minuten vergangen sein, doch die Zeit schien still zu stehen für diesen einen unbeschreiblichen Augenblick. Die Sonne bahnte sich langsam den Weg durch die Wolken und wenn ich eines jetzt und hier nicht gebrauchen konnte, dann war es die Ansicht meiner wie Schlangen wirkenden Adern in meinem Körper. Doch die Sonne hatte ein erstaunliches Erbarmen mit mir, fixierte lediglich den Jüngling vor uns und verlieh ihm ein unantastbares Antlitz. Und es war noch etwas, das mir erst jetzt auffiel: Sein Lächeln! Nicht, dass er uns anstrahlte oder mit offenem Mund entgegenlachte. Nein! Vielmehr lächelte er ohne damit eine Meinung zu vertreten, oder Jemanden persönlich zu berühren. Zufriedenheit und Zuversicht waren die Worte, die mir sofort in den Sinn kamen und ich glaubte, dass er sich

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