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Bisswunden

Bisswunden

Titel: Bisswunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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ein!«
    »Wenden Sie den Wagen«, befiehlt Kaiser seinem Fahrer.
    Richard bringt uns in weniger als einer Minute zurück zum Thibodeaux Motel. Seans grüner Saab ist bereits wieder verschwunden. Captain Piazza hat ihm offensichtlich unmissverständlich klar gemacht, dass es für seine Karriere katastrophal wäre, falls er uns folgt.
    Kaiser hat über Funk eine Spurensicherungsbeamtin informiert, die nun zu unserem Wagen kommt. Sie trägt den Schädel in einem großen Beweismittelbeutel vor sich her. Kaiser greift über mich hinweg, kurbelt mein Fenster herunter und nimmt den Beutel entgegen. Dann legt er ihn mir in den Schoß.
    Der polierte Schädel starrt mich mit dem gleichen ironischen Grinsen an, das mir bereits in der Badewanne des Motels aufgefallen ist. Der Knochen ist leicht gelblich, wahrscheinlich durch Alterung des Klarlacks, mit dem irgendjemand ihn überzogen hat.
    »Ich brauche Handschuhe!«
    »Geben Sie ihr Ihre Handschuhe«, befiehlt Kaiser der Beamtin.
    Mein Herz hämmert wild, als ich mich mit den Latexhandschuhen der Beamtin abmühe, die sie beim Ausziehen auf links gedreht hat. Auch ohne den Mund des Schädels zu öffnen kann ich sehen, dass die lateralen Inzisivi leicht schräg stehen, genau wie jene Zähne, die die Bisswunden unserer Opfer verursacht haben. Sobald ich die Handschuhe übergestreift habe, öffne ich den Ziploc und nehme den Schädel aus dem Beutel.
    Ich habe während meiner Laufbahn viele von diesen Schädeln in den Händen gehalten, einige absolut makellos und steril wie dieser hier, andere mit Hacken aus Massengräbern in Bosnien freigelegt. Schädel wie diesen hier sieht man in den Behandlungsräumen von Ärzten und Zahnärzten. Sie helfen dem Arzt, seine Patienten zu unterrichten, und sie verleihen darüber hinaus jeder ärztlichen Praxis eine makabre, ernsthafte Aura.
    Der Unterkiefer lässt sich einfach öffnen; er ist mit Federn und Schrauben am Zygoma oder Jochbein des Oberkiefers montiert. Bisswundenvergleiche können eine langwierige, schwierige Aufgabe sein, doch manchmal springt einem das Ergebnis geradezu in die Augen. Das hier ist so ein Fall. Der Maxillarbogen der Bisswunden ist in mein Gedächtnis eingebrannt, und der dieses Schädels hier stimmt Zahn für Zahn damit überein.
    »Und?«, fragt Kaiser.
    »Er ist es.«

43
    W ährend wir am Ufer des Lake Pontchartrain entlang in Richtung der FBI-Außenstelle jagen, telefoniert Kaiser mit jemandem, der offensichtlich über weit reichende Befugnisse verfügt. Ich habe immer noch hämmernde Kopfschmerzen direkt hinter den Augen. Der Schädel liegt vorn auf dem Passagiersitz neben unserem Fahrer.
    Endlich beendet Kaiser das Gespräch, dann wendet er sich zu mir. »Der Chief des nopd ist außer sich, weil ich nicht zugelassen habe, dass Piazza Sie verhaftet. Nachdem ich Sie quasi vom Tatort entführt habe, hat er meinen Boss angerufen. Es wird ein bürokratisches Gerangel geben.«
    »Werde ich verhaftet?«
    »Die fbi-Außenstelle ist das Hauptquartier der Sonderkommission. Wenn Sie für eine Weile dort bleiben, ohne Aufhebens zu machen, dann steigen die Chancen gewaltig, dass Sie nicht ins Gefängnis müssen.«
    »Hören Sie, die Tatsache, dass ich beim Motel aufgetaucht bin, war für den Killer lediglich ein Bonus. Es war der Killer, der Ihnen den Tipp gegeben hat, wo Sie die Mordwaffe und die Videoausrüstung finden, und die gleiche Person hat Ihnen verraten, wo Sie das Motel und den Schädel finden. Er versucht, Malik die Schuld in die Schuhe zu schieben. Mein Auftauchen kam ihm verdammt gelegen. Hätten Sie herausgefunden, dass Maliks Selbstmord vorgetäuscht ist, hätten Sie mich an Ort und Stelle gehabt, um mich der Tat zu beschuldigen. Und wegen meiner Erfahrung weiß ich genau, wie man so etwas macht. Eine geeignetere Person hätte der Killer nicht finden können.«
    »Es würde passen«, räumt Kaiser ein. »Allerdings kann ich mir ein anderes Szenario vorstellen, das genauso gut passen würde.«
    »Fangen Sie jetzt nicht wieder mit Ihrer Geschichte von multipler Persönlichkeitsspaltung an.«
    »Nein. Die Frauen aus Gruppe X wissen, dass Malik die Kinderschänder tötet – und dass er wenigstens einen unschuldigen Mann erwischt hat. Eine von ihnen bekommt Gewissensbisse. Wie die Frau, die versucht hat, sich selbst das Leben zu nehmen, Margaret Lavigne.«
    »Liegt sie immer noch im Koma?«
    »Ja. Ich dachte, dass Ihre Tante vielleicht die Anruferin sein könnte.«
    »War es wieder eine weibliche

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