Bisswunden
Freunde in hohen Positionen, bis nach Washington!«
»Mach dir deswegen keine Gedanken, Pearlie. Versprich mir nur eines – wenn du vor eine Jury gerufen wirst, um auszusagen, dann erzählst du die Wahrheit über das, was du weißt!«
»Sie lassen einen auf die Bibel schwören, oder?«
»Ja.«
»Na ja, ich bin zu alt, um mit der rechten Hand auf einer Bibel zu lügen. Aber sei bloß vorsichtig, Mädchen. Dr. Kirkland ist nicht der einzige kranke Mann hier in der Gegend. Dieser Billy Neal ist mindestens genauso schlimm, wenn du mich fragst – und er ist ein gutes Stück jünger und stärker als Dr. Kirkland.«
»Jünger vielleicht, stärker nicht. Wenn du die beiden in einem Wald aufeinander hetzen würdest, käme nur einer lebend wieder heraus, und das wäre Großvater. Er würde Billy Neal zum Frühstück fressen.«
Pearlie steht unsicher auf und kommt um den Tisch herum zu mir, dann umarmt sie mich, wie sie es getan hat, als ich ein kleines Mädchen war. So, wie meine Mutter es nie wirklich gekonnt hat. »Erinnerst du dich, wie ich dir gesagt habe, ich hätte aufgehört zu rauchen?«
Ich überlege einige Sekunden. »Vor dreiundzwanzig Jahren, hast du gesagt. Also etwa um die Zeit herum, als mein Vater starb.«
Sie nickt und vergräbt das Kinn an meiner Schulter. »Weißt du, warum ich es getan habe?«
»Warum?«
»Weil ich wusste, dass Zigaretten Gift sind. Und nachdem Mr. Luke gestorben war, wusste ich, dass du mich auf Malmaison brauchen würdest, damit jemand nach dir sieht. Es tut mir nur Leid, dass ich nicht mehr für dich getan habe, Baby. Es tut mir Leid, dass ich dich nicht vor all dem Schmerz bewahren konnte, den du durchgemacht hast.« Sie löst sich von mir und sieht mir in die Augen. »Du bist das stärkste von allmeinen Mädchen. Das habe ich immer gewusst. Dr. Kirkland glaubt, du hättest deine Kraft von ihm, aber ich weiß es besser. Mr. Luke war ein guter Mann, und er war eisenhart, wenn es sein musste. Genau wie der alte Mr. DeSalle. Vielleicht … ach, ich weiß es nicht. Ich werde für dich beten, Mädchen, und hoffen, dass meine Gebete erhört werden. Vielleicht schaffst du es ja doch, mit Gottes Hilfe.«
Ich küsse Pearlie behutsam auf die Wange; dann wende ich mich ab, gehe zur Tür, sperre auf und trete nach draußen ins Sonnenlicht.
Der Lincoln meines Großvaters steht immer noch neben Pearlies Cadillac. Während ich die beiden Wagen anstarre, spüre ich, dass ich beobachtet werde. Ich drehe mich nach rechts und bemerke Billy Neal, der mich von der hinteren Veranda Malmaisons herab beobachtet.
Er grinst.
Ich wende mich in seine Richtung und setze mich mit langen, entschlossenen Schritten in Bewegung. Je näher ich komme, desto mehr verblasst sein Grinsen. Als ich auf Sprechweite herangekommen bin, starrt er mich finster an. Er trägt ein Sportsakko, trotz der hochsommerlichen Hitze. Als ich genauer hinsehe, bemerke ich den dunklen Griff einer automatischen Pistole, der aus einem Schulterhalfter unter der Jacke hervorlugt.
»Was willst du?«, herrscht er mich an.
»Sie haben Ihren Karren hinter einen sinkenden Stern gespannt, Billy«, sage ich mit gleichgültiger Stimme. »Sie sollten lieber von hier verschwinden, solange Sie noch können.«
Er lacht laut auf. »Was redest du nur für einen Scheiß?«
»Kommen Sie mit, Billy. Finden Sie es heraus.«
59
G roßvater telefoniert an seinem Schreibtisch. Seine breiten Schultern stecken in einem maßgeschneiderten Hemd aus blauer französischer Seide. Seine tiefe Stimme erfüllt den Raum wie ein gut gestimmtes Cello.
»Leg auf!«, sage ich scharf.
Er dreht sich auf seinem Ledersessel um, und seine Augen fixieren mich.
»Ich weiß, was du getan hast!«, sage ich zu ihm.
»Einen kleinen Augenblick bitte«, sagt er in den Telefonhörer und drückt die Sprechmuschel gegen sein Hemd. »Was ist los, Catherine? Ich bin im Augenblick ziemlich beschäftigt.«
»Ich weiß, dass du meinen Vater ermordet hast.«
Seine einzige Reaktion ist ein leichtes Verengen der Augen. Dann sieht er Billy Neal an, der neben der Tür stehen geblieben ist. »Ich habe dir bereits erzählt, was sich in jener Nacht zugetragen hat, Catherine.«
»Du hast es mir viermal erzählt. Und jedes Mal hast du mir eine andere Geschichte als die Wahrheit verkauft. Ich weiß jetzt, wie es wirklich gewesen ist, Großvater. Beweise lügen nicht. Du hast meinen Vater ermordet, und ich kann es beweisen.«
Großvater hebt den Hörer erneut an die Lippen. »Ich muss
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